8. Februar 2024

Rote Ampel über die Gehwegecke umfahren?

Das kann teuer werden. Ob man nur für eine Gehwegfahrt zur Kasse gebeten wird oder für den Rotlichtverstoß, hängt von Details ab.  

Die Situation kennen wir alle: Man will rechts abbiegen, die Ampel für Autos (und damit auch für Radfahrende) ist rot. Also rauf auf den Gehweg, über die Gehwegecke radeln und dahinter wieder runter. Das ist kein harmloses Manöver, es kann richtig teuer werden, weil es als Rotlichtverstoß gewertet wird, wenn man ein Detail nicht beachtet. Radfahrende, die bei Rot über eine Ampel fahren, zahlen 60 Euro, meist aber 100, weil sie gefahren sind, obwohl die Ampel schon lange auf Rot stand. Und es kostet einen Punkt in Flensburg. 

Entscheidend ist, in ob wir im sogenannten geschützten Bereichs auf den Gehweg und wieder runter auf die Fahrbahn gefahren sind oder nicht. 

Der befindet sich im Prinzip zwischen den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten. Solange man eine Haltelinie nur überfährt und dann anhält, ohne in diesen geschützten Bereich gefahren zu sein, gilt das als Haltelinienverstoß (10 Euro). (Den begehen viele Autofahrende, indem sie über die Haltelinie hinweg auf den Aufstellplatz für Radfahrende fahren.)

Aber Achtung! Der geschützte Bereich schließt, falls vorhanden, auch die Fußgängerüberwege mit ein und wird dann sehr viel größer. Wer vor der Fußgängerfurt die Haltelinie überfährt und dann stehen bleibt, steht im geschützten Bereich. Das ist kein Haltelinienverstoß mehr. Fahren wir Radler also bei roter Ampel über die Haltelinie und schwenken im Bereich der Fußgängerfurt auf den Gehweg hoch, begehen wir keinen Haltelinienverstoß mehr, sondern einen Rotlichtverstoß. Fahren wir innerhalb des Fußgängerüberwegs nach der Ecke wieder auf die Fahrbahn hinunter, gilt dasselbe. 

Wer vor der Haltelinie hochfährt und hinter dem Fußgängerüberweg auf wieder die Fahrbahn runterfährt, ist hingegen nur verbotenerweise auf einem Gehweg geradelt (falls der nicht freigegeben war). Das kostet zwar auch Geld, aber keinen Punkt im Verkehrsregister in Flensburg.

Auf dem Doppelfoto sehen wir übrigens nicht nur einen Radler, der den Autostau an der roten Fußgängerampel über den Gehweg (verboten) umfahren möchte, sondern auch ein Auto, das bei Rot mitten auf der Fußgängerfurt steht (schwer verboten!), und zwar während der ganzen Rotphase, was man im unteren Bild erkennt. Die Ampel ist nämlich kurz, nachdem ich das erste Foto gemacht habe, grün geworden und der Radler fährt wieder runter auf die Fahrbahn. 

Fährt man über die weiße Haltelinie hinaus, hält aber vor dem geschützten Kreuzungsbereich an, gilt das nicht als Fahren bei Rot, sondern als Haltelinienverstoß (10 Euro). Das machen Radfahrende gern, um aus dem "toten Winkel" neben den Autos herauszufahren, damit sie vom/von der vordersten  Autofahrer:in deutlich gesehen werden. Allerdings befindet sich die Radlerin auf dem Foto bereits tief im Bereich des Rotlichtverstoßes, denn sie hat die Fußgängerfurt überfahren und steht deshalb im Sicherheitsbereich der Kreuzung. Außerdem wird sie bei Grün der parallelen Fußgängerampel losradeln, während der Autoverkehr in ihrer Fahrtrichtung nach 7 Sekunden Rot hat (gibt 100 Euro und 1 Punkt in Flensburg).  (Inzwischen ist diese Ampelanlage mit Fahrradrampel versehen worden.) 

13 Kommentare:

  1. Ich finde diese Rote-Ampel-Umfahrer die Pest. Sie schädigen nur das Image einer ganzen Verkehrsteilnehmergruppe. "Die Radfahrer fahren IMMER über Rot". Das geht mir so auf den Keks. Kann man sich nicht einfach mal an Regeln halten? Ich muss mich dann immer den Idioten (im Auto) rumärgern, die einen dann belehren wollen und selbst keine Ahnung von Verkehrsregeln haben, aber die Radfahrern, "die sich nie an Regeln halten" drangsalieren.
    Karin

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    1. Hier gibts z.B. ne Fahrradampel, die AutofahrerInnen nicht sehen können und die 10s länger als die Fußgängerampel grün ist. Die denken da halt einfach, man führe bei rot (und wollen einen dann zu Erziehungszwecken manchmal totfahren). Ich glaub das Problem liegt n Stück tiefer als "wenn 100% der Leute aufm Rad alles richtig machen, sind AutofahrerInnen lieb zu mir".

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    2. Die Autofahrer würden dich auch drangsalieren, wenn alle Radfahrer alles zu 100% richtig machen würden- denn darum geht es gar nicht. Autofahrer sind Gefnagene ihrer eigenen Ideologie und suchen deshalb die Schuld bei denen, die einfach am Stau vorbei radeln können, statt mittendrin zu stehen.

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  2. Zur Erinnerung, anonyme nicht sachliche, sondern sarkastische oder polemische Kommentare werden von mir gelöscht. Ich möchte, dass wir hier respektvoll argumentieren. Da das Thema Rotlichtfahrten gerne emotionalisiert, bin ich hier restriktiver.

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  3. Hallo, bei den holländischen Ampel mit von der Straße abgesetztem Radweg gibt's zumindest diese Probleme nicht. Man schaut ob Fußgänger da sind, lässt denen den Vortritt und gut ist's. Am Frankfurter Ring in München gibt's dieses Detail der holländischen Ampel auch.
    Grüße
    Tomas

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  4. Jörg
    Stuttgart tut sich mit dem grünen Rechtsabbiegepfeil für Radelnde extrem schwer.
    Und so möge man an einer Ampel die lange Rot ist warten, das man rechts auf den Radweg kommt?
    Wir fahren die mit Ampeln ausgebremsten Nebenrouten, da sind Rotlichtverstöße vorprogrammiert.
    Die Autobahn ist ampelfrei.

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    1. Auch LKW- und Autofahrer fahren auf diesen mit Ampeln ausgebremsten Nebenrouten.
      Und wenn man die für den Fernverkehr gedachten Autobahnen ins Spiel bringt, müsste man den Ampelfrei-Vorwurf konsequenterweise auch dem Schienenverkehr machen.

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    2. Liebe Anonyma (oder Anonymus?) Ich weiß nicht genau, was du sagen willst. Natürlich stören Ampeln auch Autofahrende. Aber für die ist unser Verkehssystem optimiert, mit grünen Wellen und einer Verkehrsüberwachung, die in der Hauptverkehrszeit längere Grünphasen für den Autoverkehr schaltet. Für Fußgänger:innen und Radfahrende ist unser Verkehrssystem nicht optimiert. Wir warten dann halt auch mal 4 Minuten, bis die Fußgänger-/Radampel wieder grün wird. Der Autoverkehr wird immer nur kurz angehalten, damit der Fuß- und Radverkehr queren kann. Radfahrende werden wie am Charlottenplatz über eine Sechszügige Fußgängerampel geleitet, wenn sie doch nur links abbiegen wollen, was Autofahrende in einem Zug bei einer Grünphase tun können. Es gibt also schon erhebliche Unterschiede. Dazu kommt, dass anhalten und wieder starten, die Autofahrenden keinerlei körperliche Anstrengung kostet, die Radfahrendenden aber sehr wohl. Wenn es alle 200 Meter eine Ampel gibt, dann brauchen sie für die Starts so viel Energie als wäre der Weg 20 Prozent länger. Und abgesehen davon bin ich eine Gegnerin der Missachtung von Verkehrsregeln. Anderseits ist es zuweilen für Radfahrende sicherer, vor den Autofahrenden zu starten, dann sind sie schon mal weg, wenn die Autofahrenden aufs Gaspedal treten und sie noch auf der Kreuzung zu überholen versuchen.

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    3. Sehr schöne Anleitung zum strafoptimierten Verstoß gegen die Verkehrsregeln. Vielen Dank.

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  5. Hallo Frau Dr. Lehmann, ich danke Ihnen für die Beschreibungen. Sie haben ein Talent schwierige Sachverhalte sehr gut in Wörter zu fassen: Ich habe es nun hoffentlich verstanden :). Ich habe mal eine Skizze gemacht, die den Unterschied erklärt: https://ibb.co/r76Vn7V Hoffe sie ist so richtig.

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  6. Eigentlich geht es mehr um Kreuzungen. 😊

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  7. Vielen Dank für diese detailscharfe Aufklärung!
    Was Viele sich beim Thema Ampel/LSA meist gar nicht klar machen:
    - mehr Radverkehr (sofern auf Radwegen geführt und getrennt signalisiert) beschleunigt den Autoverkehr, indem durch Verlagerung des Binnenverkehrs aufs Rad die Autoschlangen bei 'Rot' kürzer werden und so ggf. eine oder mehrere Rotphasen eingespart werden können
    - Mehr Autoverkehr hingegen verlangsamt den Radverkehr, da dann die LSAs noch stärker für den Autoverkehr optimiert werden und die Rotphasen für den Radverkehr verlängert, sowie die Grünphasen verkürzt werden.

    Die durch separierten Radverkehr verringerten MIV Wartezeiten verlängern nun tendenziell die durchschnittlich(!) gefahrenen Strecken (induzierter Verkehr / konstantes Reisezeitbudget), was dann dazu führt, dass bei entstautem Autoverkehr die Autoerreichbarkeitsradien erweitert werden und so die Fahrleistung ansteigt, sowie die 'Region der weiten Wege' zusätzlich befördert wird.
    Für den Radverkehr bedeutet das den genau umgekehrten Effekt, indem bei steigendem Autoverkehr der Erreichbarkeitsradius sinkt und so, tendenziell, Radverkehr immer mehr auf die Kurzstrecken im Binnenverkehr eingedampft wird.
    Insgesamt gilt im gegenwärtigen autogerechten 'System', auch wenn es zunächst antiintuitiv erscheinen mag:
    Mehr (separierter) Radverkehr beschleunigt den Autoverkehr
    Mehr Autoverkehr verlangsamt den Radverkehr
    Aus der Perspektive von Umwelt und Klima leider ein ziemlich toxischer Zusammenhang.
    Alfons Krückmann

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  8. Fahrräder brauchen keine Ampeln.

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