7. September 2024

Baut Radwege, ihr habt unsere Unterstützung

Mehr Radwege, eine Trennung von Auto- und Radverkehr und eine Trennung von Fuß- und Radverkehr wünschen sich über die Hälfte aller Befragten von der Politik.  

Das geht aus einer online-Umfrage unter über 3.000 Bürger:innen hervor, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat. Dabei gibt es deutliche Unterschiede, je nachdem, ob die Befragten in Großstädten, mittleren Städten oder auf dem Land wohnen. In mittleren Städten wünschen sich 62 Prozent der Befragten den Ausbau der Radwege, in Kleinstädten oder auf dem Land sind es 59 Prozent und in Großstädten 53 Prozent. Auch bei dem Wunsch einer Trennung von Rad- und Autoverkehr liegen die mittleren Städte mit 56 Prozent vor den Großstädten mit 53 Prozent, während es im ländlichen Raum 50 Prozent sind. Umgekehrt verhält es sich bei dem Wunsch, den Rad- und Fußverkehr zu trennen. Da liegen die Großstädte vorn mit 47 Prozent, gefolgt von den mittleren Städten mit 45 Prozent und Kleinstädten mit 41 Prozent. 

Blick aus dem Bus in einer Kleinstadt
Offenbar werden in Großstädten Radfahrende mehr zu den Fußgänger:innen gesteckt als auf dem Land. Und offenbar finden sich vor allem in mittleren Städten Radfahrende unangenehm oft im Mischverkehr mit Autos wieder. Weshalb man sich in mittleren Städten, die meistens weniger für den Radverkehr getan haben als Großstädte, auch besonders nach mehr Radwegen sehnt. Genauso wie in Kleinstädten, wo meist auch extrem wenig geschehen ist. Die Politik handelt also nicht gegen die Mehrheit der Gesellschaft, wenn sie Radwege ausbaut und dabei den Radverkehr vom Autoverkehr und vom Fußverkehr trennt. 

Eine unerwartete Erkenntnis beschert mir die Statistik aber auch noch. 

Rund 22 Prozent glauben, dass sich Radfahrende an keine Regeln halten und Nachhilfe brauchen. Besonders interessant finde ich, dass dem Wunsch "Bekanntmachung der Fahrradregeln für Radfahrer:innen" in Großstädten 26 Prozent, in mittleren Städten 23 und in Kleinstädten 18 Prozent zugestimmt haben. Die Menschen, die so geantwortet haben, sind vermutlich nicht unbedingt diejenigen, die sich mehr Radwege wünschen, sondern sich über Radfahrende ärgern und der Meinung sind, die würden öfter Regeln verletzen als Autofahrende oder Fußgänger:innen. Damit hätten wir eine statistische Größe für diese Gruppe: Diejenigen, die uns (auch hier in meinem Blog) unermüdlich erklären, dass Radfahrende sich erst einmal die Regeln halten sollten, bevor sie eine bessere Infrastruktur reklamieren oder das Verhalten von Autofahrenden kritisieren, machen 18 bis 26 Prozent der Bevölkerung aus. Diese Gruppe ist übrigens kleiner als die Gruppe der Menschen, die für sich das Radfahren komplett ablehnen. Das sind ungefähr 30 Prozent. 



12 Kommentare:

  1. Autofahrende kommen als Gefährderinnen und Gefährder gar nicht vor. Was für eine kaputte Befragung!
    Thomas

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  2. Autofahrende sitzen ja auch völlig unbeteiligt in Ihrer Sicherheitszelle während das Auto Radfahrende erfasst!
    /s

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  3. wurde auch gefragt, ob arme und fremde dran schuld sind?

    weil das geht immer.

    friedrich g. fahr

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  4. Dass sich die mehrheitlich autofahrenden / autobesitzenden Radfahrenden mehr Radwege wünschen ist ja weder neu, noch ist es erstaunlich, da die Separationspraxis, wie sie ja zB von FDP, BMW, CSU, Grünen, Bundes-ADFC, ADAC etc. favorisiert wird, das weitere Wachstum des MIV vor allem auf den mittleren und längeren Distanzen mit relativ geringem Finanzaufwand sicherstellt und zugleich die staupoduzierenden MIV-Kurzstrecken aufs flächensparsame Fahrrad verlagert werden, nicht selten auf Kosten des Fußverkehrs oder der verbliebenen Naturräume mit (noch) nicht versiegelten Flächen.
    Nicht jeder Radwegebau fördert den Autoverkehr, aber in Summe ist das für die praktizierte und künftig zusätzlich ausgeweitete separierende 'Radwegisierung' des Radfahrens (leider) durchaus zu konstatieren, wie auch die Empirie regelmässig mit Steigerung von Autodichte und -Fahrleistung ausweist.
    Der mit obligaten Fahrbahnverboten flankierte Radwegebau wirkt ja in beide Richtungen:
    - Radwegisierung des Radverkehrs
    - Autobahnisierung (exklusives Nutzungsrecht der ehemals 'allgemeinen' Fahrbahnen für den MIV) des Autoverkehrs
    Siehe auch die MIV-Steigerungen in den 'Vorbildregionen' Randstad (NL) und Metropolregion Kopenhagen.
    Statt einer 'Autogerechten Radverkehrsförderung' wäre endlich bzw. zwingend eine umweltgerechte Radverkehrsförderung auf die Agenda zu setzen, die in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der Reduktion von MIV-Dichte und MIV-Fahrleistung steht.
    Heutzutage noch die Perspektive einer zusätzlichen zweiten Straßeninfrastruktur mit jeder Menge zusätzlich asphaltierter Fläche und zusätzlich freigeräumten MIV-Kapazitäten zu schaffen ist absurd und im Ergebnis eine umweltfeindliche autogerechte Ausrichtung unter falscher Flagge, auch wenn in Einzelfällen hier und da ein Radwegebau sinnvoll und ökologisch relativ unschädlich sein kann.
    Es bräuchte längst eine konsequente 'push&pull' Politik bzw. Ausrichtung, statt das ewige autogerechte 'pull&pull' mit immer mehr Radverkehrsverdrängung hin zu Fußgängerflächen, Parks, Naturflächen und 'Nebenanlagen', die durch viertklassige Bauplanung richtlinienkonform (25-35cm Oberbau) binnen kurzer Zeit zu wurzeligen Buckelpisten werden oder von vornherein mit Pflastersteinen statt regulärem Straßenasphalt den Radverkehr nicht selten auf Kurzdistanzen begrenzen.
    Von Umwegigkeit, untauglichen Breiten, wie zB dem 250cm Regelmaß von einseitigem Zweirichtungsverkehr für Rad plus Fuß bei gleichzeitig obligatem Benutzungsverbot der regulären gut ausgebauten und gut trasssierten breiten Fahrbahn mal ganz zu schweigen.
    Alfons Krückmann

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    1. Wahre Worte! Aber wie bekommt man endlich eine Bresche in die Einheitsfront der Separationsdickschädel? Ich habe das Gefühl, dass die Entwicklung, wie auch bei vielen anderen Dingen in der Welt, gerade eher rückwärts autoritär verläuft.

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  5. Das mit der Regeltreue ist nicht neu, betrifft aber auch die Autofahrer. Ist ein persönliches Problem. Wird für Radfahrer allerdings auch von der Infrastruktur verursacht. Ist mir heute passiert. Keine für den Radverkehr vorgesehene Verkehrsführung und fehlende Beschilderung haben vermutlich zu zwei unabsichtlichen Verkehrsverstössen geführt.
    Wer das beobachtet hat, wird sich vermutlich auch wieder bestätigt gesehen haben.
    Karin

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    1. Wenn man der Ideologie der Separation folgt und unbedingt abseits der Fahrbahn herumgurken will, dann muss man natürlich irgendwo scheitern mit der Regeltreue. Denn die Separation verletzt an sich schon eine der wichtigsten Grundregeln des Straßenverkehrs: die Ordnung des Fahrzeugverkehrs an Kreuzungspunkten nach Fahrtrichtung. Benutzt man mit dem Fahrzeug Fahrrad dagegen konsequent die Fahrbahn, ist das Einhalten der Regeln, die dort gelten, überhaupt kein Problem!

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    2. Ich denke, die Ideologie-Keule sollten wir bei unseren Diskussionen nicht ziehen. Nach meiner Erfahrung werfen uns vor allem die Konservativen und Rechten "Ideologie" vor, wenn wir von Förderung des Radverkehrs reden. Dabei ist das Festhalten an der Verkehrsordnung des 20. Jahrhunderts eigentlich Ideologie. Die geistige Leistung abwertende Vorwürfe (wie "Ideologie") bringen uns in unseren Diskussionen überhaupt nicht weiter. Es ist nach meiner Einschätzung auch kein unbegründetes Postulat, dass Radwege den Radverkehr erhöhen, sondern ein Erfahrungswert aus Kopenhagen und den Niederlanden. Dort hat man Autofahrstreifen durch Radwege ersetzt, also dem Autoverkehr Raum weggenommen, was zu einer Zunahme des Radverkehrs geführt hat, weil Autofahren unbequemer wird. Ich kann mir auch vorstellen, dass man die Straßen zuerst für Radfahrende auslegt (also die ganze Fahrstraße ist für den Radverkehr) und den Autoverkehr nachgeordnet behandelt, also alle Autofahrer müssen sich dem Tempo der Fahrräder anpassen und dürfen nicht überholen, aber leider ist das noch schwieriger politisch durchzusetzen als Radwege aufkosten der Fläche für den Autoverkehr. Und die meisten RAdfahrenden fühlen sich ohnehin wohler, wenn sie nicht zwischen schweren und großen Autos mit unaufmerksamen Fahrer:innen radeln müssen, sondern eigene Flächen haben. Genau das zeigt die Umfrage.

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    3. Die Realität ist doch aber, dass Autofahrer für das, was direkt auf ihrem Fahrweg passiert ausreichend Aufmerksamkeit übrig haben (sonst würden sie sich gegenseitig von der Fahrbahn kegeln), aber für das was im Seitenraum der Straße abseits der Fahrbahn passiert, nicht.
      Insofern darf man den Wünschen der Leute nicht einfach nachgeben und sie mit diesem Nachgeben bewusst ans Messer liefern, sondern muss sie aufklären!

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  6. Da stehen sich halt zwei Visionen, oder auch Methoden gegenüber.

    Die eine, nennen wir sie die niederländische, aus dem 20. Jahrhundert stammend, beschreitet den Weg der schrittweisen Anpassung, trennt die Verkehrsarten, baut Radinfrastruktur, integriert diese mit den öffentlichen Verkehrsmitteln... und hat damit vor allem in den Städten durchaus Erfolg. Leider "versäumt" diese Methode, angesichts des rasanten Kimawandels, die Reduzierung des motorisierten Verkehrs genauso stringent voranzutreiben.

    Die zweite Methode ist angesichts der Dringlichkeit der Probleme im 21. Jh. wesentlich radikaler, pocht auf eine schnelle Zurückdrängung des motorisierten Verkehrs, was gleichzeitig den Bau separater Radinfra zu einem Gutteil überflüssig machen würde. Sie hat aber nicht die politischen Druckmittel dafür, die ja auch sonst weitgehend nicht existieren, und auch keine Argumente, die Leute im hier und jetzt zum Umdenken und zum Umstieg zu bewegen...

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  7. Eigentlich ist es klar, dass Alltagsradler in Großstädten schlechte Erfahrungen mit einer zu großen Nähe zu Fußgängern gemacht haben, und anstatt über das Fehlverhalten der anderen Gruppe zu lästern, ist es richtig, die Trennung zwischen Rad und Fußverkehr zu fordern. Dort wo es keine separaten Radwege gibt, wünschen sich besonders Eltern und Gelegenheitsradler Radwege die zumindest vom KFZ Verkehr getrennt sind. Allerdings sollten bei der Umsetzung dann auch die Erfahrungen aus Großstädten mit einfließen. Die Radfahrer die sich im Mischverkehr nicht wohl fühlen haben die Konflikte mit Fußgängern bei gemeinsam genutzter Infrastruktur nur weniger auf dem Schirm, wenn die aber mal vorhanden ist, wird es da genau so laufen wie in der großen Stadt.
    Aus Radfahrersicht sind die 22% derer die meinen Radfahrer sollte die StVO näher gebracht werden ein Grund zu fordern, dass die StVO sowie die Haupursachen für nicht Alleinunfälle mit Radfahrerbeteiligung mal richtig kommuniziert werden. Nicht das übliche "Radfahrer sind an ca der Hälfte ihrer Unfälle selber schuld"
    Ich bin davon überzeugt, dass die jährlichen Polizeiberichte + Berichte der Unfallforschung der Versicherer kombiniert mit der anschließenden Berichterstattung in den Medien, die Grundlage für den Eindruck ist, dass Radfahrer die Outlaws des Straßenverkehrs sind.
    Letztes Jahr war oft zu lesen, dass die Unfallforschung mehr Rücksicht von Radfahrern gegenüber Fußgängern fordert. Ich habe keinen Kommentar gelesen in dem darauf hingewiesen wurde, dass 54% der Rad / Fußgängerunfälle auf exklusiv dem Radverkehr gewidmeten Flächen passieren, und nur 16% auf Flächen für Fußgänger. Aber alle die über die Studie geschrieben haben, haben die Forderung nach mehr Rücksicht der Radfahrer wiedergegeben, das kann man gerne fordern. Leider kann man nur zwischen den Zeilen erahnen, dass ein geeigneter Ausbau und die Gestaltung der Infrastruktur viele der Konfliktsituationen vermeiden könnte.
    D.h bei allen Lesern, die selber keine Erfahrung als Alltagsradler bleibt hängen, dass Radfahrer ihre Unfälle mehrheitlich selber verursachen und gefälligst mehr Rücksicht nehmen sollen. Die Maßnahme dagegen ist dann die konsequente Ahndung von Verstößen der Radfahrer.
    Ich glaube die Mehrheit der Fußgänger die beim Queren eines Radwegs von einem Radfahrer angeklingelt werden, meint nichts falsch gemacht zu haben und einen Ramboradler begegnet zu sein.

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  8. Gerade auf YouTube gesehen:
    https://youtube.com/shorts/yjqvjsNTG94?si=qEhQzncxZ2el-Edv
    🤣

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