15. Januar 2025

Neue Radstreifen auf der Ludwigsburger Straße

Jahrelang bin ich auf der Ludwigsburger Straße zwischen dem Zuffenhausener Kelterplatz und der Heilbronnerstraße an der Friedrichswahl mit dem Rad, ausgebremst oder bedrängt vom Autoverkehr, Richtung Stuttgart gegurkt. 

Seit einiger Zeit gibt es nun immerhin auf Teilstücken einen Radfahrstreifen. Er beginnt leider nicht am Kelterplatz, da müssen sich Fahrbahnradelnde in den Autostau einreihen und an Ampeln zur Hauptverkehrszeit mehrmals warten. Aber anders kommt man nicht auf die Ludwigsburger Straße. (Würde doch Stuttgart die Radwege einfach mal lückenlos planen und umsetzen!) Schon lang sind auf die rechts zugeparkte Fahrbahn hier die Radpiktogramme aufgemalt. Wenn man sich nach dem Kelterplatz der Hohensteinstaße nähert, öffnet sich nach der letzten Bauminsel rechts ein Radfahrstreifen, der nach dem Ampelstopp geradeaus zur  Bushaltestelle führt. 

Über diese Bushaltestelle bin ich früher auch geradelt, sie war gefährlich wellig. Da man auf der rechten von zwei Fahrspuren radelte, konnten einen die Autofahrenden immerhin stressfrei auf der linken Spur überholen. Jetzt ist die rechte Spur in einen Radfahrstreifen mit Busfreigabe umgewandelt worden. Da radelt es sich doch sehr angenehm (es sei denn, man hat den Bus hinter sich, so vermute ich). 

Das ganze endet natürlich zu viel schnell zu früh, nämlich nach hundert Metern am Fußgängerüberweg. Dahinter wird aus dem Radstreifen die Rechtsabbiegespur für den Autoverkehr, der in die Frankenstraße will. Trotzdem radelt es sich auch da noch vergleichsweise angenehm, weil der meiste Autoverkehr ja auf der linken Spur geradeaus fährt. 

Außerdem sind mich ermunternde und den Autoverkehr informierende Radzeichen auf den Asphalt gemalt. Eine eigentlich unnötige Bekräftigung, dass Radfahrende auf Fahrbahnen fahren müssen, sollen und können, wenn ihnen keine Radwege angeboten oder auferlegt werden. 


Dahinter geht es dann - welch angenehme Überraschung - tatsächlich weiter mit dem breiten Radfahrstreifen. Und auch da radelt es sich nett. Wo es kompliziert wird, hört er natürlich wieder auf.  Eigentlich möchte ich ja auf einer Radinfrastruktur unter dem Ohr der Friedrichswahl durch bis dorthin kommen, wo der Radweg entlang der Heilbronner Straße Richtung Stadtmitte beginnt. Und das ist nach der Kreuzung an der Friedrichswahl, wo der Autoverkehr runter kommt und auf die Heilbronner einbiegt. 

Der Radstreifen endet aber dort, wo wir die Brücken des Ohrs erreichen. Die Autofahrenden bekommen wieder ihre zwei Spuren, auf denen sie auf die Ampelanlage zurasen, immer in der Hoffnung, Grün zu erwischen. Hier zu radeln war für mich noch nie angenehm, und das hat sich nicht geändert. Auch mit den neuen Sharrows (Radzeichen mit Pfeilen) ist das nicht wirklich stressfreier. Vor allem aber reiht man sich in der Hauptverkehrszeit mit dem Fahrrad in den Autostau ein und steht lange zwischen Kühlern und Auspüffen. 


Also bin ich schon früher immer nach rechts auf den Gehweg gefahren. Ich weiß nicht, ob er früher freigegeben war, jetzt ist er es. Und auch leidenschaftliche Fahrbahnradler:innen dürften ihn in der Stauzeit bevorzugen. Für Leute, die sich auf der Strecke noch nicht auskennen, empfehle ich ihn auch deshalb, weil dann über die Fußgängerampeln die Auffahrt auf den Radweg der Heilbronner Straße gesichert ist. Wie man den von der Fahrbahn aus nach der Ampelanlage am besten ansteuert, ist mir nicht so ganz klar, und man muss ja eben auch erkennen, dass es da flugs rechts hoch auf den Radweg geht. Ein Hinweisschild fehlt. 

Ein bisschen was geht also. Aber ich seufze dennoch: Ach könnten wir in Stuttgart doch einfach mal durchgehende Radstreifen und Radwege kriegen, ohne Fluchtangebote auf Gehwege und ohne uns im Mischverkehr mit Autos in den Feierabendstau einreihen zu müssen! Wir fahren ja auch deshalb Fahrrad, weil wir nie im Stau stehen wollen. Und warum sollten wir das müssen?

13 Kommentare:

  1. Was mich bei solchen Radverkehrsplanungen immer betrübt, ist die Sache, dass man offenbar krampfhaft versucht, auf dem vorhandenen Platz eine besondere Radinfrastruktur aufzubauen. Dazu wird dann wahlweise den Fußgängern, dem ÖPNV und (wenn’s nicht zu arg wehtut) den Autofahrern Platz abgezwackt. Heraus kommt dann meist eine schlechte Radverkehrsanlage. Warum kann man in diesem Fall nicht z.B. den Fußweg auf Kosten des Begleitgrüns um 1,5 Meter verbreitern und zum gemeinsamen Geh- und Radweg ausbauen? Klar ist Grün in der Stadt wichtig – aber müssen deswegen die Radfahrer in den täglichen Kampf mit den Autos geschickt werden? So fahren jedenfalls nur die ganz Mutigen mit dem Rad.

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  2. "wenn ihnen keine Radwege angeboten oder auferlegt werden. "
    Schöne Formulierung und eine sehr sinnvolle Unterscheidung.
    Duale Lösungen mit optionaler, also freiwilliger, Nutzungsmöglichkeit von für Radverkehr geeigneten Nebenanlagen und das 80er Jahre NL-Prinzip der dogmatischen Kopplung von 'Radinfra' mit einem striktem Fahrbahnverbot sind ja zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.
    Allzu oft werden uns ja Radwege, oder was dafür gehalten wird, "auferlegt", oft auch noch ohne dass diese "auferlegten" Nebenanlagen für Radverkehr überhaupt geeignet sind, und oft auch noch mit dem unangenehmen und nicht mit Inklusion vereinbarem Nebeneffekt der Behinderung/Verängstigung des Fußverkehrs, was insbesondere für mobilitätseingeschränkte und sehbehinderte/blinde Personen extrem unangenehm ist.
    Von den aus der 'Auferlegung' resultierenden Reisezeitverschlechterungen mal ganz zu schweigen.
    Hier bieten duale Lösungen (wahlweise Nutzung von Separation und Fahrbahn) aus praktischer, sicherheitstechnischer und ökologischer Perspektive ein deutliches Potential, oder wie es früher mal beim Bundes-ADFC hieß:
    Gute Radwege brauchen keine Benutzungspflicht.
    Aber das wurde ja im Rahmen des 'lets go dutch'-Marketings faktisch ad acta gelegt.

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  3. Hallo Christine, ich kann deinen, wenn auch verhaltenen Optimismus leider nicht ganz teilen. Ich finde die neue Lösung eher kontraproduktiv, da sie die Wahrnehmung der Autofahrer befördert "wir müssen was abgeben und jetzt radelt da niemand". Wie du geschrieben hast, konnte man auf dem nun als Radstreifen erstellten Teilstück auch vorher schon ganz gut fahren. Die Überführung in eine Autospur ist dagegen Murks. Da die Ampel an der Friedrichswahl eine Pförtnerfuntion hat, ist die Fußgängerampel daneben früher und länger grün. Auf der Fahrbahn steht man jedoch auch ohne viel Verkehr öfters zwei Rotphasen. Und in der Rush Hour stauen sich die Autos bis zur Tankstelle. Daher nehmen inzwischen fast alle wieder den jetzt freigegebenen Gehweg, das geht schneller und der Anschluss auf den folgenden Radweg ist auch besser.

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  4. 100m weiter rechts ist ein wunderschöner ampel- und (fast) autofreier Weg, auf dem man vom Pragsattel bis zum Kelterplatz mehr oder weniger ungebremst durchrollen kann. Welchen Nutzen hat jetzt diese "Stuttgarter Bastellösung"?

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    1. Ich kenne die Alternativstrecke durch die Schrebergärten unter dem Ohr durch, die ich allerdings erst suchen musste. ich stehe auf dem Standpunkt, dass Radfahrende entlang jeder Autostraße bequem radeln können müssen, denn ich bin oft als Ortsfremde irgendwo hin geradelt und habe verzweifelt nach Wegweisern und Routen gesucht. An Autostraßen stehen immer große Wegweiser, da weiß man immer, wann man abbiegen muss. Diese Alternativstrecke (ich nennen sie Grünstrecke, weil sie durchs Grüne führt), ist winkelig und über den Kelterplatz kommt man nur, wenn man die Streckentricks kennt.

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    2. Da sprichst Du einen zweiten Missstand an: Die Beschilderung...

      Mein "ideal" wäre, dass der (bereits vorhandene) Weg durch die Schrebergärten punktuell so ausgebaut wird, dass man als Radfahrer super durchkommt (das schränkt den Autoverkehr praktisch nicht ein). Ausbauen/verbessern könnte man an einigen Stellen, wo Abzweigungen sind. Der "Durchgangsverkehr" wird per Beschilderung dort entlang geleitet (Stichwort: Hauptroute). Wer zu einem Ziel direkt an der Straße muss, soll natürlich dort fahren können. Das sind dann aber nicht mehr viele, und die können dann auf einem gemeinsamen Weg mit den Fußgangern fahren (und ggf. mit einer Verbindung zu der schnellen Strecke).

      Aus Autofahrersicht hat man dann auch nicht ständig mal einen Radstreifen, mal keinen, dann wieder ein Stück Radstreifen etc. Das nimmt den Stress und reduziert die Unfallgefahr.

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    3. Ja das ist richtig.
      Die Separation des Radverkehrs auf Nebenanlagen, Gehwege, kleine Nebensträßchen, Wirtschaftswege, durch Parks, Schrebergärten, Wälder und Naturschutzgebiete schränkt den Autoverkehr nicht ein und sorgt dafür, dass sich ein steigender 'Radverkehrsanteil (Einwohner-Wege-Modal-Split) in eine Verbesserung von Kapazität und Reisezeit des MIV (vor allem dann auf den längeren Distanzen) umsetzt.
      Dieses Niederländische Modell (MIV-Stauvermeidung durch Radwegbau/Rad-Fahrbahnverbot) ist sehr populär, es wäre aber doch zu fragen, warum wir es im 21.Jhd. noch so intensiv darauf anlegen sollen den MIV nebst Straßengüterverkehr immer weiter auszubauen?
      Alfons Krückmann

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    4. @Alfons: Damit ich nicht falsch verstanden werde: Mir geht es gar nicht darum, den Autoverkehr zu stärken, indem die Radfahrer weg geplant werden. Ich persönlich finde solche Radwegführungen wie hier beshrieben estrem stressig und gefährlich und meide sie. Und das kann ja nicht Sinn einer "Radinfrastruktur" sein.

      Autoverkehr wird es immer geben. Dass man Autofahrer und Radfahrer aufeinander hetzt (Autos stressen Radler, gleichzeitig stressen Radler Autos, so wie hier) dient eigentlich nur dem "Teile und Herrsche". Dabei sind wir (Autofahrer und Radfahrer" gemeinsam der Straßenverkehr.

      Autofahrer holt man nicht aufs Rad, indem man sie von Autofahrerkollegen stressen lässt. Radfahren muss Spass machen und entspannt sein. Das hat man auf Feldwegen in der Natur und auf Nebenstraßen. Und generell wäre es förderlich, wenn die Politik ihre Bemühungen dahingehend verlagert, dass überhaupt die zurückgelegten Wege reduziert. Das reduziert den Autoverkehr, den LKW-Verkehr, den Bahnverkehr und den Radverkehr - und lässt die Menschen Lebenszeit gewinnen. Aber mir scheint, das ist nicht unbedingt das Ziel...

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    5. Hallo Steffen, weil vielleicht nicht jeder zum Kelterplatz möchte ;-) gruss Frank

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  5. Jörg
    In der Hauptverkehrszeit steht man dort mit im Autostau. Das ist die Zeit wo die meisten Radler unterwegs sind. In die Gegenrichtung kann man auf Radstreifen auch nicht fahren.
    Praktisch bleiben die meisten Radler deshalb auf dem Fußweg..
    Bei so großen Straßen ist das Ziel auf beiden Seiten 2 Richtungsradwege zu kriegen.
    Freuen wir uns über den Zwischenschritt.

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  6. Jörg
    Die Ampel zur Heilbronner Straße wird zum dosieren des Verkehrs bei hohen Verkehrsaufkommen genutzt. Das heißt die Grünzeit wird reduziert. Das müsste nicht sein. Man könnte gleich nur eine Spur nutzen. In der Nebenzeit reicht das. In Hauptzeit ist das ein natürliches Ventil um Schleichverkehr zu reduzieren.

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