Wo steht im Grundgesetz genau geschrieben, fragt er, dass das Auto offiziell Verkehrsträger Nummer 1 ist und deshalb überall Vorrang hat? Nämlich was Finanzierung, Bezuschussung, Wegebau und Toleranz für seine soziale und gesundheitliche Schädlichkeit betrifft. Das Jobcenter bezahlt den Führerschein für Leute, die eine Anstellung in Aussicht haben haben, für die sie Führerschein brauchen, aber nicht selber bezahlen können. Immer wieder reden (auch grüne) Politiker davon, dass Azubis einen Zuschuss bekommen müssten, weil der Führerschein mit 4000 so teuer geworden sei.
Wer finanziert dem Azubi die 4000 Euro für das E-Rad? Könnte der Azubi deshalb vor dem Verfassungsgericht auf Gleichbehandlung klagen? Zumal er weniger Platz auf der Straße braucht und Radwege kaum etwas kosten, verglichen mit Autostraßen, er keine Parkplätze belegt, keinen Lärm macht, nicht die Umwelt belastet und für Menschen zu Fuß ein viel geringeres Unfallrisiko darstellt.
Wir neigen in Deutschland dazu, das sehr Teure staatlich zu unterstützen, das ziemlich Kostengünstige aber nicht. Wir fantasieren von Atomkraftwerken, die sich niemals ohne Subventionen (die wir mit unseren Steuern alle bezahlen) rechnen, und wehren uns gegen billige und schnell auf- und abbaubare Windräder und Solarplatten neben Autobahnen, um nur ein Beispiel zu nennen. Für den Autoverkehr gilt das auch.
Die offenen und versteckten Kosten des Autoverkehrs, den Autofahrende nicht selbst bezahlen, sondern wir alle, die wir Steuern zahlen, hat der VCD hier zusammengestellt. Es geht ja nicht nur um Straßenbau. Das meiste Geld braucht eine Stadt für den Bau und Unterhalt von Autoabstellplätzen und für die Straßenreinigung, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung (die allerdings auch Radfahrende und Fußgänger:innen zugute kommen). Außerdem erfordert ein reger und schneller Autoverkehr Mehraufwendungen für die Feuerwehr, die Polizei, die Wirtschaftsförderung, die Grünflächenämter und städtische Bauhöfe. Nur 15 bis 45 Prozent seien, so der VCD, durch Einnahmen gedeckt, jeder Bürger und und jede Bürgerin finanziert die städtischen Ausgaben für den Autoverkehr mit jährlich 150 Euro. (Da nur die Hälfte erwebgstätig ist und Steuern zahlt, verdoppelt sich das für den einzelnen Steuerzahler.) Hinzu kommen Subventionen wie das Dienstwagenprivileg (das jährlich zwischen 3 und 5,5 Milliarden Euro kostet), aber nur weniger als zehn Prozent der Bevölkerung zugute kommt. Die Pendlerpauschale ist übrigens keine Subvention, sondern eine steuerrechtliche Angelegenheit, die vom Bundesverfassungsgericht sogar gefordert wird. Der Staat müsse Leuten die Fahrtkosten zur Arbeit wenigstens teilweise erstatten, weil sie nichts dafür können, dass sie weit weg wohnen oder es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Dennoch fördert der Staat gerade mit Pendlerpauschale, Dieselprivileg und Dienstwagenprivileg den CO2-Ausstoß aktiv mit großen Geldsummen.
Dass der Staat jeden Besitzer eines Autos massiv unterstützt, hat sogar das Handelsblatt festgestellt. Demzufolge liegt die staatliche Übernahme der Kosten, die ein Auto verursacht, bei drei untersuchten Automodellen bei zwischen 4600 und 5200 Euro pro Jahr. Der Autoverkehr bringt einer Kommune dabei keine unmittelbaren Einnahmen, er kostet nach Berechnungen des Kasseler Verkehrswissenschaftlers Prof. Carsten Sommer, die Allgemeinheit in einer Großstatt aber das Dreifache des Öffentlichen Personennahverkehrs, der immerhin Einnahmen erzeugt. Und der Radverkehr bekommt die geringsten öffentlichen Zuschüsse. Sommer hat ein Tool entwickelt, mit dem Gemeinden die Kosten für ihre Verkehrsmittel ausrechnen können, eine Transparenz, die allerdings viele Städte gar nicht wollen.
Von diesen umwelt- und klimaschädlichen Subventionen (ca. 70 Milliarden Euro jährlich) für den Autoverkehr profitieren übrigens vor allem die einkommensstarken Haushalte, also eine Minderheit. Gleichzeitig wird das Benzin, das die Masse nutzt, am höchsten besteuert.
Wenn ich mir das so anschaue, dann bräuchte es tatsächlich eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Gleichbehandlung der Nutzer:innen von Fahrrad, ÖPNV und der zu Fuß Gehenden mit den Autonutzenden. Wobei der finanzielle Aspekt - also die Gerechtigkeit bei den Subventionen - noch das einfachste Thema wäre. Schwieriger wird es, wenn man Klage gegen die als selbstverständlich angenommene Dominanz des Autos im öffentlichen Raum führen und Rechte auf Platz und bequemes Vorankommen im öffentlichen Raum einklagen wollte.
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