Wenn wir das Wort "Radfahrer" ausstoßen, mal neutral, mal wutschnaubend, denken wir an den Mann mittleren Alters in Radklamotten auf einem Rennrad oder Trekking-Pedelec, der sich zwischen Autos durchschlängelt und Fußgänger:innen schneidet. Vor gut fünfundzwanzig Jahren waren hauptsächlich diese Radler unterwegs, erprobt, unerschrocken, sportlich, jedem Wetter trotzend, beispielsweise als Radkuriere oder als seltene Exemplare, die ihre Wege zur Arbeit mit dem Rad zurücklegten. Dann kamen die Pedelecs und brachten zuerst die Frauen aufs Fahrrad, die sich die Bergfahrt mit dem Normalrad nach oder zur Arbeit nicht vorstellen konnten. Alsbald entdeckten auch jugendliche Mounteinbiker den Elektroantrieb für sich, denn man muss ja hoch kommen, bevor man down hill fährt. Dann liehen sich Männer von ihren Ehefrauen mal das Pedelec aus, wenn sie eine weitere und steilere Strecke vor sich hatten, und kauften sich nach kurzer Zeit selber eines, weil man damit halt auch im Alter öfter und weiter radelt. Gleichzeitig kamen die E-Lastenräder auf, mit denen man Kinder (und Einkäufe) transportieren kann. Sie wurden und werden immer noch subventioniert, weil sich manche Familien damit ein Auto oder das Zweitauto sparen. Hochaktuell sind inzwischen große zweispurige Lastenräder (für Lieferdienste) und Spezialräder (alle mit E-Antrieb) für Menschen mit körperlichen Behinderungen. Tandems sind nicht mehr nur einspurig, sodass man hintereinander sitzt, sondern mittlerweile auch zweispurig fürs nebeneinander sitzen. Es gibt Rikschas, in denen man auf einer Bank vor sich zwei Erwachsene tranportieren kann, und Räder, mit denen man einen Menschen im Rollstuhl durch die Stadt fährt. Bald wird es vermehrt wettergeschützte Pedelecs geben, die aussehen wir kleine Autos.
Es gibt keinen Mobilitätssektor, in dem in kurzer Zeit so viele Innovationen hervorgebracht wurden, wie der E-Radsektor.