16. Januar 2020

Stimmt nicht - Radler dürfen da fahren

Dei Stuttgarter Zeitung berichtet über den Architektenwettbewerb zur Verbesserung der Situation für Fußgänger und Radfahrer rund um die Cannstatter Straße. 

Über die kommt man derzeit nur über zwei Stege rüber. In dem Artikel wird auch behauptet, die Platanenallee im Schlossgarten sei als Hauptradroute 1 ausgewiesen. Viele Radfahren würden aber auf dem Weg beim Spielplatz und beim Grillplatz fahren. Das hält der SPD-Vertreter im Bezirksbeirat Ost sogleich für lebensgefährlich.

So ganz richtig ist die Darstellung allerdings nicht.

Der ganze Schlossgarten ist als gemischerter Geh- und Radweg ausschildert, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Die Hauptradroute 1 führt offiziell den Hauptweg zwischen Grillplatz und Kinderspielplatz entlang. Auch wenn das Land mal versucht hat, Radfahrende per Zeichen auf dem Boden dazu zu bringen, die Platanenallee zu wählen, dürfen Radfahrende beide Strecken befahren, genauso wie Fußgänger/innen auf beiden Strecken laufen dürfen. Die fatale Wirkung dieser unseligen Aktion des Landes ist aber, dass viele Fußgänger/innen nun tatsächlich glauben, Radfahrer müssten dort und dürften nicht auf dem Hauptweg fahren.

Die Platanenallee hat mehrere Nachteile (eine rechte-Winkel-Kurve, hoppeliges Schmuckpflaster), vor allem aber ist sie nachts nicht beleuchtet. Und eine unbeleuchtete Strecke kann kein Teil einer Hauptradroute sein. Zum einen, weil dunkle verkehrsferne Strecken gerade für Frauen Angsträume sind, zum anderen weil die Fußgänger/innen nicht beleuchtet und oft erst im letzten Moment erkennbar sind. Schon deshalb gilt die Aussage nicht, dass die Hauptradroute 1 dort entlang führe.

Und lebensgefährlich sind Radfahrende, vor allem verglichen mit Autofahrenden, nun wirklich nicht. Im Schlossgarten ist noch niemand von einem Radfahrer tot gefahren worden. Zwar empfinden Fußgänger/innen (je ungeübter sie sind, um so mehr) Radfahrende als lästig und oft als zu schnell, aber auf all meinen vielen Radfahrten durch den Schlossgarten habe ich noch nie eine echte Gefahrensituation erlebt oder beobachtet. Und ja, auch ich finde manche Pendler-Radler/innen als zu schnell, aufpassen muss man schon, aber das vor allem, wenn man selber radelt. Aber die Kinder auf dem Spielplatz sind überhaupt nicht gefährdet, der befindet sich mehr als fünf Meter weg vom Weg. Und anders als Autofahrende achten Radfahrende sehr genau auf Fußgänger/innen, denn sie stürzen selbst und verletzen sich, wenn sie mit ihnen kollidieren.

Es ist schon sehr unglücklich, dass es immer darauf hinausläuft, Radfahrende zur Gefahr zu erklären und zu in den Medien skandalisieren, wenn es um drignend nötige Vorteile für Fußgänger/innen geht, nicht aber den Autoverkehr, der ja nun wirklich gefährlich ist.

Allerdings wünsche auch ich mir eine gut ausgebaute und bequeme Strecke als Alternative zum Schlossgarten. Im Artikel wird angedeutet, dass man ihn auf eine Spur der Cannstatter Straße legen könnte (die derzeit noch als Kraftfahrstraße für Radfahrende komplett gesperrt ist). Allerdings müsste man sich dann auch Gedanken machen, wie man einen solchen breiten Radschnellweg vor dem Schwanenplatztunnel in den Schlossgarten führt. Da gibt es derzeit nur einen steilen und engen Aufgang (und Abgang) im Verlauf des Fußänger- und Radübergangs an der Villa-Straße mit anschließender Kurverei durch den Schlossgarten Richtung Stadtbahnhaltestelle Leuze. Dort befinden sich auch noch Autoparkplätze. Dieser Weg ist jedenfalls in der jetzigen Gestalt untauglich für einen massiven Radverkehr.

Runter zu (Richtung Stadtmitte) landet man übrigens, wenn man die Ampelanlage überquert, hat in der Reitzensteinstraße (parallel zur Neckarstraße). Sie hat aber ein derartig übles Schlaglochpflaster, dass ich da nicht mehr radle. Ich bevorzuge die Neckarstraße und träume davon, dass man sie als Fahrradstraße ausweist und den Autoverkehr dort massiv bechränkt, in dem man die Neckarstaße nur noch für Anlieger freigibt und die Durchfahrt zu Hackstraße unterbindet.

14 Kommentare:

  1. Durch die Innenstadt? Das tue ich mir garantiert nicht an! Ich fahre bewusst auf der Straße- alles andere ist eine Zumutung. Bsp.: Start Österreichischer Platz fahre ich auf der Hauptstätter Str. entlang, kreuze den Charlottenplatz und fahre die Konrad-Adenauer-Straße. Kreuze den Gebhard-Müller-Platz und fahre die Willy-Brandt-Str. entlang. Auf Höhe Le Meridien fahre ich bewusst!! auf der rechten Straßenseite, da lediglich die linken 2 Fahrbahnen Kraftfahrzeugstraßen (B14) sind. Am Neckartor biege ich in die Neckarstraße ein, fahre vor bis zum SWR um dann auf Höhe der Kuhnstraße in den Radweg auf Höhe der Mineralbäder, Richtung Cannstatt zu fahren. (HRR 1)

    Jetzt werden viele sagen, das ihnen das zu gefährllich ist. Im Gegenteil: Mein Eindruck ist, das am Landtag, Oper, S21-Baustelle und durch den Schloßpark ich einer grösseren Gefahr ausgesetzt bin, mit Fußgängern zu kollidieren. Außerdem liegen dort permanent Scherben herum.

    Bräuchte mehr Mitstreiter, die sich trauen, entlang der B14 zu fahren...

    Klaus Kowalski

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    1. und warum nicht durch die Unterführungen? Das habe ich gerne gemacht. Leider reicht der Schwung nicht ganz um auf der anderen Seite wieder ganz hoch zu kommen, aber das ist dann ohne Ampeln...

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  2. Danke für die Weg-Inspiration, Klaus. Werde ich mal fahren. Funktioniert das entlang der B14 in der Gegenrichtung auch?

    Ich nutze in dieser Richtung gerne die Olgastraße, dann entweder die Werastraße weiter oder unterhalb über die Urbanstraße bis zur Landhausstraße, und dort gehts dann irgendwann wieder runter bis zum SWR. Das ist ebenfalls schon eine deutliche Verbesserung als durch die unsägliche Innenstadt, die echt eine Qual ist für Radler...


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  3. @ gebrauchsspur In der Gegenrichtung (Cannstatt- S-City) klappt das leider (noch) nicht, da die B14 auf allen Spuren KFZ-Straße ist.

    Es sei denn, OB Kuhn bekommt in seinen letzten Tagen noch irgendwas hin und gibt die Busspur für die Radfahrer frei. Denke, das ist die 'rote Linie'- geschieht dies, wird Stuttgart zur Fahrradstadt. Vorher definitiv nicht. K.K.

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    1. Das Ordnungsamt müsste die Cannstatter Straße freigeben. Jetzt, wo dort nur noch 50 km/h gefahren werden darf, gibt es keinen Grund mehr, die Staße als reine Kraftfahrstraße auszuweisen, finde ich.

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    2. Deine Aussage, die Straße wäre nur auf manchen Spuren eine Kraftfahrstraße hat mich etwas verwirrt (eigentlich ist es entweder ganz oder gar nicht...), also habe ich auf Mapillary mal nachgeschaut. Unter der Annahme dass die Beschilderung da nicht in letzter Zeit geändert wurde, Stand Juli 2019: Aus der Neckarstraße kommend darf man mit dem Fahrrad durchaus auf der Willy-Brandt-Str. Richtung Charlottenplatz fahren. Die Kraftfahrstraße endet genau an der Kreuzung, und beginnt erst wieder am Heslacher Tunnel. In Gegenrichtung scheint es genauso zu sein, das heisst du könntest auch durch die Tunnel unter den Kreuzungen durchfahren anstatt am Charlottenplatz & co oben auf eine grüne Ampel warten zu müssen. Muss ich demnächst mal ausprobieren...

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  4. @ Christine Lehmann Du bist doch Politikerin. Dann ruf OB Kuhn, VM Hermaann an- die Schilder sind binnen 5 Minuten abgebaut...Ich denke, wenn die B14 für den Radverkehr geöffnet wird, wäre das ein sehr starkes Signal! K.K.

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  5. Mir ist das gegurke am Grillplatz im Sommer auch zu stressig. Ich habe auf Christines Empfehlung in einem anderen Artikel hin die Brücke beim Leuze probiert und dann die Alee lang. Gefällt mir ganz gut, auch wenn auf der Brücke die Sache mit den Fußgängern manchmal eng wird.
    Eine Spur als baulich getrennter Radweg auf der Cannstatter Straße, oder noch besser Neckarstraße als Fahrradstraße - das wäre schon schick.

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  6. Ich hasse die Route durch den Rosenstenpark und den Schlossgarten: Die Wege sind zu schmal undman behindert ständig Fußgänger und sich sebst.Ein Park ist nun mal keine Autobahn, von daher sind Diskussionen über die Notwendigkeit von Rad(schnell)wegen obsolet. Sie fehlen und müssen dringend gebaut werden. Oder Stuttgart versinkt weiterhin im Stillstand.

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    1. Lieber Carsten, lieber Michael, ja Alternativen zum Schlossgarten müssen her, das fordere ich schon lange. Aber ... aber ... Früher bin ich auch auf der B14 geradelt, vom Neckartor bis vor zum Charlottenplatz, aber mit dem Baustellengekurve, das die Autofahrenden überfordert, ist mir das gerade zu stressig und zu riskant. Außerdem habe ich mich nie getraut, die Untgerführungen zu radeln, ich bin immer über die Ampelanlagen oberirdeisch gefahren, und dieses ständige Halten an den Ampeln ist halt auch blöd. Die Frage bei all diesen so genannten Radschnellwegen auf der B14 oder in der Neckarstraße ist die Frage, an wie vielen Ampeln müssen wir halten. Und es sind halt alle, und das macht solche Strecken auch wieder unatraktiv gegen über dem Schlossgarten (das sind 5 km ohne Ampeln einfach rollen). Man müsste schon Fahrradbrücken über alle Kreuzungen bauen, damit wir das richtig gut findne. Kommt sicher eines Tages, aber derzeit ist der Gemeinderat noch nicht so drauf, dass er das toll findet und finanziert.

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  7. @ Michael Sche Tja, lt. Christine hat Stuttgart jetzt einen jährlichem 12-Millionen-Euro-Haushalt für den Radverkehr (ich bezweifle die Zahl- die Stadt selber spricht von 8,7 Mill. Euro. Was stimmt nun?) beschlossen. Jetzt kannst Du Dir selber ausrechnen wie viele RSV's das sind und wie schnell sie dann kommen: Wenn wir alt und grau sind. Die Zahl ist ein Offenbarungseid. Stolz kann man darauf wahrlich nicht sein!

    Ich lasse mich nicht länger von OB Kuhn, VM Hermann und den Gemeinderat hinhalten und ich höre mir die ganzen Ausreden auch nicht mehr an. Daher ist ab sofort die B14 für mich der RSV durch die City. Und je mehr Leute dort 'Präsenz' zeigen, umso schneller wird die Busspur für den Radverkehr freigegeben. Dann ist der RSV durch die City 'quasi über Nacht' da. Das war doch auch der Vorschlag von VM Hermann- was wurde daraus? Der Neubau eines RSV durch Stuttgart würde 10-15 Jahre brauchen und wäre kostspielig. K.K.

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  8. Wie unterschiedlich die Vorlieben doch sind - ich genieße die gemütliche Fahrt durchs Grüne! (allerdings komme/fahre ich da nie zu Zeiten lang, wenn viele Spaziergänger unterwegs sind)

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  9. Ich bin bei Steffen - wenn auch auf dem Weg von und zur Arbeit i.d.R. nicht im "gemütlich"-Modus.

    Ansonsten sind hier viele hübsche Ideen. Nur - welche sind überhaupt legal und entsprechen den Verwaltungsvorschriften? Die anderen kann man sich doch gleich abschminken. Das vermeidet unnötige Diskussionen.

    Das ist eine zentrale Frage unabhängig von allen persönlichen Vorlieben.

    Die Vorschriften sind übrigens nicht vom Himmel gefallen, sondern im Gegenteil unter Mitarbeit der Stadt Stuttgart entstanden: Claus Köhnlein war seinerzeit Co-Autor der ERA 2010. Tritt Frau Adam in dieser Hinsicht auch in seine Fußstapfen?

    So wie Du, Christine, bei passender Gelegenheit auch darauf hinweist, dass bei bestimmtem KFZ-Aufkommen T30 nicht zulässig ist, oder dass bei T30 keine Zebrastreifen zulässig sind, könntest Du auch erwähnen, dass auf der HRR1 mit seinem Radverkehrsaufkommen und seiner Bedeutung als Rad-"Fern"-Verbindung kein Fußverkehr zugelassen werden darf, u.a. weil das bei dem vorgesehenen Mindest-Durchschnittstempo zu gefährlich ist.
    Genauso wie auf der B14 mit seinem KFZ-Anteil eigentlich auch kein Mischverkehr mit Fußgängern und Radfahrern zulässig ist.

    Wenn's legal sein soll, dann führt nichts um eine getrennte Radverkersführung herum, und zwar getrennt vom Fußverkehr und getrennt vom KFZ-Verkehr. Und auch kreuzungsfrei bzgl. KFZ-Verkehr - ein Rückschritt gegenüber dem Ist-Zustand wäre nicht akzeptabel wegen der Anforderungen an Sicherheit und Geschwindigkeit.

    Als Sofortmaßnahme übergangsweise könnte man die B14 auch für Fuß- und Radverkehr öffnen (warum den umweltfreundlichen Radverkehr gegenüber dem KFZ-Verkehr schlechter stellen; man hätte aber leider immer noch illegale Regelungen) oder die besser geeignete Park-Hauptroute für Fußgänger sperren.

    Letzteres wäre wenigstens schon mal legal uns superbillig umzusetzen - zwei unschlagbare Vorteile.

    Anschließend kann man sich ja gründlich optimierte Varianten überlegen und die dann Realität werden lassen.

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  10. Ich hoffe, dem Architektenwettbewerb hat man die Verwaltungsvorschriften und technischen Regelwerke als relevanten Randbedingungen in die Ausschreibung reingeschrieben. Sonst wäre das übel rausgeschmissenes Geld.

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