3. August 2021

Was tun gegen Gehwegradler:innen in der Epplestraße?


Die Epplestraße in Degerloch, wo wie Ladenzeile ist, funktioniert nur für Autofahrende, für Fußgänger:innen und Radfahrende ist sie ungemütlich. 

Sie hält für Radfahrende etliche Widerwärtigkeiten bereit, über die ich an anderer Stelle schon berichtet habe. 

Und weil Radler hier ihren Weg nicht finden und nicht haben, nerven sie Fußgänger:innen auf den Gehwegen. Ich höre immer wieder erbitterte Beschwerden. Auf der Fahrbahn können sie Richtung Markt gegen die Einbahnstraße nicht radeln. Sie müssten die parallele Rubensstraße nehmen, doch dorthin zu kommen, ist unwirtlich. Es muss eine Anzahl von Berufsradpendler:innen geben, die hier konsequent den Gehweg benutzen und bei Fußgängerbeschwerden auch pampig werden. 

Ich habe mich an einem Mittwochabend kurz vor 18 Uhr fünf Minuten hingestellt und die geschaut, was passiert. Dabei habe ich zwei Radler:innen gesehen, die auf der Fahrbahn, also auf der Busspur hoch geradelt sind. Außerdem zwei Gehwegradler:innen und einen, der das Rad geschoben hat. Zwei Gehwegradler in fünf Minuten, ist schon viel. 

Ein Radler kam auf der Busspur als Geisterradler entgegen der Einbahnrichtungung schwenkte dann auf den Gehweg ein, den er absolut ungerührt Richtung Markt runter fuhr. Bekanntermaßen nützt es nichts, die notorischen Gehwegradler:innen, die hier den kürzesten Weg nehmen, darauf anzusprechen, dass sie hier nicht fahren dürfen, sie ignorieren das oder werden pampig. Für Fußgänger:innen bedeuten sie erheblichen Stress, den die Gehwege sind in der Epplestraße viel zu schmal. 

Die Busspur zumindest für eine kurze Strecke als Geisterradler:in zu nutzen, ist relativ beliebt, ich habe bei anderer Gelegenheit auch schon welche gesehen. Kommt der Bus tatsächlich, kann man gar nicht so schnell auf den Gehweg hopsen, wie man müsste, denn auf die Pkw-Spur ausweichen geht gar nicht. 

Eine Radlerin fuhr vom Markt her auf den Gehweg vor dem Bäcker, aber nur, um ihr Fahrrad abzustellen. Nicht in Ordnung, zumal hier keine Radbügel sind, aber auch die Radbügel sind nur von der Gehwegseite her anzusteuern. Sie hätte natürlich auch früher absteigen können, aber sie ist auch nicht durchgeheizt. 





Ein Radfahrer schob sein Fahrrad über die Ampel und über den Gehweg. Das ist aber eher die Ausnahme.  




Recht viele nutzen den Fußgängerüberweg und fahren ihn per Fahrrad an. So dieser Junge. Überhaupt neigen Jugendliche dazu, auf Gehwegen zu radeln. Sie stellen sich nicht dem Verkehr auf den Fahrbahnen, sie sind im beräderten Fußgängermodus unterwegs. Und, ehrlich gesagt, ich sehe sie auch nicht gern zwischen den Autos. Dass man Führerscheine erst 18-Jährigen gibt, hat schon einen guten Grund. Jugendliche Radfahrende sind nicht immer konzentriert und diszipliniert genug für den doch wenig radfreundlichen Autovererkehr. Sie haben selber nie am Lenker in Autos gesessen und ahnen nicht, wie gefährdet sie sind, wenn sie Fehler machen. 

Aber Erwachsene radeln auch gern auf Gehwegen. Wie auf dem nächsten Bild zu sehen. (Diese Aufnahmen habe ich bei anderer Gelegenheit gegen 17 Uhr gemacht.)  

Der Mann kam aus der Nebenstraße (Löwenstraße), überquert die Fußgängerfurt und fährt auf dem gegenüberliegenden Gehweg Richtung Markt hinunter. Er könnte auch anders fahren, und die vielen Radfahrendenden, die das tun, sehen wir hier nicht. Aber es sind doch recht viele, die ihren Weg durch Degerloch nur im Fußgängermodus über Gehwege finden.

Hier zeigt sich, dass Radfahrende, denen man keinen Platz anbietet, Fußgänger:innen auf Gehwegen extrem stressen. Und das nur, weil der motorisierte Verkehr drei Spuren für sich beansprucht, eine Parkspur, eine Fahrspur und eine Busspur. Fußgänger:innen haben teils nur extrem schmale Gehwege. Und auf denen tummeln sich auch noch Radler:innen, deren Ziele teils die Geschäfte selbst sind, die aber auch teilweise die kürzeste Strecke zischen Weinsteige und Markt suchen. Eine gute Radverkehrspolitik ist eben immer auch eine gute Fußgängerpolitik. Konsequente Polizeikontrollen wären aber im Sinne der Fußgänger:innen hier auch schon mal schön. 

Die Löwenstraße, die die Epplestraße quert, ist außerdem eine wichtige Radlerroute, und sie wurde in den fünf Minuten von drei Radlern genutzt. 

Eine Lösung für diese zentrale Ladenstraße Degerlochs ist nicht einfach. Autos haben hier zwar zwei Spuren, aber die rechte Spur ist dem Bus und dem Lieferverkehr vorbehalten. Sie hört vorne an der Ampel auf und kann von Radfahrenden mitbenutzt werden. Das führt aber dazu, dass Radfahrende sich vor der Ampel in den Autostau einreihen müssen. Sie haben keine Chance, rechts an den Autos vorbeizukommen, um auf den für Radler freigegebenen Gehweg Richtung Jahnstraße und an die Radlerampeln über die Obere Weinsteige zu kommen. Es sei denn, man hebt das Rad den Bordstein hoch und schiebt bis zur Fußgängerampel. 

Man kann hier nicht einfach sagen: Wir nehmen eine Autospur weg und schaffen einen Radstreifen, der das Radeln gegen die Einbahnstraße ermöglicht. Dann stünde der Bus auch im Stau. Man kann nur alle Parkplätze wegnehmen, um die Gehwege zu verbreitern und einen Radstreifen einzurichten. Das aber erzeugt bei etlichen Ladeninhaber:innen Angst, ihnen blieben die Kund:innen weg, obgleich man in den Nebenstraßen gut parken kann. Schon lange wird im Stadtbezirk diskutiert, diesen Teil der Epllestraße in etwas ganz anderes zu verwandeln, zum Beispiel in einen Shared Space, wo die Autos nicht mehr dominieren. Dann müssten auch alle Parkplätze weg und man müsste den Autoverkehr generell reduzieren, der hier durchdrängt. Eigentlich wäre die Albstraße dafür geeignet, doch die hat man auch wegen der Schule, aufwändig vom Durchgangsverkehr entlastet, den man dort nicht wieder zurückhaben will. (Autos will überhaupt niemand in den Straßen haben, aber alle, die eines haben, wollen selber mit dem Auto überall hin fahren.) Aber so lassen kann man das in der Epplestraße auch nicht mehr.  

Die Konsummeile zerstört ihre eigene Attraktivität, weil sie aufs Auto in fahrender und geparkter Form setzt, aber nicht auf Menschen zu Fuß oder auf dem Fahrrad. Die Gehwege sind schmal, für Außengastro und Aufenthaltsqualität ist kein Platz, eine Mauer von geparkten Autos begrenzt die Optik und Durchlässigkeit zur anderen Seite zusätzlich. Fußgänger:innen haben nur zwei Stellen, an denen sie die Straße über eine Fußgängerfurt queren können. Wenn sich hier im Abendverkehr die Autos stauen und dabei gerne auch auf der Fußgängerfurt stehen bleiben (Foto) und den Weg der Fußgänger:innen auch hier noch blockieren, nimmt die Lust ab, mal schnell die Straße zu überqueren, weil man drüben noch in einen Laden will. Fußgänger:innen sind ja ein duldsames Volk, aber ich höre, dass die Straße keine Freude macht, sondern eben gerade so ertragen wird, weil man nichts anderes hat. Vermulich verschenken die Händler:innen sehr viel Kundschaft und Umsatz, weil man sich hier an den Wänden entlang drückt, über Aufsteller und Gehweg-Felgenkiller für Räder stolpert, und dann drängeln sich da auch noch Radfahrende durch. 

Auch nicht einfach, aber immer noch das Einfachste wäre es nach meiner Einschätzung hier die Parkplatze wegzunehmen. Es gibt geschätzt 13 bis 14 Parkplätze, die mit Brötchentaste (also für eine halbe Stunde kostenlos) genutzt werden können. Die meisten Menschen, die hier mit dem Auto zum Einkaufen kommen, parken nicht hier, sondern in den Seiten- und Parallelstraßen, auch ein Parkhaus gibt es, außerdem einen großen Parkplatz. Geparkt werden kann, da fallen die 14 Plätze auf der Epplestraße nicht ins Gewicht. Und wenn sie ihr Gesicht ändern würde und für Menschen zu Fuß und auf dem Fahrrad angenehmer wäre, dann würden aus dem Degerlocher Umfeld sicher auch mehr Menschen zum Einkaufen mit dem Fahrrad kommen. Wer nicht alles in einer kostenlosen halben Parkplatzstunde erledigen muss, hat auch mehr Zeit zum Shoppen. In der Regel tut es Geschäften gut, wenn die Autos weniger und dafür die Menschen zu Fuß und auf dem Fahrrad mehr werden. Parkplätze sind echte Geschäftskiller. 


8 Kommentare:

  1. Ich fahre dort jeden Tag lang und glaube mir- Radfahrer sind sind das Problem, Fußgänger lenken nur gern ihren Zorn über die Gesamtsituation aus Hilflosigkeit auf die nächst Greifbaren: Und das sind eben die Radfahrer. Ich kann dir Tonnen von Videomaterial zusammen stellen, die zeigen, wie sehr der Autoverkehr die Menschen bedroht und gefährdet. Die 100m Busspur, die der Radverkehr mitnutzen darf, sind nett, aber das hat nichts mit Infrastruktur zu tun.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Busspur kann ich gar nicht nutzen da immer mit Autos zugestellt...

      Löschen
    2. Ja, Nichael, die Radfahrenden sind nicht das Problem, aber der Hass der Fußgänger:innen fokussiert sich auf sie, weil sie verlernt haben, die Autos als das eigentlich Störende und sogar viel Gefährlichere wahrzunehmen. Autos sind für uns in unserer Gesellschaft gegeben wie Häuser und Bäume, unverrückbar als Teil unserer täglichen Optik und Realität, aber Radfahrende kommen als Menschen daher, man kann ihnen ins Gesicht sehen und sie anraunzen und sie antworten sogar, manchmal eben auch unverschämt. Danke, dass du das noch mal herausgestellt hast, ich schreibe ja immer wieder darüber, dass wir die Störung und Gefahr durch Autos unterschätzen und die Gefahren und Störung durch Radfahrende völlig überschätzen.

      Löschen
  2. in Degerloch wohnend kenne ich die Situation sehr gut. Auch die Radler könnten
    durchaus einen Teil beitragen, denn der Weg über die Rubensstrasse ist zwar etwas
    länger, aber nicht langsamer, da man dort normal fahren kann. Diesen Weg müsse die
    Autos ja auch nehmen. Vieler Radler denken offensichtlich nur in gewissem Rahmen
    über Verkehrsführung und nehmen wie als Fussgänger gewöhnt den direktesten Weg. Bei
    unserer sehr hohen Verkehrsdichte ein Problem.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich fahre auch die Rubensstraße, alledings ist das Hinkommen nicht einfach, wenn man die Neue Weinsteige hochkommt und über die Eppletraße queren muss. Man hat nur einen schmalen Durchgang zischen U-Bahnaufgang und Tischen und Aufstellern. Der Weg ist für Radfahrende alles andere als gebahnt, und man muss ihn kennen. Und man kann die Läden nur von unten (vom Markt her) mit dem Fahrrad ansteuern. Das können zwar Autofahrende auch nur so tun, aber muss man Radfahrenden eigentlich solche indirekten Wege zumuten? Eigentlich sollte man es Menschen zu Fuß und zu Rad doch bequem machen, ihnen direkte Wege anbieten, statt nur den Autofahrenden jeweils die bequemen und kurzen Wege anzubieten.

      Löschen
  3. "Sie haben selber nie am Lenker in Autos gesessen und ahnen nicht, wie gefährdet sie sind, wenn sie Fehler machen."

    Das stimmt offensichtlich nicht. Sie wissen genau, wie gefährdet sie sind. Als Kind wurde ihnen das von ihren Eltern eingebläut. Bis kurz vor das Teenager-Alter mussten sie auf dem Gehweg Rad fahren und haben sich das eben angewöhnt. Zudem zeigt die geringe Unfallrate (vor allem die extrem wenigen schweren und tödlichen Unfälle) auf freigegebenen Gehwegen, auf gemeinsamen Geh- und Radwegen, auf verkehrsberuhigten Bereichen, auf Shared-Space-Flächen und auf Radwegen, die Fußgänger (illegal) mitbenutzen, dass die Gefahr beim Radfahren zwischen Fußgängern relativ gering ist.

    Im Gegenteil, zeigt sich in diesem Verhalten nicht intuitive Schwarmintelligenz? Die Leute stimmen mit den Füßen (bzw. mit den Pedalen) ab, wo das Optimum aus schnellstmöglichem Vorankommen, Gefahren-Minimierung und Komfort-Einbußen für andere Verkehrsteilnehmer liegt.

    Auch hart antrainiert: Autofahrer, Lokführer, Kapitäne und Piloten darf man auf keinen Fall behindern oder ausbremsen. Ausbremsen und Behindern anderer Verkehrsteilnehmer wird von Politik, Verwaltung, Rechtsprechung, Polizei und Bevölkerung allgemein toleriert.

    Dabei kommen dann eben raus, dass sich der ungeliebte Restverkehr am engen, schmalen Rand drängt und auf die Füße tritt.

    Zudem ist keine klare Linie der politischen Gremien und der Verkehrsbehörde erkennbar, unter welchen Voraussetzungen sie einen Gehweg für Radfahrer freigeben und wann nicht - an den Verwaltungsvorschriften orientiert man sich da offensichtlich nicht. (Siehe dazu direkt Deinen letzten Blogbeitrag).

    Gibt es in Stuttgart zudem nicht mehr gemeinsame Verkehrsflächen für Fuß- und Radverkehr als reine Radwege, Radfahrstraßen und Radschnellwege? Warum wundert sich da ernsthaft jemand, dass Radfahrende auch Gehwege mitbenutzen?

    Dazu kommt Dein immer wieder (zuletzt am 1.8.2021) vorgebrachtes (und nach meiner Einschätzung nicht stichhaltiges) Argument, dass Radfahrer grundsätzlich Ampeln und Verkehrsschilder übersehen, die (aus gutem Grund vorschriftsmäßig) so weit oben angebracht sind, dass sie nicht ins Lichtraumprofil ragen. Nach diesem Argument kennen Radfahrer ja gar nicht den Unterschied zwischen freigegebenem und verbotenem Gehweg.

    Fragt doch mal die Ladenbesitzer, die so auf den Autoverkehr schwören, ob die Stadt nicht konsequent sein sollte: die Gehwege komplett abschaffen, jedem Laden seine ein, zwei KFZ-Parkplätze direkt vor der Ladentür und den Kfz-Verkehr könnte man mit einem weiteren Fahrstreifen fördern und noch mehr KFZ-Verkehr induzieren. Das muss doch ihr Traum sein! ;-)

    AntwortenLöschen
  4. Die Ladenbesitzer würden den längst widerlegten Parkplatz-Unsinn ja nicht so unentwegt daherbringen, wenn er ihnen nicht immer wieder von ihren Verbandsoberen, (Lokal)Politikern, Autolobbyisten (die oftmals das alles gleichzeitig sind) etc. eingebläut würde.

    AntwortenLöschen
  5. ich wäre ja dafür, dass mehr vernünftige Radfahrer die Falschfahrer ansprechen und sagen wo es lang geht. Ich mach das jedenfalls fast immer. Sicherlich bekommt man dumme Sprüche, udn Ignoranz zurück, manchmal auch Schläge angedroht, dann zeig ich noch selbstbewusst wohin ichs gerne hätte und fahre weiter.

    Man sollte sich ein paar flotte Sprüche vorbereiten, die man zutreffend sagen kann.

    Traurig ist eigentlich nur die Tatsache, dass ich bei den Falschfahrern manchmal auch Aufkleber des ADFC am Rad sehe.

    -Anonymous von woanders-

    AntwortenLöschen