Der VCD fordert ein Bundes-Moblkitätsgeseetz, das den Verwaltungen hilft, Verkehrsentscheidungen umweltgerecht zu fällen.
Von unserer Straßenverkehrsordnung wünschen wir Fußgänger:innen und Radfahrer:innen uns eine Änderung der Prioritäten. Bisher dient sie nur dazu, den Autoverkehr zu regeln, zu erleichtern und flüssig zu halten. Das zu Fuß Gehen und Rad Fahren wurde in sie nur als Regelwerk eingebaut, damit sie den Autoverkehr nicht stören. Menschen zu Fuß und auf Fahrrädern werden an den Rand der Straßen gedrängt und immer wieder angehalten und zum mehr oder weniger langen Warten gezwungen, nur damit der Autoverkehr so wenig wie möglich angehalten werden muss. Sogar ehemalige Automanager und Ökonomen fordern inzwischen ein Umdenken. Wir halten ein 24 Stunden am Tag ein teures Straßennetz bereit, das nur an fünf Stunden des Tages ausgelastet ist. Den Rest der Zeit verwandelt es sich in eine gigantische Asphaltwüste, die Kreuzungsflächen sind zu groß, die Straßen zu breit. Fußgänger:innen werden an den Rand gedrängt und eingeschüchtert. Und die Regeln für den Radverkehr passen nicht zu dieser besonderen Art der Fortbewegung.
Wenn wir ernsthaft verhindern wollen, dass unser Klima kippt (und die Zeit wird sehr knapp dafür), muss der selbstaktive Verkehr (Rad und Füße) Vorrang vor der Flüssigkeit des Autoverkehrs bekommen.
Der VCD fordert als Ziel eines Bundesverkehrsgesetzes Klimaneutralität. Ohne den Radverkehr wird die Verkehrswende nicht gelingen, sagt auch Gudrun Zühlke vom ADFC Baden-Württemberg im SWR.reduziert werden. Der Verkehr muss platzsparend und naturschonend organisiert werden.
Unpassende Regeln für den Radverkehr müssen geändert werden. Dabei geht es nicht darum, dass Radfahrende mit der Platz-da-Mentalität von Autofahrenden unterwegs sein können sollten, sondern um den Respekt vor den Eigenheiten des Radverkehrs. Er muss nicht so oft zum Stillstand gebremst werden, wie wir das in unserer aufs Auto getrimmten Verkehrswelt derzeit tun. Er darf nicht auf die Steilstrecken abseits der Fahrbahnen (mit mäßiger Steigung) verwiesen werden, die Strecken müssen leicht und flüssig befahrbar sein. Er muss sich überall einheitlichen Regeln, Ampeln und Kreuzungsorganisationen gegenüber sehen.
Derzeit behandelt man Radfahrende entweder wie Fußgänger:innen mit zwei Rädern oder wie Autofahrende, aber nur sehr selten wie Radfahrende. Wie Fußgänger:innen sollen sie rechtwinklige Kurven nehmen, auf schmalen Verkehrsinseln mehrzügiger Fußgängerampelanlagen warten oder Bordsteine überwinden. Wartezeiten an Ampeln sind für Fußgänger:innen und Radfahrende vielerorts sehr lang, dauern mehrere Minuten. Ist keine Radinfrastruktur vorhanden, sollen sie im Mischverkehr mit Autos fahren und bekommen zu spüren, dass sie vom Autoverkehr als zu langsam empfunden werden. Außer in Tempo-30-Zonen sind die Geschwindigkeiten auf Fahrbahnen zu hoch angesetzt und Radfahrende geraten in Stress, weil sie sich vom Autoverkehr oft genug bedrängt sehen.
Radfahrende werden zu oft angehalten. Das an Ampeln Halten und Herumstehen ist für Radfahrende extrem unbequem. Sie müssen einen Fuß auf den Boden stellen, reichen aber bei richtiger Einstellung des Sattels nur mit der Fußspitze auf den Boden. Wir haben zwar in Stuttgart manchmal Handgriffe an Masten, aber da kann bloß eine:r sich festhalten. Wenn wir an allen Haltelinien Aufstellflächen für den Fuß in Höhe eines Bordsteins aufstellen würden, würden wir das Anhalten und Warten an Ampeln bereits für Radfahrende entstressen und angenehmer machen und damit auch mehr Regeltreue erzeugen. Als ich mal eine Woche mit einem Cruiser unterwegs war, wo ich die Füße flach auf den Boden stellen konnte, waren mir Ampelstopps ziemlich egal, ich saß ja. Und man bedenke, Autofahrende halten und warten auch nicht gern an Ampeln, aber sie sitzen wenigstens, und der Start kostet sie keine Köperkraft.
Radfahrende müssen am meisten Kraft beim Start aus dem Stillstand aufwenden (das gilt für Pedelecfahrende und Normalradfahrende gleichermaßen, den Pedelecs geben ihre elektrische Kraft erst ab einer Viertelumdrehung des Rades dazu). Deshalb vermeiden es alle Radfahrenden anzuhalten, sie können aber ihr Tempo sehr weit drosseln und rollend abwarten, bis ein Fußgänger rüber ist oder eine (Fußgänger)-Ampel grün wird. Dieser rollende Stopp ist eine gängige Methode, die fast alle Radfahrenden anwenden und die man bei der Verkehrsplanung und -politik ruhig auch mal berücksichtigen kann.
Um das Anhalten zum Stillstand mit Fuß auf den Boden und den Start von Null an roten Ampeln zu vermeiden, schlängeln sich etliche Radler:innen auf abenteuerliche Weise (und natürlich regelwidrig) über Gehwegecken, Fußgängerfurten und Fahrbahnen. Sie suchen sich gewissermaßen wie Wasser einen Weg, den sie fließen oder eben rollen können. Der grüne Pfeil, der das Rechtsabbiegen bei roter Autoampel erlaubt, ist ein Versuch, dem Rechnung zu tragen, aber er hängt ja fast nirgendwo und die Vorschriften verlangen auch hier, dass der Radler erst einmal anhält, bevor er gleich wieder losradelt.
Radfahrende brauchen keine Ampeln, die braucht nur der Autoverkehr, weil sich sonst die Autos auf den Kreuzungen stapeln und gegenseitig blockieren. Der Radverkehr ist schmal und kommt fast überall durch. Er blockiert sich auch nie gegenseitig. Radfahrende arrangieren sich mit Blickkontakten, und auch Fußgänger:innen können den Radverkehr queren, denn auch sie nehmen kaum Raum ein. Rad- und Fußverkehr kann sich, dort, wo er sich kreuzt, mit Hilfe von Blickkontakten und aufeinander abgestimmtem Tempo sehr leicht durcheinander fädeln. Das zeigt sich bei der Critical Mass, wenn Fußgänger:innen durch den Tross queren. Das Rechtsabbiegen ist für den Radverkehr eigentlich immer möglich, vor allem dort, wo es Radstreifen gibt, egal, was die Autoampel zeigt. Und dabei werden auch Fußgänger:innen nicht totgefahren, auch wenn das die beständige Angst unserer Verkehrsbehörden zu sein scheint.Dem Radverkehr muss der Grund zum Trotz und regelwidrigem Verhalten genommen werden. Momentan sind Radfahrende an den vielen Stellen, die für sie überhaupt nicht radgerecht organisiert sind, regelwidrig und mit einer gewissen Trotzhaltung unterwegs ("Für mich tut ja keiner was, also muss ich mir den Weg selber suchen"). Je besser eine Radinfrastruktur ist (durchgängig, gut befahrbar, einleuchtend und intuitiv verständlich, und vor Missbrauch durch Autofahrende geschützt), desto weniger Regelverstöße begehen Radfahrende insgesamt, so die Erfahrungen aus Dänemark. Wenn in den Niederlanden die Behörden beobachten, dass Radfahrende oder Fußgänger:innen an einer bestimmten Stelle die Regeln verletzen, schaut man, was man tun muss, damit sie das nicht mehr tun, und ändert die Situation.
Regeln, die als unsinnig empfunden werden, werden gern übertreten. Das erzeugt leider die in unserem Straßenverkehr sehr typische Haltung, dass man bei Regeln selber abwägen darf, ob sie jetzt gerade für mich gelten oder nicht, und widerspricht dem Prinzip von Regeln. So sind wir in unserem Straßenverkehr in ein allgemeines Auslegen von Regeln hineingeraten, die für mein Gefühl manchmal anarchische Züge annimmt. Übrigens eben gerade nicht nur bei Radfahrenden. Wenn ich mir so anschaue, wie unendlich viele Autofahrende noch durchfahren, auch wenn ihre Ampel schon Rot ist, mit dem handy in der Hand telefonieren oder auf Geh- und Radwegen ihr Auto abstellen, scheint mir der Grimm über Radfahrende, die bei Rot fahren, ziemlich scheinheilig.
Der Autoverkehr ist das gewalttätigste Element und Prinzip in unserem Straßenverkehr, denn Blech ist immer stärker als Haut und Knochen. Der Radverkehr ist kein gewalttätiger Verkehr, noch weniger Bedrohung für die Gesundheit anderer geht vom Fußverkehr aus. Was töten kann - und der Autoverkehr tötet ganz direkt jedes Jahr 3000 Menschen (indirekt noch mehr) - muss konsequent reglementiert werden, damit die Gefahr minimiert wird. Und die Einhaltung der Regeln muss auch kontrolliert und durchgesetzt werden. Für den Autoverkehr braucht es Geschwindigkeitsbegrenzungen und Ampeln. Für den Fuß- und Radverkehr, braucht es das im Prinzip nicht (es sei denn, sie verschaffen ihm Wegerecht gegenüber dem Autoverkehr), und nur bergab fahren die normale Radler:innen schneller als 30 km/h. (Nur der motorisierte Radverkehr (Pedelecs) braucht Geschwindigkeitsbegrenzungen, die in den Pedelecmotoren aber schon eingebaut sind. S-Pedelcs dürfen nur Autostraßen benutzen.)
Unser größtes Problem ist die Schnelligkeit des Autoverkehrs in für ihn unübersichtlichen Situationen. Beispielsweise wird zu schnell nach rechts in eine Seitenstraße abgebogen. Die großen Kurvenradien, mit denen man Autos von Vorrangstraßen abbiegen lässt, dienen nur dazu, das abbiegende Auto möglichst schnell und ohne den nachfolgenden Verkehr auszubremsen von der Vorrangstraße runter zu bekommen. In diesem, für etliche Autofahrende, stressigen Vorgang (ich darf hinterm mir niemanden ausbremsen), werden Radfahrende auf Radwegen und Radstreifen nicht rechtzeitig gesehen. Das gilt auch für Ausfahrten aus Kreisverkehren. Das Risiko tödlicher Unfälle ist an Kreuzungen für Radfahrende auf baulich von der Fahrbahn getrennten Radwegen viel zu hoch.
Radler:innen müssen sich außerdem endlich einem einheitlichen System von Verkehrsführung und Ampelanlagen gegenübersehen. Der ständige Wechsel zwischen Fahrbahn, Gehweg und Radweg und Radstreifen führt dazu, das Radfahrende sich nicht an Anordnungen orientieren, sondern an ihrem persönlichen Durchkommen. Dazu gehört auch ein ständiger Aufmerksamkeits-Wechsel zwischen Fußgängerampeln mit Radzeichen, die auf der gegenüberliegenden Seite stehen, und Auto- bzw. Fahrradampeln, die an der Haltelinie stehen. Die an jeder Kreuzung neu zu stellende Frage, welche Ampel gilt jetzt für mich?, führt sogar dazu, dass Radampeln übersehen werden und Radfahrende sich gewohnheitsmäßig an für sie sichtbaren Fußgängerampeln orientieren und dadurch in Gefahr geraten. Auch weil sie wissen, dass es unter Umständen ungefährlicher ist, aus de Fahrbahn heraus mit dem parallelen Fußgängergrün zu starten, auch wenn die Autoampel noch Rot zeigt.
Meine Vorschläge für gesetzliche Regelungen in einem neuen Bundesmobilitätsgestz:
- Für den Radverkehr gibt es überall, wo das nötig ist, eigene Ampeln, weder Fußgängerampeln noch Autoampeln gelten für ihn. Sie sehen auch immer gleich aus, haben die gleiche Größe und hängen gut sichtbar in Blickrichtung der Fahrrichtung.
- Der Grünpfeil wird zur Regel (und muss deshalb nicht aufgehängt werden), Rechtsabbiegen ist für einspurige Fahrräder mit der gebotenen Vorsicht immer erlaubt, genauso wie das Geradeausfahren an T-Kreuzungen.
- Für Radfahrende gilt der Rolling Stop, der rollende Stopp. Stoppschilder können sie langsam rollen anfahren und überfahren, wenn es die Verkehrslage erlaubt.
- Das gilt auch für beampelten Fußgängerfurten. Dort müssen Radfahrende zwar langsam fahren, aber nicht anhalten, sofern sie keine Fußgänger:innen behindern oder gefährden. Das gilt auch beim Heranfahren an Zebrastreifen, und dafür gibt der Autoverkehr Raum her.
- Radfahrstreifen enden nicht vor einem Kreisverkehr oder einer Kreuzung, sondern führen durch den Kreisverkehr und in alle Richtungen über die Kreuzungen.
- Entlang aller Fahrbahnen, auf denen Tempo 40 und schneller gefahren werden darf, gibt es Radfahrstreifen oder Radwege.
- Rad- und Fußverkehr wird nicht gemischt. Der Radverkehr teilt sich nie den Gehweg mit Fußgänger:innen. In Fußgängerzonen können Ausnahmen gemacht werden, hier passt sich der Radverkehr dem Fußverkehr an und fährt langsam.
- Mit baulichen Maßnahmen wird der Radverkehr vor Abbiegeunfällen geschützt (Kurvenradien werden so verändert, dass der Autoverkehr vor dem Abbiegen wirklich abbremsen muss).
Ganz allgemein muss man sich beim Bau von Radinfrastruktur an den besten (! dort ist auch nicht überall alles perfekt) Beispielen aus den Niederlanden orientieren.
AntwortenLöschenDies hier z.B.: "Kurvenradien werden so verändert, dass der Autoverkehr vor dem Abbiegen wirklich abbremsen muss", muss unbedingt durch eine bauliche Erhöhung des durchgehenden Radwegs plus leichte Verschwenkung, damit ein wartendes Auto Platz hat, ergänzt werden.
"Radfahrstreifen enden nicht vor einem Kreisverkehr sondern führen durch den Kreisverkehr." Das beispielsweise halte ich für sehr problematisch und wird in den Niederlanden nie so gemacht. Ein Kreisverkehr funktioniert immer nur für eine Verkehrsart. Radwege müssen weiträumig daran vorbeigeführt werden, die Kreuzungspunkte sorgfältigst designt.
Die niederländische Politik muss aber unbedingt ins 21.Jahrhundert geführt werden, indem man den Autoverkehr nicht nur durch Pull-, sondern vor allem auch Push-Maßnahmen (aka Verbote!) drastisch reduziert und so auf der existierenden Infrastruktur Platz schafft. Es kann nicht sein, dass Radfahrern die direktesten, geradesten, flachsten und klarsten Verbindungen faktisch oder offiziell verboten werden, weil man diese dem Autoverkehr übereignet hat, und Radfahrer systematisch auf erheblich längere, umständlichere, steilere und schwieriger zu findende Ersatzrouten gezwungen werden.
Jörg
AntwortenLöschenDas erste Bild oben ist OK. Schöner wäre was von der Heilbronner Straße, Kriegsbergstraße, Fridrichstraße gewesen.
Das bringt mich schon zu meiner Ergänzung. Es muss an jedem Straßen möglich sein flüssig Rad zu fahren. Ausnahmen bei engen Altstadtgassen und Autobahnen darf es ruhig geben. Der Rad- Fußweg an Tal-, Flußquerungen, Autobahn- und Eisenbahnlinienquerungen an Autobahn und Eisenbahnbrücken /-tunneln dürfte gerne dabei sein.
hört sich super an.
AntwortenLöschenhab's gleich meinen verwandten erzählt, bei denen ich gerade zu besuch bin und gesagt, sie sollen das ja bei der kommenden wahl berücksichtigen.
fragende gesichter.
ach, hab ich evtl. vergessen:
die familie wohnt im saargebiet.
Tagchen! die eine Sache stimmt mich nachdenklich. Wieso sollte der Grünpfeil nur einspurigen Fahrrädern gelten? Die meisten zweispurigen Fahrräder sind nicht breiter als ein Kinderanhänger.
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