Heute wird Radfahren in Stuttgart 9 Jahre alt. Seit 2013 poste ich meine Sicht auf das Radfahren in Stuttgart und manchmal auch anderswo in diesem Blog.
Der Artikel vom 10. Juni 2013 ist nicht mehr erhalten, ich habe ihn irgendwann gelöscht (aber ein Kommentator hat mir den Link jetzt geschickt), als es eine Havarie gab. Er handelte von der Frage, warum Radfahrende immer - also so oft - bei Rot fahren. Die Antwort: Weil sich die Infrastruktur so oft ändert - mal Radweg, mal Radstreifen, mal Gehweg, mal Fahrbahn, mal Autoampel, mal Fußgängerampel, dann wieder Radlerampel, dass Radfahrende sich angewöhnt haben, sich ihren Weg zu suchen und mehr auf den Verkehr als auf die Verkehrszeichen achten.
In den neun Jahren habe ich knapp 1800 Post geschrieben, auf die 3,22 Millionen Mal zugegriffen wurde.
Meine erfolgreichsten Artikel waren im Lauf der Jahre vor allem die, in denen ich Radunfälle beschrieben habe, bei denen Menschen ums Leben kamen, oder auch meinen eigenen Unfall. Wobei sich der Erfolg in Zugriffszahlen bemisst. Mein erfolgreichster Artikel war 2017 der über die Uneingeschränkte Macht der Straße, der der 74 233 Mal angeklickt und wenigstens teilweise gelesen wurde und 78 000 Aufrufe meiner Seite erzeugte. Im selben Jahr wurde das Paket für Falschparker fast 11 000 Mal aufgerufen und erzeugte zudem ein großes Medienecho, nicht nur national, sondern auch international. Es ging um die Verpackung von Eckenparkern durch den Zweirat, an den ich die Medienanfragen weitergeleitet habe. Dass mich letztes Jahr ein Autofahrer umgebügelt hat, fanden rund 8.500 von euch Leserinnen und Lesern interessant. In der Regel werden meine Artikel - wenn sie nicht so spektakulär sind, so wie dieser hier - von kanpp 1000 Menschen pro Tag aufgerufen. Ob sie auch gelesen werden, ist eine andere Sache. Was mich immer wieder erstaunt ist, dass es auch entweder gezielte oder nur zufällige Aufrufe meines Blogs weltweit gibt. Die Verteilung seht ihr hier im Bild.Bei Facebook habe ich 2262 Follower:innen. Hier entwickeln sich die schärfsten Diskussionen, wenn es um Verkehrsregeln gilt und insbesondere Radfahrende, die sich irgendwie mal nicht an Regeln gehalten haben, oder wenn Autofahrende sich angegriffen fühlen.
Ihr fleißigen Leserinnen und Leser meines Blogs habt mich mit fast 16 000 Kommentaren beglückt, belehrt oder auch kritisiert. Ein Blog braucht Kommentare. Unsere Diskussionen verlaufen meistens sachlich und tragen dazu bei, dass ich Informationen bekomme und was dazulerne. Vielen Dank dafür.
Auch einige Auszeichnungen habe ich für mein Blog bekommen, darunter 2016 den 2. Platz beim Deutschen Fahrradpreis.
In den ersten Jahren diente das Blog auch dafür, die fleißig über Stuttgart verstreuten Radfahrerinnen und Radfahrer auf eine Plattform zu versammeln, wo man sich verständigen kann und versteht.
2015 haben wir gemeinsam mit dem ADFC und Initiator:innen der Critical Mass mit Stopp-Schild-Partys dafür demonstriert, dass ein Stoppschild für Radfahrende in der Tübinger Straße umgedreht wurde, damit es für Autofahrende gilt, und hatten Erfolg damit. Inzwischen gibt es viel mehr auch in den sozialen Medien präsente Player in Stuttgart, die sich für mehr Radverkehr und eine deutliche bessere Radinfrastruktur einsetzen. Der Zweirat kam dazu, der den Radentscheid angestoßen und Unterschriften gesammelt hat, aus dem ein Zielbeschluss des Gemeinderats hervorging. In Sachen Rad- und Fußverkehr agieren in Stuttgart jetzt Zweirat/Radentcheid, ADFC, VCD, RiS und Fuß e.V. Die Critical Mass organisiert jeden 1. Freitag im Monat eine Ausfahrt, an der heutzutage schnell auch mal über 2000 Radler:innen zusammenkommen. Am vergangene Freitag waren es rund 1000, und es war der Stuttgarter Zeitung ein Bericht wert. Die Radkultur ist in Stuttgart doch sehr lebendig, auch fordernd und streitbar. Das ist schön.
Auf politischer Ebene ist man nicht ganz so vorne dran. Fortschrittliche Verwaltungsvorschläge für Radwege scheitern viel zu oft in den Bezirksbeiräten und/oder im Gemeinderat. Die grün-soziale Mehrheit steht da nicht immer. Auch so manche neue Verkehrsplanung mutet dann doch wieder sehr wie ins vorige Jahrhundert zurückgefallen an, etwa die der Kreuzung an der Friedrichswahl. Die Debatten über Parkplätze und Autofahrspuren, die wegfallen sollen, verlaufen jedes Mal hochemotional, man merkt, hier geht es um mehr als nur die vernünftige Abwicklung von Verkehrsarten. Hier geht es einerseits um die Rettung der Autogesellschaft und andererseits um die Rettung des Klimas (das nebenbei bemerkt unsere Rettung nicht braucht, aber wir brauchen ein verträgliches Klima).
Ich bin sicher, die Bürger:innen sind da weiter als die Politik, sie wünschen sich weniger Autos und mehr Platz fürs Fahrrad und den Fußverkehr, sie wünschen sich leisere und ungefährlichere Städte, in denen Autos nicht alles beherrschen, doch die werden nicht so laut wie die, die für ihren Parkplatz und ihre Grüne Welle streiten. Das muss sich allerdings zügig ändern. So wie heute können unsere Städte - auch Stuttgart - in 5 bis 10 Jahren nicht mehr aussehen, denn alle haben sich Zielmarken für Klimaneutralität gesetzt, auch Stuttgart. Und die erreichen wir nur, wenn wir immer und überall den CO2-neutralen Verkehrsarten und Verhaltensformen den Vorrang geben, immer und ohne Ausnahme.
"Die Antwort: Weil sich die Infrastruktur so oft ändert - mal Radweg, mal Radstreifen, mal Gehweg, mal Fahrbahn, mal Autoampel, mal Fußgängerampel, dann wieder Radlerampel, dass Radfahrende sich angewöhnt haben, sich ihren Weg zu suchen und mehr auf den Verkehr als auf die Verkehrszeichen achten."
AntwortenLöschenFazit: viel hat sich nicht getan in der Zeit. Vor allem hat sich an den Grundproblemen nichts gebessert.
Und das ist die Schuld derer, die trotzdem sie Verantwortung tragen, die Grundprobleme nicht vestehen, ja nicht verstehen wollen. Siehe z.B. die jüngsten Äußerungen des Kanzlers Olaf Scholz zu den Klimaprotestierenden, laut beklatscht übrigens in Stuttgart.
Das Grundproblem hat sich nicht geändert (Warum hört der Radweg einfach auch?), allerdings haben wir doch durchaus viel Radinfrastruktur dazu bekommen. Fällt uns nur nicht so auf, weil an vielen Stellen eben auch viel fehlt. Aber wenn ich mir überlege, wie ich 2006 noch durch Suttgart geradelt bin, und dann 2013 auch noch, und wie wenige Radler:innen unterwegs waren, dann hat sich doch viel verändert.
LöschenLiebe Christine,
AntwortenLöschenich bin immer wieder beeindruckt, wie viele aktuelle und relevante Beiträge Du in diesem Blog bringst. Das ist meines Erachtens eine wichtige Stimme in der deutschen Fahrradszene und geht oft weit über die Stuttgarter Lokalpolitik hinaus.
Was mir gut gefällt, ist die pragmatische und unideologische Herangehensweise. Man merkt, dass Du im Gemeinde- und Bezirksrat immer wieder vor die unsichtbare Wand läufst, wo selbst im "fortschrittlichen" Lager keine Mehrheiten für substantielle Veränderungen zu erreichen sind, weil der autofahrende Status Quo so sehr in allen Köpfen drinsteckt.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Durchhaltevermögen und sei versichert: Deine Arbeit wird sehr geschätzt und gibt uns immer wieder Mut, an die Veränderung zu glauben und die vielen kleinen Schritte zu gehen.
Danke, Matthias. Ich bin auch immer wieder ganz hingerissen von euch, den Kommentator:innen, die so viele beizutragen haben.
LöschenHerzlichen Glückwunsch zum Geburtstag RiS. Wie wärs mit einer Jubiläumsfeier nächsten Jahres im Merlin? Organisiert vom Zweirat ähnlich wie in seinen Anfängen? Vielleicht im Stile eines Interviews, Schönes, Skuriles, Erfolgreiches, Witziges, Aufreger (ich freu mich immer wenn du die weibliche Perspektive auf Radverkehr bemühst und das ausgerechnet auf Stuttgart beziehst ;-) ) Ein paar Stellwände mit Blog-Highlights? Welche Bedeutung für unsere lokale Radkultur und Agenda Setting, Ausblick.....da kann man sicher einen schönen Abend gestalten. Zweirat + Christine, wie gefällt euch die Idee?
AntwortenLöschen...wär sogar ein Samstag! Läuft...
Löschenund hier das kleine Geburtstaggeschenk ;-) https://dasfahrradblog.blogspot.com/2013/06/psychologie-des-radfahrers-welche.html
LöschenDanke für den Link, habe ihn oben in den Text eingebaut.
LöschenGute Idee. Mal sehen, ob wir das hinkriegen. Dass der 10. Juni nächstes Jahr auf einen Samstag fällt, ist natürlich praktisch.
AntwortenLöschenLiebe Christine, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag auch von mir. Ich lese deine Beiträge alle mit großem Interesse. Danke für deinen Einsatz!!! viele Grüße Uschi aus Cannstatt
AntwortenLöschenGlückwunsch Christine und weiterhin viel Stoff zum Niederschrei(b)en. Warum Radfahrer eigentlich so oft bei Rot fahren habe ich bei Twitter ganz gut beschrieben (wobei "oft" ja gar nicht stimmt, denn die meisten Radfahrer unterwerfen sich ganz selbstverständlich). https://twitter.com/Micha31281963/status/1326572339153281024?s=20&t=zzySDtf72XSeGqlLmgndCA
AntwortenLöschenHerzlichen Glückwunsch und danke für die Mühen - off- wie online. Ich wünsche Dir viel Kraft für alles und allzeit sichere Fahrt!
AntwortenLöschenGrüße, Georg
Etwas nachträglich, jedoch umso dankbarer für Deinen Blog RiS liebe Christine :-)
AntwortenLöschenUnd Glückwunsch zum 10jährigen !!! :-)))