Ob ein Mensch im Auto mich als Radlerin nicht mag oder aber selber Rad fährt, merke ich an den Überholvorgängen.
Obgleich etliche Menschen am Wochenende auch mal Rad fahren, verhalten sie sich in ihren Autos oft nicht so, als wüssten sie, wie Radfahrende sich fühlen. Ich vermute, es hängt damit zusammen, dass Ausflugsradler:innen im Freizeitmodus unterwegs sind, an schwierigen Stellen auf dem Gehweg radeln oder sich zu zweit oder in größeren Gruppen auf der Fahrbahn sicher fühlen.
Wir aber radeln meistens allein unsere Alltagswege. Seit ich viel Rad fahre, fahre ich auch mit dem Auto anders. Ich schaue mich mehr um, ob von irgendwoher Radfahrende kommen, ich bleibe am Berg ganz weit hinter einem Radfahrer, damit er sich nicht gehetzt oder bedrängt fühlt (nützt meistens nix, er/sie weicht irgendwann doch auf den Gehweg aus), biege nicht noch schnell vor dem entgegenkommenden Radler nach links ab und überhole weiträumig und ohne den Motor in ein zorniges Beschleunigungsgeräusch zu versetzen.
Auf Facebook habe ich eine Grafik gesehen, die anhand des Überholabstands die Autofahrenden in solche einteilt, die Radfahrende nicht respektieren, die Radfahrende respektieren, die Radfahrendem freundlich gesinnt sind und solche, die selber Radfahren, und die Grafik mit meinen eigenen Bordmitteln nachgebaut.Wenn ich meine Fotos durchgehe finde ich aber auch genügend Bilder von Realsituationen, die die unterschiedlichen Hass- bzw. Freundlichkeitsgrade gegenüber mir selbst oder anderen Radfahrenden zeigen. Auch hier sehen wir links oben einen ausgesprochen verächtlichen Überholvorgang (während ein Radler außerdem noch entgegenkommt), rechts oben sieht man minimal respektvollen Abstand von ca. 1 m zu mir und der Radlerin vor mir, links unten immerhin für mich stressfreie 1,5 Meter und rechts unten das Fahrzeug, dass wirklich auf die andere Spur wechselt. Und wenn Autofahrende das rechtzeitig tun (das sehe ich in meinem Fahrradrückspiegel), dann bleibe ich auf meinem Rad völlig entspannt.
Übrigens hilft es umgekehrt, wenn Radfahrende mal Auto fahren, vor allem in stockfinsterer Nacht. Dann erkennen sie nämlich, dass man im Auto Fahrräder ohne Beleuchtung wirklich nicht sieht oder erst im allerletzten Moment. Und sie erfahren selber, wie schockschwierig es ist, wenn man Grün bekommt und nach rechts abzubiegen beginnt und dann von rechts hinten doch noch ein Radfahrer auf dem Radstreifen angeschossen kommt, der Vorrang hat. Oder dass man im Auto wirklich nicht sieht, dass die Radlerin, die am Rand des Kreisverkehrs herumfährt, noch weiter herumradeln will (Handzeichen wären da halt sehr hilfreich). Andererseits würden Autofahrende vielleicht nicht noch schnell aus einer Vorfahrt-achten-Straße preschen oder erst im letzten Moment bremsen, wenn sie von der Seite kommen, wenn sie selber öfter alltagsmäßig Rad fahren würden. Ich muss in letzter Zeit öfter bremsen, weil ein Autofahrer mit die Vorfahrt nimmt im Glauben, ich sei ja ganz langsam und hinter mir wolle er/sie auf keinen Fall herfahren müssen.
Und Fußgänger:innen, die öfter mal Rad fahren, würden wissen, dass sie über einen Zebrastreifen einfach in ihrem Tempo rüber gehen können und bitte nicht ängstlich stehen bleiben, wenn sie ein Fahrrad kommen sehen. Dann bremse nämlich auch ich zum Stillstand, und alle stehen und schauen sich erschrocken an. Natürlich würden auch Radfahrende, die selber öfter mal zu Fuß gehen, schnell merken, wie lästig und teils echt unverschämt (bimmelnd und viel zu schnell) Gehwegradler:innen sind, und dass man sich erschrickt, wenn ein Alltagspendler mit 25 bis 30 km/h im Schlossgarten im Abstand von einem halben Meter vorbeiprescht.
Und abgesehen davon, dass wir uns durch Rollen- und Verhaltenswechsel eine Vorstellung machen können, wie uns die jeweils anderen in unserer Verkehrswelt sehen, so machen wir ja auch alle mal Fehler, schätzen eine Situation falsch ein oder verletzen aus Hast oder sonstigen Gründen eine Verkehrsregel. Klar sind die Fehler der Autofahrenden gefährlicher als unsere oder gar die der Fußgänger:innen, dennoch ist Fehler Machen menschlich und niemand ist frei davon. Nicht jedes Manöver von Autofahrenden, das bei uns Schrecken auslöst, ist so böse gemeint, wie es in diesem Moment aussieht. Mehr Respekt oder auch Freundlichkeit aller Verkehrsteilnehmenden allen anderen gegenüber täte uns gut. Und:
- In großem Abstand überholen: Autofahrende die Radfahrenden, Radfahrende die Fußgänger:innen
- Nicht auf Gehwegen radeln, nicht auf Gehwegen parken
- Für andere berechenbar fahren (Auto und Rad).
- Richtungswechsel anzeigen (blinken, Hand rausstrecken).
Meine subjektive Erfahrung ist, dass wenn mich auf Landstraßen ein Auto nach dem anderen überholt: wenn ich bei dem ersten, der anständig überholt, kurz die Hand als "Dank" rausklappe, überholen die folgenden mit ähnlich anständigem Überholen. Ob sie es ohnehin gemacht hätten, kann ich natürlich nicht sagen. Vermutung also: wenn was gut läuft, auch mal bedanken. Auch wenn es schwer fällt ;-)
AntwortenLöschenAuf der anderen Seite sprichst du auch einen sehr wichtigen Punkt an: das Verhalten von Radfahrenden. Hier beobachte ich Situationen, nach denen ich so manchen hasserfüllten Kommentar auf Insta/FB nur zu gut nachvollziehen kann.
Letzte Woche erst wieder - ein Rennradfahrer fährt ohne den Ansatz von Bremsen über eine rote Ampel. Oder: Büsnau bergauf, Radweg begleitet die Straße - Radfahrer aber auf der Straße, dahinter Autoschlange. Oder, oder oder...
Insbesondere bei den Lieferdiensten ist mir die Respektlosigkeit gegenüber Verkehrsregeln aufgefallen. Klar haben sie es eilig, aber vielleicht sollten sie bei Einstellung erstmal ein paar Grundregeln lernen.
Sitze selbst ca. 10h pro Woche im Sattel und versuche aber schon, mich an alle Regeln zu halten - und ja, dazu gehört auch das Anhalten am Zebrastreifen.
Wobei ich mir bei allen Regelverstößen die Frage stelle: Werden damit andere gefährdet oder gefährdet man höchstens sich selbst, falls überhaupt.
LöschenJörg
AntwortenLöschenGestern hat mich ein Sattelschlepper obwohl die linke Spur komplett frei echt sau eng überholt. An der Ampel hat der Typ Abgewunken und in seinem hohen Führerhaus woanders hin geschaut. Der ist vom Typ oben links.
Jörg
AntwortenLöschenAggression von Radfahrenden aus? Der LKW der vor meinem PKW herfährt muss auch bekämpft werden? Sorry, wenn jemand vor einem ist, ist der dahinter. Nicht mehr nicht, nicht weniger. Der Vordere fährt fährt nicht aggressiv dicht angreifend vor einem her. Selbst wenn es eine Ordnungswidrigkeit darstellt dort zu fahren und nicht auf dem Schrottradweg zu sein.
Wer mit dem Auto dicht überholt gefährdet teilweise sogar absichtlich andere Menschen. Das ist tatsächlich aggressiv.
Der "Krieg" auf der Straße wird von ein paar wenigen Autofahrer in die Bevölkerung getragen und befeuert. Da ein paar Ordnungswidrigkeiten die keinen Autofahrer gefährden gegen zu halten ist frech. Zumal es täglich tausende Rotlicht, Vorfahrts, Geschwindigkeitsdelikte und in Engstellen Parken Ordnungswidrigkeiten gibt die andere gefährden.
Lasst uns doch PV Module neben die Straßen bauen, dann wird alles gut!
AntwortenLöschenKarl G. Fahr
Meine gestrige Tour: Rüdigerstr. bergab mit 45km/h, Abstand zum ca 15m: links kommt einer aus der Ausfahrt, genau in die Lücke. Ich bremse und hupe, er bleibt quer stehen und guckt, gestikuliert wild, ich fahr durch die Lücke an ihm vorbei und er fängt an zu Hupen.
AntwortenLöschenBleibt dicht an mir dran, hupt weiter, überholt trotz entgegenkommenden Radfahrer, setzt den Blinker und bremst, kommt zum stehen und reißt die Tür auf.
Ich biege zum Obi-Aufzug ab: höre noch "auf die Fre**e ... Fahrradschw*chtel..." - Ich spüre die Liebe.
Bergauf Oswald-Hesse-Str: Angehupt auf den Radstreifen, mit Reifen auf ebendieser Markierung überholt, der nächste in der Rüdigerstr hat es nicht mehr vor den Warnbarken geschafft, obwohl er schon auf Kniehöhe war. Das wurde dann entsprechend laut und knapp nachgeholt. Der nächste in der Kurve blind hinterher: Gegenverkehr muss bis zum Stillstand abbremsen.
Am Kochenhof: bergab, linksseitige Beparkung mit Lücken: DHL zieht raus kommt mir entgegen, ich warte vor einer linksseitigen Lücke, dass wir aneinander vorbei kommen. Fährt dran vorbei, wird nicht langsamer bremst im letzten Moment theatralisch und hupt. Ich gehe noch die letzten Zentimeter direkt an den Bordstein, er lenkt ein paar nach links und lässt beim Anfahren die Räder durchdrehen. Millimeterarbeit... -Ich spüre den Respekt.
Gruß, Georg
Krass! Ich finde das Radeln in Feuerbach auch schwierig.
LöschenIrgendjemand hat mal postuliert, dass der Mensch, wenn er sich ins Auto setzt auf das Niveau eines Neandertalers sinkt. Ich galube, das ist eine Beleidigung des Neandertalers. Bei vielen fehlts im Auto allerdings an Hirn.
AntwortenLöschenKarin
Es liegt wohl eher daran, dass Leute in Autos von jeglicher sozialer Rückkopplung abgeschnitten sind. Niemand sagt ihnen, dass sie sich nicht ao aufregen sollen, sie fühlen ihre Emotionen und weil sie im Käfig sitzen, verstärken die sich ins Irrationale. Ist ein schon sehr lange bekanntes Phänomen. Neandertaler waren vermutlich, weil sie in sozialen Gemeinschaften lebten, sehr viel kontrollierter mit ihren Emotionen, denn Gemeinschaften verzeihen es nicht, wenn Leute ausrasten.
LöschenWenn ich in meinem Auto unterwegs bin, dann kann ich die Probleme, die du schilderst, nicht ganz nachvollziehen. Klar kann man nicht blind abbiegen und muss schauen, ob nicht doch ein Rennradfahrer seine Trainingsrunde über Gehwege absolviert, aber das ist kein Problem, da ich weis, dass ich nicht alleine bin. Genauso wenig glaube ich dir den Mythos vom unbeleuchteten Radfahrer. Bereits der Rückstrahler sorgt für ausreichend "gesehen werden", irgendwas reflektiert am Fahrrad immer. Wenn ich im Dunklen durch den Wald radle, begegne ich oft Fußgängern, die ausschließlich in Stealth-Technologie unterwegs sind. Und trotzdem habe ich bislang noch jeden gesehen, da ich damit rechne und mein Tempo den Sichtverhältnissen anpasse. "Kein Licht am Rad" ist kein Argument, den Radler nicht zu sehen, sondern nur eine Ausrede für "Das Tempo entsprach nicht den Sichtverhältnissen". LG Micha.
AntwortenLöschenKalle: Gelegentlich fahre ich mit dem Auto durch den Schwabtunnel. Ich halte mich an das Überholverbot. Und werde regelmäßig von Autos (!) im Tunnel überholt, die das nicht aushalten können.
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