20. Februar 2024

Zusammenstoß von Radfahrer und Lkw-Fahrer am Bahntunnel Cannstatt

An der Kleemannstraße in Cannstatt sind ein Radfahrer und ein Lkw-Fahrer zusammengestoßen. Der 69-jährige Radfahrer wurde schwer verletzt. 

Wir wünschen ihm eine baldige und vollständige Genesung. 

Dem Polizeibericht zufolge hatte er die Eisenbahnbrücke auf dem aus seiner Sicht linksseitigen Gehweg unterquert, was verboten ist. Es steht auch ein Schild dort, das das Radfahren Richtung Stuttgart verbietet. Er kam dann aus dem Tunnel heraus, bremste offenbar nicht, was offenbar auch der Lkw-Fahrer nicht tat (der vermutlich angestrengt nach links schaute, um eine Lücke im Verkehr zu finden). Dem Lkw-Fahrer wird hier allerdings eine Mitverantwortung gegeben werde müssen, denn Radfahrende, die parallel zur Vorrangstraße fahren, haben (wie der Autoverkehr auch) Vorfahrt vor dem Verkehr, der aus einer Seitenstraße heranfährt. Das gilt auch bei Zweirichtungsradwegen in beide Richtungen (was sie auch so gefährlich macht), und das gilt selbst dann, wenn der Gehweg oder Radweg gar nicht in diese Richtung für Radfahrende freigeben wurde. Der Lkw-Fahrer hätte also warten und den Radfahrer vorbei lassen müssen. Zumal von seinem Fahrzeug die größere Gefahr ausgeht. 

Allerdings hat der Radfahrer, bis er dort an der Ecke Kleemannstraße ankam, konsequent und über vielleicht hundert Meter das Radfahrverbot auf dem Gehweg missachtet. Es gib nämlich keinerlei legale Zufahrt für Radfahrende linksseitig zum Eingang des Bahntunnels. Der Gehweg am Wilhelmsplatz ist weder auf der anderen noch auf dieser Seite in keine Richtung für Radfahrende freigegeben. Da darf nicht geradelt werden. Gar nicht. Verboten. Nicht erlaubt! Wenn man das doch macht, spürt man spätestens am Fußgängerüberweg der Eisenbahnstraße, dass man regelwidrig unterwegs ist. Auch dort hängt das rote Schild mit dem Fahrrad drin, das das Radfahren auf dem Gehweg Richtung König-Karls-Brücke verbietet. Fünfzig Meter weiter hängt das zweite am Unterführungseingang. Ich kann nicht verhehlen, dass ich ein Fan davon bin, sich bestmöglich an die Verkehrsregeln zu halten (von Autofahrenden erwarten wir das ja auch) und vor allem nicht auf Gehwegen zu radeln, die nicht freigegeben sind. Auch wenn man dann einen Umweg radeln muss. 

Ja, die Radinfrastruktruktur zwischen König-Karls-Brücke und Wilhelmsplatz in Cannstatt ist elend schlecht. Ganz schlecht, überhaupt nicht für Radfahrende gemacht, in keine Richtung. Sie ist stressig, gefährlich und  unbequem in vielerlei Hinsicht. Anderseits wäre auch bei schönen Radwegen oder Radfahrstreifen links und rechts der Fahrbahnen zwischen König-Karls-Brücke und Waiblinger  Straße über den Wilhelmsplatz hinweg das Radeln linksseitig höchstwahrscheinlich verboten. Und Radfahrende müssten sich auch dann die Mühe machen - egal, woher sie kommen und wohin sie wollen -, auf die Seite der Straße zu wechseln, wo sie rechtsseitig in ihre Richtung radeln können. Geisterradeln ist leider verbreitet, aber immer riskant. Ich plädiere deshalb bei jeder Gelegenheit für Zweirichtungsradwege auf beiden Seiten entlang einer breiten Hauptverkehrsstraße mit Stadtbahngleisen. Allerdings werden mir da nicht alle zustimmen, denn Radwege sind immer gefährlich an Kreuzungspunkten mit dem Autoverkehr, und linksseitig Radelnde befinden sich in um ein Vielfaches höherer Gefahr, von Autofahrenden nicht gesehen zu werden, die den Radweg kreuzen. 

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Man kommt übrigens durchaus legal und relativ direkt vom Wilhelmsplatz zur König-Karls-Brücke. Man muss sich halt nur sehr gut auskennen, wenn man geradeaus zur König-Karlsbrücke radeln will, statt weit vor dem Wilhelmsplatz nach links in die Daimlerstraße abzubiegen und den weiten Umweg auf der Hauptradroute 1 zu radeln. Bleibt man auf der Waiblinger Straße, dann muss man allerdings auf der Fahrbahn ohne Radstreifen zum Wilhelmsplatz radeln und auf der Fahrbahn halb um ihn herum. Erst nach der Badstraße sieht man das Schild, das den Gehweg fürs Radfahren freigibt. Erst ab dort kann man den Gehweg nehmen (Schrittgeschwindigkeit, was natürlich nicht geht), wenn man das will. Auf dem kann man dann die Bahnbrücke unterqueren, rechtsseitig und legal mit Fahrradfreigabe (wenn man das auf der Fahrbahn nicht tun will).   

Vielen ist nicht bekannt, wie man dann von der rechten Straßenseite rüber auf die linke Seite der König-Karls-Brücke kommt, wo der Zweirichtungsradweg der Hauptradroute 1 verläuft. Und eine liebevolle Wegweisung wäre eine nette Aufmerksamkeit, die wir Radfahrenden sehr zu schätzen wüssten. Sich an die Fußgängerampel vor der Schönestraße zu stellen, um die breite, auch von der Stadtbahn befahrene Straße zu überqueren, macht man nur einmal, denn man wartet wirklich sehr, sehr lang. Den bequemeren Weg, auf dem man zumindest im Rollen bleibt, durch die Hall of Fame habe ich schon mal beschrieben. Man  sieht nach dem letzten Gebäude vor der Ampel Schönestraße rechts hinter der U-Bahn-Säule ein blaues Schild mit der Gehwegfreigabe für Fahrräder. Dort ist die Rampe, die zur Unterführung und in die Hall of Fame führt. Auch von der Fahrbahn schafft man den Absprung dorthin. Vor dem roten Haus gibt es eine Gebäudeinfahrt mit abgesenktem Bordstein, oder man fährt erst an der Ampel an der Schönestraße auf den Gehweg hoch (Nachteil, man steht im Autostau). Man kurvt natürlich eine Weile, aber man steht nicht an Ampeln. Vorsicht ist auch bei dieser Wegvariante geboten, denn am Ende der Unterführung geht eine steile Rampe runter in die Hall of Fame. Ob da gleich Fußgänger:innen vor einem auftauchen, ist nicht zu erkennen. 



18 Kommentare:

  1. Gute Besserung dem Radfahrer.
    Wie so oft zeigt sich auch in diesem Fall, dass, sobald die Akzeptanz einer automobilen Grundstruktur, bei welcher weiterhin mit dominantem MIV und weiter steigender Automobilisierung geplant gebaut und verwaltet wird, grundgelegt ist, für einen zugleich zügigen, sicheren und komfortablen Radverkehr lediglich unterschiedliche Varianten von fadenscheiniger Flickschusterei zur Alternative stehen.
    Es bräuchte einen Paradigmenwechsel, aber von diesem scheinen wir, allem regierungsamtlichen Verkehrswende-Marketing zum Trotz, weiter entfernt zu sein als je zuvor.
    Es wirkt ein wenig, wie wenn an Alkoholismus erkrankten Menschen allmorgendlich ein Gläschen Bio-Orangensaft hingestellt werden würde, flankiert mit drei Flaschen Korn.
    Alfons Krückmann

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    1. Wo ist das Verkehrswende-Marketing der Regierung? Es gibt ja noch nicht einmal das...

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    2. Meinst du den Stuttgarter OB. Der denkt nicht an Verkehrswende. Die Verwaltung allerdings schon. Nur ist der Wilhelmsplatz in Cannstatt saukompliziert, wenn man nicht endlich den Autos Fahrspuren wegnimmt. Dafür gibt es aber derzeit keine Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat. Nicht mal für eine Busspur von der König-Karls-Brücke zum Wilhelmsplatz gab es eine. (Da hätten Radler:innen auch drauf fahren können, wenigstens in eine Richtung).

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  2. Für auf einem Gehweg fahrende Radfahrer besteht kein Vorfahrtsrecht. Ein solches setzt begrifflich voraus, dass dort zumindest grundsätzlich für den betreffenden Radfahrer ein Recht zum Fahren besteht.

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    1. Doch, es besteht ein Vorfahrtsrecht. Zumal der Autofahrer auch gar nicht wissen kann, ob der Gehweg für Radler freigegeben war oder nicht.

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    2. https://openjur.de/u/312318.html

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    3. Hallo Christine, Hallo Anoym

      Ich argumentiere für mich immer, dass Kinder bis 8 auf dem Gehweg fahren MÜSSEN und bis 10 Jahre KÖNNEN. Man muss daher immer nach links und rechts schauen BEVOR man losfährt, egal ob Einfahrt, Haupt- oder Nebenstrsse. @Anonym: Ihr Urteil bezieht sich auf einen Gehwegunfall. Hier liegt aber ein Fahrbahnunfall auf der Radfahrerfurt des benutzungpflichtigen Radfahrstreifens (Z 237) vor. Der Gehweg mit "Radfahrer frei" beginnt erst am Tunnel. Auf der Radfahrerfurt, die auf der Hauptstrasse liegt herrscht uneingeschränkter Vorrang. Die Breitstrich-Haltelinie vor der Furt visualisiert sogar noch dieses Vorfahrtsrecht. Der LKW Fahrer kam aus der Nebenstrasse und hat dazu noch eine erheblich höhere Sorgfaltspflicht nach §9 Abs. 6 StVO (es hätte ja auch ein bevorrangter rechts-abbiegener Radfahrer rechts von ihm sein können oder ein 10-jähriger mit dem Rad durch den Tunnel kommen können). Ein Sachverhalt, der in der Rechtssprechung wie folgt bewertet wird: https://verkehrslexikon.de/Module/Radfahrer_auf_linkem_Radweg_entgegen_der_Fahrtrichtung.php Christine hat daher natürlich vollkommen recht: den LKW Fahrer trifft ganz klar eine Mitschuld.

      Grüsse
      Michael

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  3. Dem verletzten Radfahrer gute Besserung.
    Es ist schwierig aus der Ferne ein Urteil über "hätte sollen" abzugeben. Es stellen sich da schon einige Fragen. Hätte der LKW Fahrer den Radfahrer im Tunnel überhaupt rein optisch sehen können (im Bild sieht der Tunnel ziemlich dunkel aus und es gibt direkt eine Mauerecke, was für mich zumindest ein Argument wäre, dort keinen linksseitigen Verkerhr zuzulassen, weil man Radfahrende einfach zu spät sieht bei solch einer Konstellation). Wo war der Radfahrer bei der Kollision (seitlich oder vor dem LKW) konnte der LKW-Fahrer ihn auch hier überhaupt sehen (Gehäuse, Säulen o.ä. im Weg), oder "erschien" der Radfahrer einfach hinter der Mauerecke hervor?
    Und dann stellt sich auch die Frage, warum fuhr der Radfahrer auf der falschen Seite und warum ist er vor den LKW gefahren, wenn er schon falschrum unterwegs war? Wenn ich an entsprechend beschilderte Einbahnstrassen komme, rechne ich beim Abbiegen auch nicht mit Gegenverkehr (weder mit dem Auto noch mjit den Rad). Dafür gibt es Verkehrszeichen und Verkehrsregeln, an die sich alle zu halten haben und da muss man sich auch verlassen können.
    Wir sollten übrigens mal wieder zu den Thema Eigenverantwortung kommen. Habe ich einen Fehler gemacht, muss ich dafür geradestehen. Momentan läuft es eher nach der Methode, ich suche mir einen Anderen, dem ich die Verantwortung zuschieben kann. Es stellt sich für mich immer die Frage, in wieweit muss ich mit einem grob verkehrwidrigen Verhalten anderer rechnen und soll dann darauf auch noch reagieren.
    Karin

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    1. Fehler passieren. Hier wollte ein Radfahrer einen zügigen statt eines sehr umständlichen Weges nehmen, daran ist nichts verwerfliches. Ein LKW-Fahrer muss mitten in einer Stadt ein riesiges Gefährt in einer unübersichtlichen Situation manövrieren. Der hat sich das nicht ausgesucht. Aber beide wurden durch ein System in diese Situation gebracht, und aufgrund dieses Systems gab es dabei gravierende Folgen. Ein System, dass diese unvermeidlichen Fehler (ok, 1000 mal geht's gut, aber eben irgendwann einmal nicht) nicht verzeiht oder deren Folgen abmildert ist falsch und gehört geändert. Punkt.

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    2. Ja, das vom Auto dominierte System bringt alle in Gefahr.

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    3. Ich möchte einen zügigen statt eines sehr umständlichen Weges nehmen und parke direkt vor dem Bäcker auf dem Radweg und nicht auf dem entfernteren Parkplatz. Ist, daran auch nichts verwerfliches?

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  4. Nicht nur hier ist die Verkehrsführung für Radler wieder so eine Laubsägebastellösung. So wird kolportiert, dass der Radler entgegen der zulässigen Fahrtrichtung fuhr, der "rote Teppich" als Fahrbahnmarkierung weist aber eindeutig die Radler im Zweirichtungsverkehr aus. Was auch immer davon richtig ist, wenn man überfahren wurde nützt es auch nichts mehr. Es ist ausgesprochen fraglich, was eine spezielle Fahrbahnbemalung für die Radler bringen soll, wenn sie ja weder verständlich ist noch die Vorgaben von den Verkehrsteilnehmern befolgt werden. Gerade die (schmalen) Zweirichtungsradwege (benutzungspflichtig!!) sind ja die komplette Hölle und vermutlich ausgedacht von jemanden, der Radler (und Fußgänger) hasst.

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    1. Dahin kann man nicht legal radeln, aber für Autofahrende ist das gänzlich egal, da sie nicht sehen, ob Radfahrende legal von rechts vom Gehweg kommen oder nicht, müssen sie in jedem Fall halten und Vorfahrt gewähren. Dem Radfahrenden selber muss ersichtlich gewesen sein, dass er, wenn er auf dem roten Radstreifen weitergeradelt wäre, als Geisterradler unterwegs gewesen wäre. Mir ist unbekannt und rätselhaft, wo er hinwollte. Aber das ändert nichts daran, dass der Autofahrer seine Vorfahrt missachtet hat.

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  5. Die Stelle ist echt gefährlich, sogar wenn man in die "richtige " Richtung fährt...
    Schenk doch dem Radahrer in deiner Überschrift noch ein "f" ;-)

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  6. Das dürfte die Stelle mit den meisten Radunfällen in Stuttgart sein, oder? Neulich hat doch erst ein SWV-Bus einen "erwischt" (ob der regelkonform fuhr weiß ich nicht mehr)

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    1. Ja, der war regelkonform unterwegs. https://dasfahrradblog.blogspot.com/2023/05/gruselig-und-gefahrlich-busse-aus-der.html

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  7. Hallo Christina,
    hier noch ein Gedanke:
    Gehwege sind IMMER auch Radwege für Kinder bis zum 8. Lebensjahr (StVO, § 2 Absatz 5). Kinder dürfen auch in „Gegenrichtung“ auf dem Gehweg fahren. Das sollte allen Autofahrern klar sein. Zwar müssten die Kinder an Kreuzungen von ihrem Rad absteigen und es über die Kreuzung schieben, aber es sind halt Kinder, und keine Erwachsenen. Und für Kinder gelten auch andere Regeln; z.B. die Haftbarkeit betreffend.
    In dem Moment, wenn man mit dem Auto abbiegt, muss einem klar sein, dass grundsätzlich und immer auch ein Kind, das einen Fehler macht, „plötzlich“ auftaucht.
    Joachim

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