14. August 2024

Sicher mit dem Rad durch Baustellen

Fahrbahn wird zum Radweg - leider ein Missverständnis
Das Straßenverkehrsamt von Frankfurt hat einen Leitfaden "Radverkehr an Baustellen" erarbeitet, der den Antragstellenden und Baufirmen dazu dienen soll, Baustellen so auszuschildern, dass die Radfahrenden nicht plötzlich vor dem Nichts stehen. 

Der Rad- und Fußverkehr soll ausdrücklich in gleicher Weise berücksichtigt werden wie das beim Autoverkehr längst gegeben ist. Der Leitfaden enthält Regelbreiten, Mindestmaße und Regeln für die Ausschilderung von Umleitungen. Vollsperrrungen für den Rad- und Fußverkehr darf es ohne gut ausgeschilderte Umleitung nicht geben. Jede Menge Musterpläne zeigen, wie der Radverkehr bei verschiedenen Baustellensituationen zu führen und abzusichern ist. Radwege, die an Baustellen enden oder Verkehrszeichen wie "Radfahrer absteigen" (wie wir das leider noch sehen) soll es nicht mehr geben. Der Leitfaden kann hier heruntergeladen (angeschaut) werden. So wie auf dem Foto oben und auf allen folgenden Fotos jedenfalls sollte es nicht aussehen. 

Die Grundsätze lauten:
  • Filderstr. 2024 Radweg endet jäh und wird zu Fußgängerführung
    Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer:innen muss jederzeit gewährleistet sein.
  • Der Fuß- und Radverkehr darf an Baustellen nicht zu gefährlichem Verhalten veranlasst werden.
  • Sensible Gruppen (Kinder, Senior:innen, mobilitätseingeschränkte Personen) sollen besonders bedacht werden. 
  • Die Baustelle muss durchgehend barrierefrei sein. Höhenunterschiede von mehr als 3 cm müssen ausgeglichen werden. Bordsteine müssen aufgerampt werden. 
  • Der Fuß- und Radverkehr soll nach Möglichkeit an der Baustelle entlang geführt werden, gegebenenfalls durch einen Notweg auf der Fahrbahn. 
  • Mindestbreiten der Fahrbahn und für den Fuß- und Radverkehr müssen gewährleistet sein, wenn möglich sollen sie breiter sein, vor allem dann, wenn viele Radfahrende und viele Fußgänger:innen unterwegs sind. 
  • "Radfahrer absteigen" gibt es nicht, wird auch nicht genehmigt, dann muss eine Umleitung eingerichtet werden. 
  • Einschränkungen für den Verkehr sind auf alle Verkehrsarten gleichermaßen zu verteilen (bei mehrspurigen Richtungsfahrbahnen soll eine Fahrspur dem Rad- und Fußverkehr zugeschlagen werden. 
  • Muss eine Straße ganz gesperrt werden, ist zu prüfen, ob sie nur für den Autoverkehr gesperrt und dem Rad- und Fußverkehr der Durchgang ermöglicht werden kann. 
  • Ist ein benutzungspflichtiger Radweg betroffen, muss er an der Baustelle aufrechterhalten werden. Wenn das nicht möglich ist, muss der Radverkehr gesichert auf die Fahrbahn geleitet werden. Bei länger dauernden Baustellen soll ein Radfahrstreifen oder sogenannter Schutzstreifen eingerichtet werden.  
  • Wenn der Radverkehr im Mischverkehr mit Autos geführt werden muss, muss zwingen Tempo 30 angeordnet werden. 
  • Betrifft die Baustelle eine Einbahnstraße oder erfordert eine Einbahnstraßenregelung, soll sie in Gegenrichtung für den Radverkehr freigegeben werden. 
  • Eine Umleitung sollte in beiden Richtungen befahrbar sein.
  • Absperrmaterialien, Schilder und Füße sind so aufzustellen, dass sie den Rad- und Fußverkehr nicht beeinträchtigen. 
  • Bei Kabeln oder Schläuchen auf Geh- und Radwegen müssen Kabeltunnel mit Rollstuhlrampen gelegt werden. 
Wie das alles aussehen kann, sieht man im Leitfaden. Es gibt auch für Stuttgart gute Beispiele aus jüngerer Zeit. Hier aber folgen noch ein paar der schlechten Beispiele. Eines davon ist auch die neue Baustelle auf der Filderstraße Richtung Immenhofer Straße, die man im zweiten Bild von oben (auf dem Doppelfoto) sieht. Der Radweg endet am Radweg-Ende-Schild, und die Radfahrenden, die meinen, sie könnten auf dem Rest des Radwegs zwischen die Sperrgitter fahren, sehen sich dann auf der Umleitung nur für Fußgänger:innen. Eine Ausleitung auf die Fahrbahn gibt es nicht. 

Und hier auf dem Viererbild sehen wir: Radführungen auf Gehwegen, mal als gemischter Geh-Radweg, mal mit Radfreigabe hören plötzlich auf, enden an Sperrgittern, eine beliebte Route durch den Heusteig ist alternativlos gesperrt oder die Hauptradroute 1 ist am Tagblatturm komplett dicht gemacht, Umleitungen sind nicht ausgeschildert. 


Und auf dem Viererbild unten: Auf einer Straße darf wegen einer Baustellenampel plötzlich nicht mehr Rad gefahren werden, der Gehweg ist auch dicht. Oder die Fahrbahn wird plötzlich fürs Radfahren gesperrt, obgleich man doch dort problemlos zusammen mit den Autos weiterfahren könnte. Radspuren enden an Sperren und die Radweggasse ist so eng, dass zwei Radfahrende einander nicht begegnen können, ohne dass sich die Lenker verhaken, und schieben müssen. 






4 Kommentare:

  1. Hallo Christine,
    einen solchen Leitfaden gibt es auch von der AGFK BW:
    https://www.agfk-bw.de/angebote/details/baustellenleitfaden-4598
    Ich habe jetzt allerdings nicht verglichen, ob der Leitfaden aus Frankfurt möglicherweise besser ist.

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  2. Muss ich mir mal genauer anschauen. Hier in Braunschweig ist die Baustellen-Beschilderung und Absicherung aus Radfahrer- und Fußgäner•innen-Sicht meistens völlig unsinnig. Und so hält sich halt niemand dran. Weil man ja weiß...

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  3. Ich bin erstaunt. Zumindest die ersten drei Grundsätze sollten ABER SOWAS VON selbstverständlich sein, dass es mich wundert, dass man dafür einen Leitfaden braucht.
    Auch die anderen Grundsätze erscheinen mir wie Binsenweisheiten. Ich weiß, dass die Realität anders aussieht, hab das aber eher auf die Engstirnigkeit der Tiefbauarbeiter geschoben und deren Unfähigkeit, einen Plan umzusetzen. Auf meine Hinweise an die Verwaltung wurde jedenfalls fast immer reagiert.
    Offenbar habe ich mich getäuscht. Die Unfähigkeit scheint wohl doch bei den Planern zu liegen, wenn man ihnen jetzt so einen Leitfaden an die Hand gibt (geben muss?). Jetzt müsste nur noch dafür gesorgt werden, dass die Planer den Leitfaden auch ernst nehmen und dann auch richtig umgesetzt wird. Wie realistisch ist das?

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