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Quelle Wikipedia |
"Droht nun ein jahreslanges Verkehrschaos?", fragten sich die Medien in lustvoller Katastrophenstimmung. Aber nichts da. Es gibt kein Autoverkehrschaos. Der Spiegel berichtet hinter der Bezahlschranke über ein Phänomen, dass als "traffic evaporation" oder auch Verkehrsverpuffung bekannt ist und ganz offensichtlich auch im Autoland Deutschland sehr gut klappt. Über 230.000 Fahrzeuge fuhren täglich über die Brücke, und die mussten nun anders fahren und landeten erst einmal in den angrenzenden Vierteln. Stundenlanges Herumstehen im Stau war für die einzelnen Autofahrer:innen die Folge. Doch nach einer Woche war das Verkehrschaos in Berlin-Charlottenburg weg, es herrscht wieder normaler Verkehr. Und das, obgleich es für die gesperrte Brücke nicht einmal eine leistungsfähige Umleitungsstrecke gibt.
Man fragt sich jetzt, wo die Autos abgeblieben sind.
Selbst den im Spiegel zitierten Duisburger Professor Michael Schreckenberg, der seit Jahrzehnten Autoverkehrsflüsse erforscht, wundert sich, wie schnell das ging. Ganz offensichtlich, so seine Interpretation, waren viele Autofahrten über die Brücke völlig unnötig und finden nun nicht mehr statt. Und die anderen fahren ganz anders. Das Geheimnis der Verkehrsverpuffung ist, dass der Autoverkehr eben nicht wie Wasser fließt und sich nicht seinen Weg sucht, sondern, dass in diesen Autos Menschen sitzen, die nicht blöd sind. Nachdem sie ein oder zwei Mal im Stau standen, suchen sie sich andere Wege, die gut funktionieren, verzichten ganz auf die Autofahrt, fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad. Damit haben unbedingt notwendige Lkw- oder Autofahrten wieder genügend Platz. Es gilt: Wer Straßen baut, bekommt mehr Autoverkehr, und umgekehrt: Wer Straßen sperrt, bekommt weniger Autoverkehr, mehr Ruhe, bessere Luft und mehr Umweltschutz. Manchmal zeigt sich, dass eine als Entlastung geplante Zubringerstraße die Fahrzeiten verlängert und sogar Staus erzeugt. Man nennt das das Braess-Paradoxon. Eine zusätzliche Straße führt dazu, dass sich bei gleichem Verkehrsaufkommen die Kapazität des Netzes verringert.Vielleicht ist der Berliner Senat ja nun so schlau, den fürs kommende Jahr geplanten Neubau der Brücke und des Autobahndreieckes ganz abzublasen. Das würde viel Geld sparen. Denn man braucht diese Straße offensichtlich nicht. Ich fürchte aber, so klug ist der eher konservative Berliner Senat nicht.
Da unsere Infrastruktur sowieso an allen Ecken und Enden bröckelt, wäre jetzt eigentlich der ideale Moment, neu zu bewerten, was unerlässlich (wie z.B. Brücken über Flüsse), und was überflüssig ist (eben etwa Stadtautobahnen), und dabei/-zu das Verkehrssystem vom Kopf auf die Füße zu stellen.
AntwortenLöschenAber das passt nicht zur herrschenden Ideologie. Die hat offenbar beschlossen, dass wir nach 80 Jahren endlich wieder einen Krieg brauchen, und dafür die entsprechende Infrastruktur. Radfahrer (und andere linke und grüne Spinner) bitte gaaanz hinten anstellen!
Vielleicht handelt es sich hierbei ja um das Braess-Paradoxon.
AntwortenLöschenWie ich im Artikel schon schreibe, bezieht sich das eher auf den Bau einer Straße, die entlasten soll, aber zu einer Überlastung des Netzes führt. 😊
LöschenIch würde das als "umgekehrtes Braess-Paradoxon" bezeichnen. Also: weniger Straßen -> weniger Verkehr und Stau
LöschenStatt: mehr Straßen ->Mehr Verkehr und Stau
Das Breass-Paradoxon hat Christine halt einfach in dem 3(!)-zeiligen Essay wortwörtlich genannt und erklärt. Mansplaint irgendwen anders.
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