14. November 2018

Stuttgarter Chaos

Gepflegtes Chaos - das ist das Ergebnis der bisherigen Maßnahmen für oder gegen den Fahrradverkehr am Marienplatz, vor allem aufseiten des alten Rewe.

Hier kommt durch eine äußerst enge Passage, die für Radler nur freigegeben ist, die Hauptradroute 1 zum Marienplatz. Radler stehen dann an dieser Fußgänger-Radlerampel mit Drücker. Sie springt schnell auf Grün, sofern nicht gerade Hauptverkehrszeit ist. Die Fußgängerfurt ist verbreitert worden, damit die Ströme aneinander vorbeikommen.

Geklärt ist gar nichts: weder, wie Radler eigentlich nach links in die Böblinger Straße kommen, noch wie sie von hier auf die Fahrbahn wechseln (bei Fußgänger/Radlergrün oder wenn die Autos Grün haben?), noch ist geklärt, wie Radler, die aus der Tübinger Straße auf der Fahrbahn kommen, auf den Gehweg hinauf kommen (bei Fußgänger-Radler-Grün oder bei Autogrü?). In jedem Fall müssen sie sich unter das stehende oder gehende Fußgängerpublikum mischen, wenn sie hier die HRR 1 durch den Engpass beim Alten Rewe weiterradeln möchten. Überall sind Fußgänger, auch mal eine Mutter, die ihr Kind auf dem Laufrad bremsen muss, weil Radler queren.

Es ist das absolute Chaos, aber eines, das sich langsam abwickelt und fast immer vollständig konfliktfrei bleibt. Eine chaotische Nicht-Regelung ist immer noch besser als eine Regelung, die nicht gut durchdacht und darum für alle Verkehrsteilnehmer/innen falsch ist. Aber es ist halt auch zum Kotzen lästig für alle Beteiligten, für Fußgänger/innen mit und ohne Kinder, für Senior/innen, Gehunsichere und für Radfahrende. Ich bin sicher, etliche Fußägner/innen hassen die Radler, die aber gar keine andere Chance haben, als sich hier diagonal, quer und parallel zum Fußgängerverkehr durchzuschlängeln, rechts abzubiegen, links abzubiegen oder geradaus zu fahren, auf die Fahrbahn runter, von der Fahrbahn rauf oder durch den Gehwegbereich (mit Radfreigabe) auf dem Marienplatz, mal untenrum, mal oben herum ...

Das ist Stuttgarter Radinfrastruktur: gebastelt, extrem kompromisshaft, voller ungeklärter Situationen für alle Beteiligten, voller Unberechenbarkeit der Verkehrsteilnehmer/innen für alle anderen Verkehrsteilnehmer/innen. Das Stuttgart Chaos eben. Kann man zum Programm erheben, nur Lob erntet man dafür nicht, weder von den geplagten Fußgänger/innen, noch von den erschrockenen Autofahrer/innen, noch von den genervten Radfahrer/innen.

Ungefähr die Hälfte aller Radfahrenden radelt übrigens jetzt schon durch die Böblinger Straße. Da stehen Autos in zweiter Reihe, da rangieren Autos aus Senkrechtparkplätzen heraus und hinein, da schlängeln sich Autos aneinander vorbei. Wie man auf dem Foto (Bild unten) sieht, biegen viele Radler dann nach links in die Tannenstraße ein, die sie hoch zur Möhringer Straße führt und damit wieder auf die HRR1. Mir ist aber eine Radlerin an dem Tag, wo ich die Fotos gemacht habe auch auf der (von hier aus gesehen) linken Fahrspur der Böblinger Straße als Geisterradlerin entgegen gekommen. Stimmt nämlich auch: Da steht kein Einfahrt-Verboten-Schild. Wer sich nicht auskennt, mag das für eine ganz andere Straße halten.

Es wird dringend Zeit, dass hier eine eindeutige Radführung angelegt wird, und zwar eine, die Fußgänger/innen entlastet, die Radler von Fußgänger/innen trennt und es auch Autofahrern erleichtert, vorherzusehen, wo die Radler eigentlich hinfahren wollen und hinfahren werden. Eindeutige Radroutenführungen helfen nämlich auch Autofahrenden, die Radler nicht als chaotischen, sondern als berechenbaren Haufen wahrzunehmen und mindern auch für Autofahrende den Stress, den ihnen Radfahrende machen.

Ach ja, da gibt es ja auch noch diesen Herrn, über den die Stuttgarter Zeitung am 12. September berichtete. Er hat seit Generationen ein Friseurgeschäft in der Böblinger Straße. Und er wundert sich: "Diese Querparkplätze in der Straße sind eine Katastrophe! Vo nder Straße kann man überhaupt nicht in die Schaufenster und Geschäfte sehen."

So ist es nämlich. Weniger Autos, mehr Blick auf Schaufenster, mehr Fußgänger/innen, mehr Radfahrende, die in die Schaufenster gucken und anhalten, mehr Leben auf den Gehwegen, mehr Lebensqualität, Zugewinne beim Einzelhandel, weniger Ladensterben. Das will doch eigentlich jeder.

26 Kommentare:

  1. Liebe Christine, ein sehr guter Artikel!

    Trotzdem natürlich - ich kann nicht anders - ein wenig Kritik, Hinweis auf fehlende Informationen und Verbesserungsvorschläge, natürlich mit der Frage verbunden, warum Stadtverwaltung und Gemeinderat dieses Chaos geplant, beschlossen und realisiert haben, und warum sie dabei gegen die gültigen Verwaltungsvorschriften und technischen Regelwerke verstoßen haben.

    Die unvermeidliche Frage, was es kostet, dieses gesetzeswidrige und unzulässige Chaos abzustellen, kann ich mir auch nicht verkneifen. An welcher Stelle der Prioritätenliste steht diese Kreuzung und wann (in welchem Jahr) ist unter optimalen Voraussetzungen damit zu rechnen, dass es behoben wird?

    "...eine chaotische NICHT-REGELUNG ist immer noch besser...": Es gibt keine Nicht-Regelung. Die StVO ist da eindeutig und unerbittlich. Jede Verkehrsfläche ist entweder Straße, Gehweg oder Radweg oder (durch eindeutige Beschilderung ausgewiesene Ausnahmen und Kombinationen). Die legen fest, mit welchem Verkehrsmittel man die Verkehrsfläche benutzen darf und wer dabei auf wen Rücksicht nehmen muss. Bei der Rücksichtnahme gilt ein einfaches Grundprinzip: Der Radfahrer ist immer Schuld und muss immer Rücksicht nehmen, egal ob er gerade der schwächere oder der stärkere Verkehrsteilnehmer ist. Der Radfahrer ist immer derjenige, der sich anpassen muss, langsam machen, ausweichen, absteigen, auf das Vorfahrtrecht verzichten und alle Fehler anderer Verkehrsteilnehmer vorausahnen und ausbügeln muss. Teils steht es direkt in der StVO drin, spätestens vor Gericht bekommt der Radfahrer dann mindestens Teilschuld. Sorry, ich schweife ab.

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    1. Aber nicht geregelt ist eben, wie Fahrradfahrer aus einer Fußgängerfurt heraus auf die Fahrbahn abbiegen oder von der Fahrbahn über eine Fußgängerfurt auf den Gehweg fahren. Bei Autos kommt das nicht vor, deshalb fehlt diese Regelung in der StVO. Deshalb sehen sich Radfahrende einer ungeregelten Situation gegenüber.

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    2. Anonym unten hat schon ausführlich geantwortet. Ansonsten die Grundregeln:

      Auf freigegebenen Gehwegen (aber auch sonst immer) auf die Fußgänger Rücksicht nehmen.

      Beim Wechsel auf die Fahrbahn (und vor allem bei unklarer Verkehrslage) alle anderen Verkehrsteilnehmer fahren, gehen, schwimmen und fliegen lassen, und erst wenn alles frei ist, losradeln.

      Ein Hinweis noch: Der StVO-Paragraph für Ampeln/Lichtsignalanlagen enthält genau 2 Sätze, nachdem der dritte Satz wegen der Fußgängerampel-Übergangsregelung seit 1.1.2017 mittlerweile obsolet ist. Du hast leider die beiden Sätze verwechselt und ich bitte Dich, das in Deinem Blog-Eintrag (https://dasfahrradblog.blogspot.com/2018/11/eine-schones-ampel-ratsel.html) zu korrigieren:

      Die Fahrampel hat Vorrang, und das ist auch sinnvoll so (kann ich Dir gerne bei Gelegenheit vor Ort, z.B. in Bad Cannstatt Nähe Rosensteinbunker-Kreuzung demonstrieren, warum).
      Die Behauptung "...müssen sich Radfahrende immer und ausschließlich nach Radlerampeln richten. Nur wenn die nicht vorhanden sind, müssen sie die Autoampeln beachten." stimmt einfach nicht, wie mittlerweile auch mehrere andere Blog-Leser angemerkt haben.

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    3. Die StVO ist eindeutig? Hab ich was verpasst?
      Das nennenwerteste Beispiel ist der Mindestabstand beim Überholen. Etwa 1,50m sollen es sein- so urteilen die Richter. Die StVO aber sagt nur "ausreichend Platz lassen". Die Fußgängerampel ist für Radfahrer tabu, es gilt entweder die Radampel oder die Autoampel. Was aber, wenn weder das Eine, noch das Andere vorhanden ist? Auch hierzu keine Aussage.

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    4. Hallo Michael, Du hast natürlich recht: Die StVO ist erst zusammen mit einschlägigen Gerichtsurteilen vollständig. So tickt unser Rechtssystem. Dementsprechend kommt es zu den 1,5m Mindest-Seitenabstand im Normalfall (und 2,0m bei Steigungen und ebenfalls 2,0m, wenn ein Kind beteiligt ist, ...).

      Bei der Einfahrt in eine Straße oder beim Überqueren einer Straße hat der Fahrverkehr (auf der Straße) Vorfahrt. Da gilt nach meinem Verständnis $10 StVO:

      "§ 10
      Einfahren und Anfahren
      1 Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.
      2 Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.
      3 Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen."

      Aber nicht zu vergessen, die Richter entscheiden sich letztlich doch gerne dazu, dem Radfahrer grundsätzlich mindestens eine Teilschuld zu geben. Da scheint es so eine Art unsichtbaren Paragraph Null zu geben:

      Vergleiche dazu z.B.

      "BGH v. 20.09.2011:
      Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern. Den gegen das Rechtsfahrgebot verstoßenden Kfz-Führer trifft keine Mitschuld."

      mit

      "KG Berlin v. 11.01.1996:
      Ein Fahrradfahrer, der auf dem Fahrrad fahrend eine vierspurige Straße überqueren will, um - nach anhalten auf der Fahrbahnmitte - auf der anderen Straßenseite nach links auf den dort befindlichen Radweg aufzufahren, handelt grob verkehrswidrig. Stößt er dabei auf der gegenüberliegenden Fahrbahnhälfte mit einem Fahrzeug zusammen, das aus einer Grundstücksausfahrt ebenfalls auf die gegenüberliegende Fahrbahn nach links einfahren will, so trägt der Radfahrer einen Mitverschuldensanteil in Höhe von 2/3."

      Quellen: verkehrslexikon.de und dejure.org

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  2. Das Chaos haben also die Behörden in Stuttgart zu verantworten, die ja auch für die Aufträge und Ergebnisse von Planungsbüros und Baufirmen verantwortlich sind, die sie beauftragt haben. Denn die Verwaltungsvorschriften regeln haarklein und detailliert, wie die Gestaltung auszusehen hat, damit die Verkehrsteilnehmer in Sekundenbruchteilen erfassen können, welche Regelung anzuwenden ist.

    Nun zu den Informationen, die Du unterschlagen hast: Welche Kategorie hat die HRR1 an dieser Stelle? Ich frage, weil das bestimmt, welche Durchschnittsgeschwindigkeit die Wegeführung ermöglichen muss und welche Führungsform(en) überhaupt zulässig sind. Wie viele Radfahrer und Fußgänger bewegen sich hier in der am stärksten belasteten Stunde am Tag? Ich frage, weil das festlegt, welche Breite die Radinfrastruktur mindestens haben muss und ob eine gemeinsame Führung mit Fußverkehr überhaupt zulässig ist.

    OK, ein wenig spielt auch das Landesverkehrsministerium mit rein. Bei den Leitlinien zur Einführung des Radnetzes-BW kommt der Ausbau und die Sicherheit an zweiter/dritter Stelle. Priorität hat erst einmal, dass die Wegweiser aufgestellt werden. Es werden erst einmal alle reingeschickt ins Chaos. Aber was soll man schon von einem Verkehrsminister erwarten, der am Anfang seiner Amtszeit in großer Runde öffentlich die Überzeugung geäußert hat, dass Radrouten am besten über kleine, schlecht ausgebaute Nebensträßchen mit vielen Schlaglöchern und anderen Schäden gelegt werden sollen, weil die Schäden dort die Autofahrer zwingen, langsam zu machen.

    Im Aktionsplan "Nachhaltig mobil in Stuttgart" ist merkwürdigerweise festgeschrieben, dass der Autoverkehr verflüssigt werden soll und dass sich keine Maßnahme gegen den KFZ-Verkehr richten darf. Von Verflüssigung des Radverkehrs ist keine Rede und auch Maßnahmen, die sich gegen Radverkehr richten, sind auch nicht ausgeschlossen. In der integrierten Verkehrsleitzentrale kümmert sich nicht einmal ein einziger Mitarbeiter um den Radverkehr (ist doch seit Jahren unverändert der Fall, oder?). Und Du, Christine, freust Dich über 5 Mio Euro Radbudget. Das reicht doch hinten und vorne nicht, die eklatanten Mängel zu beheben! Es gibt ja noch nicht einmal eine Aufstellung und Prioritätenliste der Mängel - zumindest konnte mir die Stadt Stuttgart seit über einem Jahr nicht sagen, dass es eine gibt und sie konnte mir keine vorlegen. Verkehrspolitik und Behördenarbeit im Blindflug, muss ich daraus schließen. Ist diese Schlußfolgerung falsch und unangemessen?

    Aller Verkehr ist induziert, wie Du mehrfach geschrieben und was international durch Studien belegt und bewiesen ist. Die Infrastruktur bestimmt, welches Verkehrsmittel die Leute wählen. Dein Artikel beschreibt anschaulich, was die Verantwortlichen in Stuttgart offensichtlich Fußgänger und Radfahrer gegeneinander ausspielen und vergraulen wollen. Danke für diesen Augenöffner. Wir wissen somit, wie der Hase läuft.

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    1. Lieber Holger, der Marienplatz muss verkehrlich neu organisiert werden, grundlegend. Die Grünen im Bezirksbeirat und der Bezirksbeirat Süd hat dafür einen Vorschlag gemacht und die Stadtverwaltung gebeten, ein Konzept zu entwickeln. DAs ist aber eine ziemlich große Sache. Entschieden wird letztlich im Gemeinderat, und das mit den Mehrheiten, die es dort nun mal gibt. Für den Ausbau des Radverkehrs gibt es dort keine sichere Mehrheit derzeit. Die derzeitige Situation an der Ampel Marienplatz haben wir auch dem vehementen Einsatz des Bezirksvorstehers Süd (SPD) zu verdanken.

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    3. Vielen Dank für die Info und vielen Dank an den Bezirksvorsteher. Ich unterschlage leider immer wieder aus Unkenntnis und Ignoranz, wer alles noch fleißig an der Verbesserung der Situation mitwirkt.

      Und ich hoffe, der Gemeinderat ist so weise und diszipliniert, dass er sich in seinem Beschluss an die Gesetze und Vorschriften hält, auch wenn ihm die nicht gefallen und auch wenn die die Regelwerke dem Fuß- und Radverkehr (in dieser Reihenfolge) Vorrang vor dem KFZ-Verkehr einräumen.

      Als Regelwerk muss man dafür noch nicht einmal die ERA bemühen, bereits die RASt gibt das vor, soviel ich weiß. Hier ein wenig mehr Infos über die Regelwerke, die als Originalliteratur relativ teure Publikationen sind und nicht im Internet frei verfügbar:

      Ich zitiere aus http://www.geh-recht.de/planungsprinzipien:
      Der erste Planungsschritt hat grundsätzlich von außen nach innen zu erfolgen und nicht, wie bisher häufig erfolgt, anders herum: Die Differenz zwischen den Flächen für die Randnutzung, den Flächen für Fußgänger/Radfahrer, der angestrebten Proportionen und der gegebenen Gesamtraumbreite ergibt die mögliche Breite der Fahrbahn. Erst danach wird die verkehrlich notwendige Fahrbahnbreite in den Abwägungsprozess einbezogen. (RASt, 3.4)

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  3. Im nächsten Jahr wird alles besser:
    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.radfahren-in-stuttgart-stuttgarts-radgemeinde-auf-rekordkurs.4f27d496-cf0c-4233-9aa5-54683de961b9.html

    Viele Grüße
    Claus

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    1. Lieber Claus, das hoffen wir. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Marienplatz in der Planung ist. Oder?

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    2. Wenn noch nicht mal der Radbeauftragte der Stadt weiß, wie viele Mittel eigentlich für Radinfrasturktur abgerufen werden (so verrät es der Artikel), gehe ich nicht davon aus, dass irgendwas ohne weiteren Druck von unten besser wird. Und dass der Autor unseren Radentscheid mit keinem Wort erwähnt, der doch genau diesen Ausbau der Radwege fordert, ist auch ein Unding, finde ich! Liebe Grüße von Katharina

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    3. Liebe Katharina, sei froh, dass sich Herr Löhle nicht den Radentscheid vorknöpft. Der gute Mann schreibt satirische Artikel (mittlerweile in mehreren Büchern zusammengestellt, die "Erlebnisse" des Radvereinmitglieds Brägel. Sehr lesenswert [Achtung: Dieser Kommentar enthält Produktplatzierungen]).

      Auch der von Claus verlinkte Artikel enthält subtil verpackte Satire, die man leider nur mit etwas Hintergrundinformation versteht. Die Steigerung des Radverkehrs ist bekanntlich vor allem deshalb an der König-Karls-Brücke so hoch (und überproportional gegenüber der anderen Meßstelle), weil sie Resultat eines jahrelangen Messfehlers sind: dort wurden 2018 die Meßschleifen neu verlegt, um die Messgenauigkeit zu verbessern, was seitdem in höheren Zahlen resultiert.

      Frage an Christine: gibt es eigentlich Vergleichsmessungen (z.B. von Hand gezählte Fahrradfahrer) zur Kalibrierung der Meßstellen, sodass deren tatsächliche Fehlerquoten bekannt sind und die realen Zahlen abgeschätzt werden können? Momentan weiß ich nur, dass die Meßtechnik unter idealen Bedingungen 10% Abweichung besitzt. Da an der König-Karls-Brücke bei der Meßstelle aber der Radwegs bei weitem nicht die Normbreite besitzt, ist die dortige Abweichung mit Sicherheit höher und die realen Zahlen liegen höher als die Meßwerte.

      Nwbenbei: auch die realen Fahrradfahrten dürften zugenommen haben, so meine subjektive Wahrnehmung. Ich fühle mich häufiger ausgebremst als früher, ohne dass sich mein (gemessenes) Temponiveau geändert hätte...

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  4. Ich finde die Konstruktion mit der gemeinsamen Ampel ungünstig. Obwohl sehr umsichtig und langsam unterwegs wurde ich schon wiederholt angepöbelt ("Hier muss man absteigen, du A****loch").

    Der ganze Abschnitt von Kreuzung Tannenstraße bis Marienplatz (einschließlich der Engstelle am Rewe) ist einer Hauptradroute ohnehin komplett unwürdig. Hier soll man auf einer Strecke von 150m in Schrittgeschwindigkeit dahinschleichen (Verkehrsberuhigter Bereich) und geht dabei trotzdem noch den zu Fuß gehenden auf die Nerven (dazwischen dann noch ein paar Tiefgaragen-Nutzer im KfZ).
    Das Querparker/Taxi/Lieferverkehr-Durcheinander auf der Böblinger Straße ist auch nicht viel besser und dass dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 20kmh gilt, scheinen die wenigsten bisher bemerkt zu haben
    Letzlich fahre ich dann doch meistens über die Böheimstraße und nerve da dann halt die Autofahrer. Wie fast überall in Stuttgart gilt: Wer mit dem Fahrrad zügig voran kommen will, der muss sich auskennen und ein dickes Fell haben.

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  5. Liebe Leute, liebe Freunde, was regt ihr euch auf? Es gab kein Hauptrouten-Netz, es gibt auch heute keines und es wird auch in Zukunft keines geben. Es gibt punktuelle „verkehrsidiotische Maßnahmen“ und einen Flickenteppich an mehr oder weniger gelungen Lösungen für zwei oder drei hundert Meter. Insgesamt handelt es sich bei dem HRR-Netz um fake news.

    Der Gemeinderat ist gespalten und so wird es auch bleiben. Alles nur irrwitziges Kleinklein in dumpfsinnigen Grabenkämpfen um Parplätze. So lange es keine grundlegenden Diskussionen und Entscheidungen auf oberen politischen Ebenen gibt, zermürbt sich das Fußvolk in Paragraphenreiterei. Es ist so, als sollten Entwicklungsingenieure die Geschäftsleitung übernehmen. Die Pleite des Unternehmens oder des Vorhabens wäre im Stundentakt absehbar und voraussehbar.

    Außerdem: Wenn sich die Geschäftsleitungen von Bosch oder Daimler oder Porsche ebenso verhalten würden wie unsere leitenden Politiker, wären diese Unternehmen schon seit Jahrzehnten pleite und wir könnten alle frei und unbeschwert Rad fahren, weil nur noch die vermögenden Erben etwas Geld hätten, um sich ein Auto, ein Schnitzel oder eine Tasse Latte-dünn im Provinzbistro am Marienplatz leisten zu können.

    Ich frage mich eigentlich vor allem, wieso es hier im Blog keinen Aufschrei und keine Protestaktionen gibt zu der Gestaltung der Kreuzung am Tagblattturm. Ich komme von der „Fahrradstraße Eberhardstraße“ aus Richtung Breuninger-Kaufhaus und will die Fahrradstraße Richtung Marienplatz weiter fahren. Es geht nicht mehr. Meine Route ist an der Kreuzung Tagblattturm schraffiert und damit (eigentlich) verboten. Was soll dieser Kram? Warum wird die einzige „Fahrradstraße“ der Stadt unterbrochen und blockiert? Wer sind die verantwortlichen Planer? Soll ich diese Leute noch ernst nehmen?

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    1. Lieber Stefan,
      klar, das aktuelle Hauptrouten-Netz ist ein Prototyp und eine Sammlung von Versuchsstrecken für unterschiedliche Führungsformen des Radverkehrs, vor allem auch ungeeignete und unterdimensionierte. Das soll vermutlich die Toleranzschwelle der Radfahrer ausloten. Dafür sprechen auch die Aktionen mit der Baustelle letzten Sommer auf der HRR1 und die zwischenzeitliche Herumprobiererei mit Fahrradstraße usw. Das ist alles ein Testfeld und wird in dieser Form keinen Bestand haben. Das hat Christine doch schon geschrieben. Sie hat die aktuelle Hauptradroute als "Machbarkeitsstudie" bezeichnet. Der Begriff beschreibt es doch recht treffend. Es sind Aktivitäten angeleiert, irgendwann alles mal richtig zu machen. Siehe https://dasfahrradblog.blogspot.com/2018/10/erster-bericht-von-der.html

      Klar regen wir uns über die merkwürdige Kombination von Ampelregelung für KFZ und Vorfahrt-Achten für Fahrradfahrer auf. Aber der Quatsch bleibt doch nicht lange so und wird sicher demächst durch eine andere unsinnige Regelung ersetzt.

      Neben der schraffierten Fläche (etwas abseits der "natürlichen" Fahrlinie ist übrigens ein schmaler Durchschlupf mit gestrichtelter Linie. Da darfst Du - es kommen Dir halt die Radfahrer aus der Gegenrichtung entgegen. Konflikte, die die Radfahrer ausbremsen.

      Möglicherweise hat der ganze skurrile Wahnsinn System und er soll als Kuriositätenkabinett auswärtige Radverkehrsplanungs-Profis, z.B. von copenhagenize.com, anlocken. Die hätten ihren Spaß und könnten nebenbei die neu eingestellten Radverkehrsplaner einlernen.

      [Steht mir jetzt eine Karriere als Verschwörungstheoretiker offen oder bin ich noch zu dicht an der Realität? Was meint ihr?]

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  6. "Laut dem Fahrradbeauftragten, der zum Ende des Jahres in Ruhestand geht, soll es nächstes Jahr spürbare Verbesserungen geben. "
    Ein Schelm wer böses dabei denkt.

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  7. "Geklärt ist gar nichts: weder, wie Radler eigentlich nach links in die Böblinger Straße kommen"

    Da der Gehweg dort (hoffentlich) nicht linksseitig für Radler freigegeben ist, biegt man auf die Fahrbahn vom Marienplatz links ein und dann nach links in die Böblinger Str.

    "noch wie sie von hier auf die Fahrbahn wechseln (bei Fußgänger/Radlergrün oder wenn die Autos Grün haben?)"

    Die Ampel, die die Einfahrt in die Furt quer zur Fahrbahn regelt natürlich, also die Fuß-/Radampel.

    "noch ist geklärt, wie Radler, die aus der Tübinger Straße auf der Fahrbahn kommen, auf den Gehweg hinauf kommen (bei Fußgänger-Radler-Grün oder bei Autogrü?)."

    Bei "Autogrün", also wenn die normale Fahrbahnampel grün leuchtet. Die gilt nicht nur für Kfz. Denn wenn man auf der Fahrbahn ankommt, regelt die Fahrbahnampel die Einfahrt in den geschützten Bereich Fußgängerfurt.

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  8. etwas offtopic:
    Wenn ich mich nicht irre habe ich gelesen, dass die Stadt für Radverkehr viel mehr Geld in der Kasse hat, als (warum auch immer) ausgegeben werden kann.
    Warum nutzt man das eigentlich nicht für ein paar Infokampagnen - z B für die Verkehrsteilnehmer, die sich ohne MPU nicht daran erinnern wollen, mit welchem Abstand man Radler überholt?
    Es gibt "Radschiebestrecken" und allerlei Blödsinn - wo ist die "Mindestabstand 1,50m"-Strecke?
    GRuß
    Bert

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    1. Genau, so eine Kampagne mit einem konkreten Ziel statt allgemeiner Werbeveranstaltungen, deren Wirkung doch nur verpufft. Ein guter Vorschlag.

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    2. Weil der Gemeinderat die Gelder nicht für eine Werbekampagne bewilligt hat, sondern für Radinfrastruktur. Aber ich gebe euch recht, Info-Kampagnen fürs Radfahren sind grundsätzlich sinnvoll. Ich denke da aber auch an den Spott, den der Gemeinderat damit auslösen würde: Für Kampagnen geben die Hunderttausende Euro aus, wir Radwege haben die nichts oder tun die nichts. Seid ehrlich, wahrscheinlich würdet auch ihr so spotten.

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    3. Ich und Spott ?! [theatralisch entrüstet]

      Ich weiss ja nicht, wofür das Geld eingesetzt werden darf. Meine Prio würde ich mal auf die Aufarbeitung des Ist-Zustands setzen, Einkaufen von Strava-Metro-Daten und deren Normierung auf Stuttgarter Verhältnisse (wäre ja interessant, ob die Strava-Fahrer-Durchschnitssgeschwindigkeit wie in Dresden auch nur um 3-5km/h höher liegt als die aller Radfahrer, mann wüsste was über die Quelle-Ziel-Relationen und die Zahl und Entwicklung der Radfahrer auf ALLEN Routen, nicht nur punktuell) und hätte eine fundierte Datengrundlage für Planung und Priorisierung).

      Dann könnte man noch Wildkrautentfernung und Reinigung beauftragen, vielleicht eine weitere Kleinkehrmaschine (die breiten leistungsfähigen passen ja nicht auf die 70-er-Jahre-Rad-und-Gehwege), um das Laub noch schnell vor dem Frost wegschaffen zu können.

      Dann könnte man noch schnell die Lollis überprüfen, ob sie berechtigt aufgestellt sind.

      Dann könnte man noch schnell die Fahrbahnmarkierungen erneuern.

      Dann könnte man noch schnell die Stadtmöblierung abbauen, wo sie die vorgeschriebenen Sichtachsen an Kreuzungen und Einmündungen beeinträchtigen.

      Dann könnte man noch schnell die Ampelanlagen mit Radampeln ausstatten, wo diese fehlen.

      Insgesamt: mal schnell die übelsten Versäumnisse der letzten 20 Jahre aufarbeiten und eine Übersicht herstellen für die eigentlichen zukunftsorientierten Änderungen.

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  9. Jörg
    Ja der Marienplatz -- ist eine Stelle wo dumme Stuttgarter Befindlichkeiten ausgelebt werden.
    Warum ist auf der Straße kein Tempo 30 ? Weil die SSB sagt das Busse mit 50 km/h schneller am Ziel sind. Stimmt -- nur fahren die SSB Busse dort keine 50 km/h. Das wäre mit der Kurve Wahnsinn. Schade, dass sich die SSB so für die Autolobby her gibt.

    Also erstens Tempo 30 am Marienplatz!.
    Als zweites kommen die Ampeln weg und dafür Zebrastreifen her.
    Wie wär es dann mit einer Fahrradstraße durch die "Taxistraße"? 2 oder 3 Parkplätze weg dann geht das schon. Ich bin weiß Gott nicht der einzige der durch die Taxistraße hochfährt.
    Das wären doch mal Maßnahmen.

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  10. Wenn man das alles so liest frägt man sich, wie kann es sein, dass es offensichtlich so wenig Verkehrskompetenz (ich will ja keine Absicht unterstellen) in der Straßenverkehrsbehörde und im Stadtplanungsamt gibt um solche schlechte Lösungen hervorzubringen?

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    1. Bedenke, jede Lösung muss durch den Gemeinderat. Die CDU, FDP, FW etc sind immer gegen diene Reduktion auf Tempo 30 für Autos. Aber stimmt schon, mutige Vorschläge würde ich mir wünschen, man verliert die Abstimmung aber dann auch oft bei den jetztigen Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat. Tolle Konzepte kosten auch Arbeit und Arbeitszeit, die ist dann für den Ofen, wenn der Gemeinderat sie ablehnt. Vielleicht würde ein mutigerer Gemeinderat auch eine interessantere und modernere Verkehrsplanung hervorrufen.

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    2. Das habe ich gestern gelernt: es braucht Mut und Überzeugungsarbeit gegenüber dem Gemeinderat, um für Selbstverständliches zu werben. Oder man klagt eben. Mit "selbstverständlich" meine ich: "dem Stand der Technik und den Gerichtsurteilen entsprechend". Das Sahnehäubchen wäre dann tatsächlich "interessant und modern", aber davon sind wir ja meilenweit entfernt.

      Nur wir normalen Bürger sind an Vorschriften gebunden. Verwaltungsapparat und Gemeinderat wollen dagegen freundlich umworben und überredet werden, sich an Vorschriften und Gesetze zu halten. Es klingt zynisch, aber am besten, jemand kommt bei einem Unfall um. Auf so ein Ereignis hin wird reagiert, alle anderen Argumente zählen wenig.

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