Parkplätze erzeugen einen enormen Parkplatzsuchverkehr, der die Innenstädte verstopft und oft in illegales Parken ausartet.
Dem ADAC zufolge macht der Parkplatzsuchverkehr 30 bis 40 Prozent des Innenstadtverkehrs aus. Etwa 4,5 km fährt ein Autofahrer im Durchschnitt jedes Mal (etwa 10 Minuten), um vor der Wohnung oder in der Innenstadt einen Straßenrandparkplatz zu finden. Das hat laut ein Parkhausbetreiber ausgerechnet. Dieser Parkplatzsuchverkehr ist teuer, übrigens sowohl für den Autofahrer als auch für die Stadt, und verdirbt den Fußgänger:innen die Kauflaune.
Man sieht es beispielsweise hier in der Nadlerstraße hinter Rathaus. Weil es hier ein paar Straßenradparkplätze gibt, fahren Menschen in Autos da lang. Der Fahrer dieses schwarzen Autos mit Böblinger Kennzeichen will parken, vier Autos fahren hinter ihm. Er steuert, weil er unbedingt parken will, den Behindertenparkplatz an. Dann sieht er, dass weiter vorn hinter dem Zebrastreifen ein Parkplatz frei wird, rangiert und fährt dorthin. Die anderen Autos fahren an ihm vorbei, und sie können hier auch nichts anderes wollen, als einen Parkplatz. (Fünf Autos für einen freien Parkplatz,)
Auch die ein oder zwei Parkplätze (die eigentlich nur für Behinderte sind) in der eigentlich autofreien Eberhardstraße ziehen vor allem samstags auswärtigen Parkplatzsuchverkehr an. Die geringe Chance, einen freien Parkplatz zu finden, führt sie unter Missachtung aller Verbotsschilder, durch diese und andere Innenstadtstraßen. Und weil der dann nicht da ist, wird das Auto illegal abgestellt (Foto oben).
Der Blick in eine Innenstadtraße in Wangen im Allgäu zeigt ein ähnliches Bild. Hier darf geparkt werden, also fahren an einem Samstag alle hier rein, obgleich die Chance gering ist, dass ein Parkplatz frei ist (und obgleich es außerhalb der Stadtmauer riesige Parkplätze gibt). Und da stehen sie dann auch schräg herum, und immer wieder stockt alles, weil einer versucht, in eine Parklücke zu kommen. Es dieselt und brummt, und die Fußgänger:innen drängen sich zwischen geparkte Autos und Aufstellern auf schmalem Bürgersteig an den Rand. (Die Läden gehen reihenweise ein.)
In Stuttgart (wie in vielen anderen Städten) wäre dieser Suchverkehr überhaupt nicht nötig, es gibt mehr als genug Parkhäuser rund um die Innenstadt, die nicht einmal an einem Samstag voll sind. Für die 120 Straßenrandparkplätze und die minimale Chance, einen davon zu ergattern, fahren vor allem Auswärtige zahlreich und lange durch die Straßen (Wenn nur jeder Fünfte einen freien Parklatz findet, fahren 600 Autos für 120 Parklätze herum). Diese Versuchung herumzukurven kann man den Autofahrenden nur ersparen, wenn man klar stellt, dass es keine Bordsteinparkplätze gibt.
Die Konsequenz kann also nur lauten: Schafft in Innenstädten sämtliche Parkplätze an Straßenrändern ab. Dann gibt es auch Platz für Radfahrende und vor allem aber für Fußgänger:innen. Und nehmt in Wohngebieten ruhig Parkplätze weg. Die Autos verschwinden dann aufs Privatgrundstück.
Denn auch in Wohngebieten werden lange nicht so viele Straßenrandparkplätze gebraucht, wie man immer denkt, weil alles zugeparkt ist.
Im Oktober habe ich von einer Studie in Darmstadt berichtet, bei der herauskam, dass die meisten Autos nicht im öffentlichen Raum parken müssen, weil ihre Egientümer:innen private Stellplätze haben.
Im Zuge einer Parkplat-versus-Radstreifen-Diskussion in Stuttgart hat eine Gruppe Betroffener in dem Gebiet die Parkplätze und privaten Parkmöglichkeiten gezählt. Ich nenne das Gebiet hier nicht (und es wird auch auf dem Foto nicht gezeigt), denn es geht nicht um die Leute, die dort wohnen, sondern um ein Grundprinzip: In Wohngebieten braucht man offenbar nicht einmal die Hälfte der ausgewiesenen öffentlichen Stellplätze. In diesem speziellen Fall haben sogar 90 Prozent der Leute für ihre angemeldeten Autos einen Stellplatz auf privatem Grundstück. Das heißt, Handwerker:innen, Pflegedienste und Besucher:innen können Tag und Nacht kommen und finden einen Parkplatz, wenn die Anwohner:innen ihre Garagen und Stellplätze nutzen.
Garagen dürfen übrigens nicht als Hobbyraum oder Radabstellplatz benutzt werden, das ist Zweckentfremdung und verboten. Wird allerdings von der Stadt nicht kontrolliert, weil städtische Beamt:innen nicht auf Privatgrundstücken herumschnüffeln. Es mag sein, dass im einen oder anderen Fall das angeschaffte Auto zu groß für die Garage ist. Es mag auch sein, dass in der einen oder anderen Garage ein abgemeldeter Oldtimer steht. Aber das ändert nichts an dem Grundverhältnis. Selbst wenn man ein nur Drittel der Straßenrandparkplätze in Wohngebieten umwidmen würde (für Radbügel, Radwege, Spielflächen für Kinder), wäre schon viel gewonnen. Dafür müssen die Anwohner:innen ihre Autos aber eben wieder in die Garagen und auf die privaten Stellplätze stellen. Dazu sind sie oft zu bequem, hat die Darmstädter Studie herausgefunden. Garagentore muss man ja auf und zu machen, und wenn man das Auto auch am Straßenrand abstellen kann, wozu dann der Umstand. Bequemlichkeit ist ja überhaupt das größte Problem unserer Autogesellschaft.
Link zur Darmstädter Studie fehlt/kaputt.
AntwortenLöschenDanke für den Hinweis. Ich hoffe, jetzt ist es repariert.
AntwortenLöschenBei uns im Wohngebiet Alte Weberei in Tübingen ist die Situation noch skurriler:
AntwortenLöschenVor ca. 10 Jahren, wie dieses Konversionsgebiet bebaut wurde, kam man den Bewohnern entgegen und forderte nur einen Tiefgaragenstellplatz pro Wohneinheit. Trotzdem schafften es einige Eigentümer sich von dieser Pflicht befreien zu lassen, obwohl sie offensichtlich ein Auto besaßen.
Diese Autos stehen nun verbotener Weise in den Spielstraßen, wobei einige Nachbarn sogar so unverschämt sind, dass sie diese (illegalen) Stellplätze sich sogar mit solchen Warnkegeln reservieren.
Maximal 1x pro Woche wird kontrolliert, dann zahlen diese Leute 10 € Verwarnungsgeld. Das gleiche gilt auch für einen "Kunst-Multi-Millionär", der ausnahmsweise eine Doppelgarage bauen durfte, in dem nun sein Porsche Carrera Cabrio steht. Sein Landrover SUV passt wohl aber zusätzlich nicht hinein und steht daher (illegal) im öffentlichen Raum.
Und jetzt kommt noch der Clou:
Weil in der Planungsphase so viele Eigentümer sich aus der Stellplatzpflicht befreien konnten war eine Wohnungsbaugesellschaft "so nett" und finanzierte die überschüssigen Tiefgaragenplätze. Sonst hätten die Gebäude nicht wie geplant gebaut werden können, da die Häuser ja auf den Tiefgaragen stehen mussten.
Und diese Tiefgaragenplätze verkaufte dann die Wohnungsbaugesellschaft in den den vergangenen 5 Jahren.
Man könnte meinen, dass sich die Eigentümer ohne Tiefgaragenstellplatz dann doch noch einen Stellplatz besorgt hätten. Dies ist zum Teil auch passiert.
Aber aus vielen Tiefgaragenplätzen wurde einfach "Betongold". Extrem reiche Bewohner des Viertels kauften diese auf, nutzen sie nun teils als Abstellfläche und hoffen so, vor einer Inflation geschützt zu sein…
Irgendwie erinnert mich das an London, wo es an bezahlbaren Wohnungen fehlt. Dafür aber ganze Hochhäuser leer stehen, die Oligarchen als Spekulationsobjekt dienen.
Jörg
AntwortenLöschenper Gesetz die Fahrräder aus den Garagen zu holen und Autos oder nichts rein zu stellen hilft uns bestimmt nicht. Übrigens so Kleinklein Gesetze wird niemand durch setzen. Wie man auch sieht.
Wichtig wären spürbare Parkgebühren und maximale Parkdauern für jeden öffentlichen Parplatz. Dann regelt der Markt das mit den privaten Stellplätzen. Der Parkplatz Sozialismus führt zum typischen Verhalten im Sozialismus. Was man kriegt besetzt / bunkert man einfach. Alternativen wie Parhäuser enstehen nicht, da der Staat mit dem Sozilismus den Marktpreis ausgeschaltet hat.
Die sonst Kapalismus gläubigen Parteien versündigen sich hier an der Privatwirtschaft.
In Innenstädten darf es keinen einzigen unbewirtschafteten öffentlichen Parkplatz geben. Und das muss gut kommuniziert werden. Damit niemand auf die Idee kommt, nach kostenlosen Parkplätzen zu suchen.
AntwortenLöschenEs muß auch genügend Ladezonen für den Lieferverkehr geben.Dann kann man falschparkende Lieferanten konsequent verfolgen.
Und die "bequemen" Parkplätze in der Straße, direkt vor der Tür eines potentiellen Zieles, müssen teuerer sein als die in weiter entfernten und damit unbequemeren Parkhäusern.
Was fehlt, ist m.M.n. ein *Beweis* dafür, dass weniger Autoverkehr mehr Innenstadtbesucher anzieht. Denn es ist ja die Haupt-Argumentation der "Konservativen", dass die beobachtbaren Fußgänger in den Städten im Wesentlichen diejenigen sind, die grade irgendwo ihr Auto abgestellt haben. Weil sie leider nicht direkt in den Laden reinfahren können, sondern dummerweise irgendwo draußen parken müssen. Und es ergo keine Fußgänger gibt, wenn es keine Parkplätze gibt, weil die Gruppen eigentlich identisch sind.
AntwortenLöschenIn "meiner Provinzstadt" stimmt das leider sogar: Fußgänger sind Autofahrer, die grade nicht im Auto sitzen.
Ich denke, dass nicht nur das Parken alleine, sondern schon das Befahren einer Innenstadt mit dem Auto seinen angemessenen Preis haben sollte.
S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern
In Großstädten wie Stuttgart kommen samstags 70 Prozent der Leute mit Öffentlichen zum Shoppen, überhaupt sind die meisten Menschen, die in der Innenstadt zu Fuß unterwegs sind, nicht mit dem Auto, sondern zu Fuß, mit Öffentlichen oder mit dem Fahrrad gekommen. Die Leute, die glauben, ohne Auto könne man nicht in die Stadt kommen, waren und sind eine Minderheit. In New York, aber auch in Barcelona oder in Kopenhagen und etlichen kleineren Städten hat man bereits die Erfahrung gemacht, dass sich Innenstädte mit Menschen beleben, wenn man ihnen Platz, Bänke, Parks und ganze STraßenräume gibt. Es muss eigentlich nicht mehr bewiesen werden oder ist bereits bewiesen worden, allerdings im Ausland.
Löschen@S.Schwager: Ich war neulich in Fürstenfeldbruck mit dem Auto. Hätte nie gedacht, dass man auf dem Festplatz nahe der Innenstadt kostenlos parken kann. Genau das plus die Tankflatrate bei Dienstwagen ist das Problem.
AntwortenLöschenHinzu kommt hier bei uns im Neckartal, dass es immer mehr "Einkaufszentren" USA-like außerhalb der Ortschaften gibt.
Das macht es sehr schwer, in den Innenstädten die Parkgebühren zu erhöhen oder die Parkflächen zu reduzieren. Vor allem, wenn Innenstädte an sich nicht sonderlich attraktiv sind durch ein Flair oder Gastronomie.
Man kann es drehen oder wenden wie man will. Meiner Ansicht nach, muss man das Autofahren einfacher sehr viel teurer machen und gleichzeitig die Mobilität ohne Auto bei den sozial schwachen unterstützen.
Ehrlich gesagt würde es mich freuen, wenn Putin plötzlich kein Öl mehr liefert, und der Dienstwagenfahrer mit seinem SUV an der Tankstelle steht und trotz Tankkarte kein Diesel mehr kriegt.
Dann würde der auch endlich wieder wohnortnah einkaufen, oder mit der Bahn zum Shoppen in die nächste Großstadt fahren.
Ach ja, da wäre noch das Argument, dass der Kerl in einer Schlafstadt ohne Nahverkehrsanschluss wohnt: Na ja, dann kann er ja mit seinen Nachbarn eine Fahrgemeinschaft machen. Irgendwer wird schon noch etwas Diesel im Tank haben... ;-)
Oder das Fahrrad nehmen.
Löschen"Hinzu kommt hier bei uns im Neckartal, dass es immer mehr "Einkaufszentren" USA-like außerhalb der Ortschaften gibt."
LöschenOder wie in Frankreich, 3% Radverkehrsanteil.
und nochmal für alle, die's hören wollen oder nicht:
AntwortenLöschenich habe kein auto.
wenn ich sehr selten eins ausleihe und noch seltener im öffentlichen raum parke, zahle ich das 130 fache dessen, was meine nachbarn berappen, die ein oder mehrere autos besitzen und es immer rumstehen haben.
und wenn ich ein haus baue, wird die anzahl der wohnungen von den stellplätzen bestimmt. genauso wie die wichtigste bau-förderung.
aber wenn kriegsgewinnler die spritpreise erhöhen, dann springt sofort der staat ein.
Bei uns hat man ein neues Wohngebiet aufgemacht. Der Stellplatzschlüssel liegt bei 0,8.
AntwortenLöschenJetzt wird gejammert, dass das, was jetzt schon da ist, zugeparkt ist. (Oh Wunder).
Plätze für Besucher -Fehlanzeige-. Gescheiter ÖPNV -Fehlanzeige. Wohnortnahe Versorung -Fehlanzeige (gut, das Gebiet ist noch im Bau, aber da wohnen schon 50% der angedachten Bewohner, aber die müssen ja wohl noch nichts essen). ÖPNV zur nächsten Versorgung -Fehlanzeige. Wer glaubt denn, dass man dann kein Auto braucht? Die dort etablierte Buslinie führt weder in Richtung Supermärkte noch in Richtung Schulen. Im Bus sitzt kaum jemand. Jetzt wird eine Tramlinie gebaut. Ich befürchte, deren Anbindung geht auch nur in eine Richtung und Schüler und Einkäufer kucken in die Röhre.
Ich glaube nicht, dass Verkehrswende in den Köpfen der Planer angekommen ist. Und jetzt sind wir wieder bei weiblicher Mobilität: An Wege zum Einkaufen, oder Schule, oder Kita/Kindergarten scheint bei der Planung keiner gedacht zu haben, denn bei der Linienführung kommt man da nicht in akzeptabler Zeit hin.
Karin
In Stuttgart werden auch Wohngebiete mit geringem Stellplatzschlüssel geplant, die sind allerdings gut mit dem öffentlichen Nahverkehr angebunden. Ich frage mich allerdings auch oft, ob dann da wirklich Leute hinziehen, die kein Auto haben wollen. Die Zukunft könnte allerdings durchaus anders aussehen als die Gegenwart einer autozentrierten Gesellschaft.
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