29. Mai 2022

Das Klimaschutzprojekt Wilhelmsplatz

Jedes Mal, wenn ich auf dem uralten Radweg Richtung Heusteigviertel an der Ampel am Wilhelmsplatz in Stuttgart stehe und auf Grün warte, muss ich schmunzeln. 

Und zwar, wenn mein Blick auf dieses Schild, das am Mast oberhalb der Radlerampel und des Wegweisers hängt. Darauf steht: "Das Klimaschutzprojekt. Radverkehrsmaßnahme Wilhelmsplatz der Landeshauptstadt Stuttgart wurde im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums gefördert." 

Das Klimaschutzprogramm ist ja an sich eine sehr gute Sache. Auch Radwege und Radfahrstreifen sind eine gute Sache.

Andererseits stehe ich, wenn ich das sehe, auf einem Uraltradweg an einer Ampel, die für mich ewig nicht grün wird, während die anderen Radler:innen rechts an mir vorbeiziehen und über die parallele Fußgängerampel rüber fahren, was viel schneller geht: Verarschen kann ich mich selber! Und wenn ich rüber bin, muss ich mir den Platz auf der Fahrbahn erobern oder zwischen Pollern auf die Platzanlage flüchten. 

2018 wurden hier Radstreifen über den Platz rot markiert und für alle, die von oben kommen (also von der gegenüberliegenden Seite), ein gefährlicher Mittelstreifen zwischen Linksabbiegern/Geradeausfahrern und Rechtsabbiegern angelegt, auf dem bereits ein Radler umgefahren wurde, und wo man unten an der Ampel auch ewig und drei Tage steht, bis sie für Autos und Radfahrende grün wird. Die gesamte weitere Radführung über diesen Wilhelmsplatz runter zum Rotebühlplatz ist für Radfahrende außerdem schwierig, weil sie vier Mal die Autospuren kreuzen müssen. Kinder würde man hier nicht radeln lassen wollen. 

Fährt man vom Tagblattturm auf den Wilhelmsplatz und diese Superampel zu, muss man an der Einmündung Nesenbachstraße mitten im Aufstellplatz für Fußgänger:innen  auf den uralten Radweg hüpfen, auf dem einem weiter vorn dann Fußgänger:innen entgegenkommen, die zu einer Ampel wollen. 

Und so was rühmt sich einer Maßnahme für Klimaschutzziele. Das ist doch ziemlich weit weg von echter Radverkehrsförderung, also von Radverkehrsanlagen, die auch von Kindern und unerfahrenen Radler:innen befahren werden können. Klar, das Schild sagt nur, dass die Malerei Fördermittel des Bundes bekommen hat. Okay. Womöglich muss die Stadt das aufhängen, damit man weiß, das Geld für diese - wie ich finde etwas vermurkste - Fahrbahnmalerei stammt vom Bund.  Deshalb muss ich dann halt jedes Mal lachen, wenn ich das Schild sehe. 

Hier sind übrigens weitere solchermaßen geförderte Maßnahmen, darunter die gerade fertig gestellten Schutzstreifen aus der Olgastraße auf die Neue Weinsteige (die ich gar nicht so schlecht finde) oder einen Radweg nach Feuerbach, auf den ich schon sehr gespannt bin. Ob da jetzt auch überall solche Schilder aufgehängt werden? 

 

14 Kommentare:

  1. Ich weiß nicht, warum mir hier, wie so oft, in den Sinn kommt, dass man von der Politik nur verar***t wird...?

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  2. alternativ weiche ich auch gerne auf die autospur aus an diesem schild, die haben naemlich oefter gruen.

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  3. ach ja.
    sie können's halt einfach nicht.

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  4. Diese Klimaschutzschilder passen hervorragend zu den Trinkwasserschutzschildern, die auch überall in der Stadt aufpoppen. Am Geilsten sind aber die Millionen von "Grünflächenbenutzungsanleitungs-Schildern, die die Stadt in den letzten zwei Jahren aufgestellt hat und damit einen enormen Schilderwald hervorgerufen hat.

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  5. Solange in allen Köpfen (leider auch in denen der Grünen) das uralte Paradigma vorherrscht "Fahrräder gehören nicht zu den Fahrzeugen, sondern zu den Fußgängern", wird sich m.E. daran nichts ändern.

    "Verkehrswende" heißt für mich grade das: Fahrräder sind - zumindest innerorts - mindestends gleichberechtigt zu KfZs, immer und überall.

    Im Gegensatz dazu wird bei Verkehrsplanungen weiterhin wie bisher der reibungslose, ungehinderte Transport von leeren Beifahrersitzen über die Interessen des Radverkehrs gestellt.

    Neue "Rad"wege zu bauen (wobei "Rad"weg eigentlich immer die Zusammenführung von Fußgängern und Fahrrädern bedeutet, siehe Paradigma oben) ist keine Verkehrswende.

    S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern.

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    1. Nur dass das Problem viel größer ist, als nur die Machtverhältnisse im Straßenverkehr. Es geht um die Machtverhältnisse überhaupt.

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  6. Ich habe vor knapp 15 Jahren mal mit jemandem in Sachsen-Anhalt darüber gesprochen, dass ein Teil der benutzungspflichtigen Geh- und Radwege eigentlich eher reine Gehwege wären. Er sagte mir, dass es früher mal ein Programm zur Radwegeförderung gab, da wären unter anderem an einigen Stellen die Schilder getauscht worden.

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  7. Jörg
    Das Förderunwesen ist nicht leicht zu verstehen. Da werden Radwege vom Regierungspräsidium gefördert und nachher ist es ein Fußweg Rad frei. So geschehen Am Kräherwald.
    Bei der anstehenden Maßnahme "Errichtung eines Radweges im
    Feuerbacher Weg in der Landeshauptstadt
    Stuttgart" frage ich mich ob die "den Feuerbacher Weg" meinen. Dieser steigt auf 200 m Länge um 40 m an. Das ist eine Steigung / Gefälle von 20%. Normalerweise stehe ich mit meiner Meinung man möge Radwege mit bis zu 10 in Ausnahmefällen bis 12 % planen alleine da weil die meisten Radlobbiysten maximal 6% wollen.
    Auf der anderen Seite ist die Steigung nicht wirklich kleiner da gibt es sogar Stäffele.

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    1. Am Kräherwald sehe ich das Problem etwas differenzierter. Hätte man den Weg als Radweg ausgewiesen hätten alle Radler:innen da fahren müssen, keiner hätte auf der Fahrbahn radeln dürfen, weil er beispielswiese links abbiegen will. Es ist ein Manko, dass wir nur entweder Rad-frei oder Radwege anordnen und nicht Radwege, die nicht benutzungspflichtig sind, per Verkehrzeichen anordnen können.

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    2. Das stimmt so pauschal nicht:
      https://fragdenstaat.de/anfrage/erlass-zu-bodenmarkierung-nicht-benutzungspflichtiger-gemeinsamer-geh-und-radweg/#nachricht-644698

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    3. Den "nicht-benutzungspflichtigen gemeinsamen Geh/Radweg"

      (http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm,

      38a III. Gemeinsame Geh- und Radwege ohne Benutzungspflicht können durch Aufbringung der Sinnbilder „Fußgänger“ und „Radverkehr“ gekennzeichnet werden.)

      habe ich im LK und in der Stadt Fürstenfeldbruck bereits mehrmals zur Sprache gebracht.

      Fazit: Er ist von Behördenseite schlicht und ergreifend unerwünscht. Lieber legt man es auf Klagen gegen illegal angeordnete Benutzungspflichten an, die sich über Jahre hinziehen und die für die Verwaltung keine weiteren Konsequenzen haben (außer, dass sie dann die Benutzungspflicht am beklagten Teilstück aufheben müssen).

      Das muss man auch erst mal lernen und verdauen.

      S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern

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    4. Jörg
      Bitte einfach den Kräherwald beobachten, die Autoverkehrszahlen beachten. Ohne Zählungen mit Geschwindigkeiten ist jedes Gespräch eigentlich überflüssig. Es fährt vielleicht Sonntags mal ein Rennradler auf der Straße. Ansonsten wird mit 40 km/h in der Ordnungswidrigkeit auf dem Gehweg geradelt. Da haben wir eben gegensätzliche Bewertungen der selben Situation.

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  8. Das denke ich auch immer, wenn ich aus Versehen mal an der Ampel warte und nicht der Regel folge und über den Fußgängerüberweg radle. Und in der Tat: Eigentlich ist gar nicht klar, ob der Radweg von der Erpressobar bis dahin überhaupt noch einer ist. Solange es keine erkennbare Radinfrastruktur gibt, die einigermaßen funktional ist und kein Stückwerk darstellt, halte ich ich an Sicherheit und altbekannte Wege. Wer sich am Wilhelmsplatz an den Wegen orientiert, die auf der Straße aufgemalt sind, kann sich dort gleich eine Zweitwohnung einrichten. Bis grün ist, ist schon das Bad geputzt...

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    1. Von der Espressobar an gibt es keinen Radweg mehr, es sei denn, man geh davon aus, dass man, wenn man mit dem Fahrrad aus der Eberhardstraße über die Fußgänger/Radampel gefahren ist, auf dem Gehweg grundsätzlich weiterradeln darf. Davon könnte man ausgehen. Aber spätestens an der Nesenbachstraße muss man mit dem Rad auf den Gehweg, der als verpflichtender Radweg ausgeschildert ist.

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