28. März 2025

Die Unfallstatistik 2024 für Stuttgart

Die Polizei hat die Unfallstatistik fürs vergangene Jahr veröffentlicht. Denmach haben die Verkehrsunfälle leicht zugenommen. Sieben Menschen kamen in Stuttgart ums Leben. 

Nach Angaben der Polizei starben zwei Fußgänger, ein Radfahrer (mit Pedelec), ein Motorradfahrer, ein Leichtkraftradfahrer, ein E-Skatboardnutzer und eine Beifahrerin. In drei Fällen handelte es sich um Alleinunfälle. Der Radfahrer stürzte im August nach Angaben der Polizei in Zuffenhausen in einen Abwasserschacht und starb im Krankenhaus. Grund war bei abschüssiger Fahrt eine Abwehrbewegung gegen ein Insekt, woraufhin er von der Straße abkam, S. 11. Die polizeilich bekannten Fahrradunfälle (Standardräder) sanken zwar um knapp zwei Prozent auf 436, gleichzeitig stieg aber die Zahl der Unfälle mit Pedelecs um knapp 23 Prozent auf 248 an. (Jetzt wäre es schön, man hätte die Zahl der Pedelecs in Relation zu Standardrädern, die in Stuttgart unterwegs, sind und die Altersangaben für die Verunglückten). Insgesamt zählte die Polizei 684 Unfälle mir Fahrradbeteiligung. Im Ganzen gab es fast 23.000 Verkehrsunfälle, bei denen auch 245 Fußgänger:innen, darunter 84 Kinder betroffen waren.  

Der überwiegende Teil der Radfahrenden beider Kategorien erlitt nur leichte Verletzungen. Von den 436 Normalradelnden wurden 46 schwer verletzt, bei den E-Radler:innen waren es 33 Menschen. Die Polizei stellt fest, dass dem Radverkehr in etwas mehr als die Hälfte der Unfälle die Verantwortung selbst zugeschrieben werden müsse. Vor allem das Nichtbeachten der Vorfahrt und Alkoholeinfluss spielten dabei eine Rolle. Die Polizei schließt daraus, dass man vor allem bei Radfahrenden die Regelakzeptanz überprüfen müsse. 

Auch das Fehlverhalten oder die "Unachtsamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer" trügen zum Unfallgeschehen bei, heißt es weiter, vor allem das Missachten der Vorfahrt, Fehler beim Abbiegen, aber auch beim Wenden, Einfädeln, Rückwärtsfahren und beim Ein- und Aussteigen (Dooring) spielten eine Rolle. Risikoreiches Verhalten, aggressives Fahren und das Ignorieren der Verkehrsregeln trügen, so die Polizei, wesentlich zum Unfallgeschehen bei. 

Interessant für uns Radfahrende ist, dass bei den Sturzursachen der Anteil "Fehler beim Überholen" (also knapper Überholabstand von Autofahrenden zu Radfahrenden) bei 5 Prozent liegt (das wären 34 Radfahrende im vergangenen Jahr). 

Am Rande sei die größte Auffälligkeit der Statistik noch bemerkt: Die Zusammenstöße mit Stadtbahnbeteiligung stiegen im vergangen Jahr um 40 Prozent gegenüber 2023, wo es allerdings im Jahresdurchschnitt besonders wenige waren. Insgesamt waren Stadtbahnen bei 107 Zusammenstößen beteiligt (alle 3,4 Tage gab es einen Stadtbahnunfall). Sie ereignen sich vor allem, wenn Autofahrende verbotswidrig über Gleise abbiegen, seltener wenn Menschen unachtsam Gleise überqueren. In 61 Prozent der Crashs wurde ein Mensch verletzt. 

Diese Statistik ist - wie jede - mit Vorsicht zu genießen. Sie beruht nur auf den der Polizei gemeldeten Ereignissen im Straßenverkehr. Man kann daraus nicht schließen, dass Radfahrende sich weniger an Regeln halten als Autofahrende oder Fußgänger:innen. Außerdem ist aus Sicht der Polizei ein Radfahrer oder eine Radfahrerin schnell mitschuldig, also mitverantwortlich, etwa, wenn er oder sie auf einem nur freigegebenen Gehweg nicht mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs war und es auf der Straßeneinmündung zu einem Zusammenstoß kam. Die Mitarbeiterin einer Versicherungsgesellschaft, die Haftpflichtfragen bei Fahrradunfällen bearbeitet, erzählt mir kürzlich, dass es Radfahrende besonders schwer haben, Ansprüche gegen andere geltend zu machen. Selbst Fälle, die eigentlich ganz eindeutig zugunsten der Radfahrenden sprächen, würden vor Gericht scheitern. Auch dies ist natürlich nur eine persönliche und keine statistische Einschätzung. Aber wir wissen auch, dass Radfahrenden schnell Nötigung unterstellt wird und sie gegebenenfalls auch bebußt werden, wo eigentlich Autofahrende sich als gewalttätige oder drohende Verkehrsteilnehmende gebärdet haben (hier ein Beispiel und noch eines und noch eines). 


5 Kommentare:

  1. Ich stehe Polizeipräsidenten Eisenbraun sehr kritisch gegenüber: Jeder weiß, das er autozentriert ist und Radfahrer nicht leiden kann. 'Die Polizei schließt daraus, dass man vor allem bei Radfahrenden die Regelakzeptanz überprüfen müsse.' Soso. Ich schlage vor, das Eisenbraun erst mal bei seine Beamten richtig in der STvO schult- damit hat er genug zu tun. Fakt ist: In Stuttgart regelkonform unterwegs zu sein, ist als Radfahrer unmöglich. Die allermeisten Anordnungen sind einfach nur Schwachsinn und binnen Minuten vor dem Verwaltungsgericht abgeräumt. Das Trio BM Maier/Scherz/Eberle hätte ich schon längst hochkant gefeuert. Martha

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  2. Ich sehe das Ganze aus beiden Perspektiven, weil ich halt auch viel mit dem Auto unterwegs bin. Was einem da von allen Seiten begegnet lässt einen schon am Verstand der Anderen zweifeln.
    Wer jetzt mehr Regelverstösse begeht, ob Radfahrer, Autofahrer oder Fußgänger ist eigentlich egal. Viele sind ja multimobil unterwegs. Es hängt an der Person, ob sie sich für Regeln interessiert, daran hält oder halt auch nicht. Der regelkonforme Autofahrer wird sicherlich auch auf dem Rad so gut es geht regelkonform unterwegs sein und auch als Fußgänger. Aber wem es als Fußgänger schon egal ist, wie er sich verhält, der wird sich im Auto oder auf dem Rad genauso verhalten. Es sind die Personen, um die es geht und um die Infrastruktur. Zudem, als Autofahrer begegnen einem wesentlich weniger schwachsinnige Verkehrsführungen als als Fußgänger oder (noch schlimmer) als Radfahrer. Über bruchstückhafte Infrastruktur wurde ja auch schon viel geschrieben. Mit dem Rad wird man mitunter schon allein durch die Infrastruktur zum Regelbrecher. Das sollte die Polizei auch mal berücksichtigen.
    Karin

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  3. "Die Polizei stellt fest, dass dem Radverkehr in etwas mehr als die Hälfte der Unfälle die Verantwortung selbst zugeschrieben werden müsse. Vor allem das Nichtbeachten der Vorfahrt und Alkoholeinfluss spielten dabei eine Rolle. Die Polizei schließt daraus, dass man vor allem bei Radfahrenden die Regelakzeptanz überprüfen müsse. "

    Wer soll auch sonst bei Alleinunfällen (haupt-)verantwortlich für den Unfall sein? Und viele Radunfälle sind Alleinunfälle. Nimmt man diese raus, liegt vermutlich bei Unfällen zwischen Auto und Fahrred häufiger die Hauptverantwortung beim Autofahrer.

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    1. Wie immer wird hier der direkte Vergleich mit Autofahren unterschlagen
      Über 80% aller Unfälle mit Autobeteiligung werden auch von einem Autofahrer verursacht. Und im Gegensatz zu Radfahrern (ca. 50%) ist der Anteil der Alleinunfälle bei von Autofahrern verursachten Unfällen unter 20%. D.h. bei Autofahrern ist die Wahrscheinlich viel höher das sie bei einem Unfall einen Unfallgegner schädigen.

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    2. Sollte Stuttgart da kein Ausreisser sein, dann liegen die Anteile der Hauptschuld bei den Unfällen zwischen Rad und Kfz(ohne Motorräder) ungefähr bei 70-75% Pkw/Lkw und ca. 30-35% Fahrrad.
      Dass dies in den Veröffentlichungen der Polizeien verschleiert/unterschlagen wird, bzw. das Gegenteil suggeriert wird, hat durchaus System.
      Leider ist es oft trotz IFG i.d.R. nicht möglich an die zugrunde liegenden Daten zu kommen, da Datenschutzgründe vorgeschoben werden.
      Die erfassten Daten sind -vor allem hinsichtlich der Unfalltypen - wesentlich differenzierter als in den veröffentlichten verzerrten Zusammenfassungen.
      Alfons Krückmann

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