3. Oktober 2025

Was kostet eigentlich ein Kilometer Radweg?

Und was kostet im Vergleich dazu ein Kilometer Autobahn? Gern skandalisiert man die Kosten für Radinfrastruktur als teuer,  nie aber die für den Autoverkehr. 

In Berlin macht der neue Abschnitt der A 100 von Treptow nach Neuköln von sich reden, der nichts anderes tut, als Stau zu produzieren, weil er Autoverkehr in die Innenstadt zieht, die darauf nicht vorbereitet ist. Das ist der Flaschenhalseffekt von mehrspurigen Zubringern. Stadtautobahnen erzeugen immer Stau. Die 3,2 Kilometer in Berlin kosten (Stand jetzt) 721 Millionen Euro und gelten damit als der teuerste Autobahnabschnitt Deutschlands, wobei sich bei der Endabrechnung die Kosten noch erhöhen könnten. Ein Kilometer kostet damit rund 225 Millionen Euro. Die A100 soll trotzdem noch weiter ausgebaut werden und den Autoverkehr in den Brenzlauer Berg schütten. 1,8 Milliarden Euro soll das kosten. Der Bund der Steuerzahler hätte viel Material für sein Schwarzbuch, das sich dieses Jahr auf die Folgekosten von Projekten fokussieren will. 

Ausgaben für den Artenschutz und Radverkehr finden statt dessen den Weg ins Schwarzbuch. 

So kritisiert der Bund der Steuerzahler die Machbarkeitsstudie und Vorplanung ihn Höhe von rund 260.00 Euro für einen Radweg durch den Flughafentunnel als Verschwendung. Die Kritik wäre wohl ausgeblieben, wenn die Politik sich hätte entschließen können, die schönen Pläne auch umzusetzen. Doch man mochte sich nicht vorstellen, dass weniger Autos (oder gar keine) durch diese Verbindung fahren, für die es, anders als für Radfahrende, andere Fahrwege gibt, die kaum mehr Zeit kosten. Dass nun die sehr umwegigen  Feldwege rund um den Flughafen herum fürs Radfahren hergerichtet werden sollen, findet er gut, denn das ist billig. Machbarkeitsstudien und Voruntersuchungen gibt es aber immer, wenn die Politik über Verkehrsprojekte nachdenkt, und sie kosten immer Geld. Dass eine solche Studie unterblieb, wirft der BdS Baden-Baden vor, das für 100.000 Euro eine Fahrradstraße markierte, die ein Jahr später für 5000 Euro wieder in den vorigen Zustand als Tempo-30-Straße zurückversetzt wurde (allerdings mit Schutzstreifen). Eine Verkehrszählung hatte man nicht gemacht, und es fuhren auf der Fahrradstraße zu wenige Radler:innen und viel zu viele Autofahrende, die dort nicht fahren durften. Auch der Versuch Dresdens, Radfahrenden einen Weg über die Elbbrücke Das blaue Wunder per Radfahrstreifen zu ebnen, wird angeprangert. Er kostete knapp 200.000 Euro und wurde nach drei Wochen abgebrochen, weil das Geschrei der Autofahrenden zu laut war und man nicht die Nerven hatte, abzuwarten, bis die Autofahrenden sich andere Wege gesucht hatten. Eine schlechte Planung im Bereich Autoverkehr kostet allerdings gleich 10 Millionen Euro, wie der Bau einer Brücke in Sachsen zeigt. 

In den Medien skandalisiert wurde jedoch die fertige und funktionierende Radbrücke von Tübingen, die 16 Millionen Euro gekostet hat, und zwar, weil sie für 300.000 Euro eine Heizung bekommen hat, die bei Frost die Fahrbahn abtaut. Das spart den Einsatz von Räumfahrzeugen und Salz und schützt die Brücke vor Korrosion. Es spart übrigens auch Krankenhauskosten, wenn Radfahrenden, die am frühen Morgen unterwegs sind, nicht auf noch nicht gestreuter Brücke stürzen. 

Normale Radwege (nicht Radfahrstreifen) kosten pro Kilometer in Deutschland zwischen 500.000 und 900.000 Euro, je nachdem, was alles umgebraut werden muss. Ein Kilometer Autostraße kostet immer das Vielfache, nämlich zwischen 6 und 20 Millionen Euro, kann aber auch mal bei über 100 Millionen oder auch mal 200 liegen. 

Der Radverkehr bringt einer Stadt, abgesehen davon, dass seine Infrastruktur im Vergleich zur Autoinfrastruktur billig ist, zusätzliche Gewinne. Wer mit dem Rad fährt, fährt schon mal nicht mit dem Auto und beteiligt sich nicht am Stau und ist damit auch nicht für die Folgekosten von Autostaus verantwortlich. Fahrräder sind leise und emittieren keine Schadstoffe, Radfahrende sind gesünder als Autofahrende und melden sich seltener krank, was der Wirtschaft nützt. Radfahrende sind für den lokalen Handel auch die bessere Kundschaft. Sie kommen öfter, kaufen mehr und brauchen dafür keine großen Parkplätze oder Parkhäuser. Wenn viele das Rad statt das Auto nutzen, spart man auch beim Wohnungsbau die teuren Stellplätze für Autos. 

Ich finde, wir sollten grundsätzlich aufhören, uns über die Kosten oder "hohen" Kosten oder gar "unnötigen" Ausgaben für den Radverkehr aufzuregen. Eine gute, schöne, verständliche und durchgehende Radinfrastruktur, auf der sich Menschen jeden Alters sicher und gut aufgehoben fühlen, kostet Geld, das sich vielfach auszahlt. Wie Paris oder Kopenhagen zeigen, sind Städte, in denen nur wenige Autos fahren, belebte und sozial vielfältige Städte. 


3 Kommentare:

  1. "Wer mit dem Rad fährt, fährt schon mal nicht mit dem Auto und beteiligt sich nicht am Stau und ist damit auch nicht für die Folgekosten von Autostaus verantwortlich."
    Das klingt gut und schlüssig, in der Realität allerdings ist die breite Mehrheit der Rad fahrenden auch Auto fahrend. Zudem gilt, dass die Nichtbeteiligung am Autostau ja (leider!) die MIV Fahrleistungen nicht etwa senkt, sondern in vielen Fällen gerade durch den eintretenden Anti-Stau Effekt die MIV Fahrleistung sogar tendenziell vergrößert (erweiterter Erreichbarkeitsradius / Zersiedelung).
    Radfahren per se hat ja keinerlei ökologisch positive Wirkung. Diese kann sich erst einstellen, wenn Radfahren dazu führt, dass Autodichte und Autofahrleistung absinken.
    Das ist beim Konzept des separat (den MIV nicht behindernden) geführten Kurzstrecken Radverkehrs nicht der Fall, wie sich zB in NL und in der Metropolregion Kopenhagen gezeigt hat, um mal zwei 'Vorbilder' herauszugreifen.
    'Radverkehr' kann darüber hinaus zusätzlichen MIV induzieren, wenn etwa, statt gemütlich auf dem Sofa zu sitzen, einen Spaziergang zu machen oder auf dem Balkon/Garten Muße zu üben, das E-Mountainbike per SUV zum Wald gebracht wird, um dort - weil Radfahrend - die tägliche gute Tat zu vollbringen.
    Aber o.k. das ist nur eine Radnebemerkung, der eigentliche Artikelinhalt adressiert ja das krasse Ungleichgewicht der Rezeption der Kosten von Auto-Infra und Rad-Infra.
    Lobbys der 'oberen' 0,1% haben da jahrzehntelang ganze Arbeit geleistet.
    Wikipedia formuliert zutreffend (Bund der Steuerzahler):
    "Der Steuerzahlerbund vertritt vorrangig Partikularinteressen. Insbesondere Vertreter der mittelständischen Unternehmen und wohlhabende Privatpersonen sehen ihre Interessen vom Steuerzahlerbund vertreten."
    Dass (u.a.) dieser dubiosen Lobby derart breiter Raum in den Massenmedien eingeräumt wird, liegt nicht zuletzt daran, dass die Eigner der Massenmedien just der Schicht der 0,01% der Multimillionärs- und Milliardärs Familien angehören, die auch zB den Steuerzahlerbund betreibt.
    Alfons Krückmann

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  2. Na, wenn ich im Alltag Rad fahre, statt Auto, reduziere ich Autofahrten.

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  3. Erst mal: ich mag deinen Schreibfehler mit dem Wort "umgebraut"🙃
    Dann: der sogenannte "Bund der Steuerzahler" vertritt nicht meine Interessen. Ich habe da niemanden rein gewählt und bin kein Mitglied, obwohl ich Steuern zahle.
    Ich hatte das Gefühl beim Lesen der Meldung, dass Steuergeld für Planungen, Autofahrenden etwas wegzunehmen, per se Verschwendung für diesen Verein ist.

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