... als die aller anderen Verkehrsteilnehmer/innen?
Wir sind an dem Moment in der Verkehrswende angekommen, wo wir solche Fragen stellen. Das ist gut. Allerdings sind wir noch weit von grundlegenden Änderungen entfernt.
In Stuttgart - genauso wie in anderen Städten - soll der Autoverkehr immer rollen. Wenn er, wie am Sonntag während der autofreien Theo, kurz von Aktionsgruppen blockiert wird, spricht die Polizei von Nötigung. Wenn eine Baustelle den Gehweg blockiert und den Radstreifen gleich mit, zuckt sie mit den Schultern. Fußgänger/innen und Radfahrende haben offenbar Zeit. Sie benutzen ja nur ihre Muskelkraft, um Wartezeiten und Umwege zu bewältigen.
Baustellenumleitungen werden für Autos bestens organisiert, damit nichts ins Stocken gerät. Umwege werden vermieden. Radfahrende darf man über lange und steile Umwege schicken. Fußgänger/innen zwingt man, zwei Mal die Straße zu überqueren, weil eine Baustelle den Gehweg blockiert. Aber die Autos rollen.
Weder Fußgänger/innen, noch Radfahrer/innen können irgendetwas dafür,
dass sich so viele Menschen in die Autos setzen, dass sie sich morgens
und abends auf den Straßen stauen. Fußgänger/innen und Radfahrende sind
am Stau nicht beteiligt (sie mindern ihn vielmehr, weil sie nicht auch
im Auto sitzen), dennoch verlängern sich für sie die Wartezeiten an den Überwegen, je mehr Autos unterwegs sind.
Damit der Autoverkehr immer so gut wie irgend möglich rollt, auch wenn viel zu viele unterwegs sind, haben wir eine teure Verkehrsleitzentrale, die die Ampeln auf der Heilbronner Straße schon mal auf Dauergrün stellt (für die Autos) und Fußgänger und Radfahrenden, die wegen eines durch Baustelle blockierten Radwegs da rüber mussten, am Überweg mal kurz vier Minuten warten lässt. Menschen in den Autos sollen so wenig wie möglich aufgehalten werden. Bei Menschen ohne Motor und Blech um sich herum, spielt Zeit offenbar keine Rolle.
Wenn bei Stau viele Autofahrende auf Schleichwege ausweichen und die Durchfahrts- und Einfahrtverbote dabei komplett missachten, ruft das nur selten die Polizei auf den Plan, und wir können auch nicht damit rechnen, dass die Politik diese Schleichwegfahrten über verbotene Staßen wirkungsvoll unterbindet. Sie und die Exekutive (die Polizei) haben offensichtlich viel zu viel Verständnis für das angemaßte Recht des Autofahrers, Zeit zu sparen, wenn er in der Karre sitzt. Wozu muss ein Autofahrer eigentlich Zeit sparen, wenn er sich entschieden hat, das Auto genau dann zu benutzen, wenn es ganz viele andere auch tun, und deshalb ein Stau entsteht? Viele von ihnen können ein Fahrrad benutzen oder öffentliche Verkehrsmittel. Wollen sie aber nicht, weil sie eigentlich keine Zeit sparen wollen. Dennoch halten wir die Fiktion aufrecht, Auto fahren sei das Mittel der Wahl, um schnell anzukommen. Und daraus entsteht dann eine Art politischer Beflissenheit, dem Autofahrer alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen: Rotphasen an Ampeln, Fußgängerüberwege, Radfahrstreifen. Fürs Auto nur der direkte Weg. Viele Wege. Parallele Wege, schnelle Wege.
Radfahrende werden dagegen um große Kreuzungen über beampelte Fußgängerfuhrten außen herum geführt, weil man sie auf der Fahrbahn nicht direkt links abbiegen lassen will. Sie müssen dabei mehrmals auf Grün warten. Würde man für sie eine direkte Linksabbiegespur einrichten, würden sich die Rotphalsen für Autofahrende vielleicht um ein paar Sekunden verlängern. So aber verlieren Radfahrende viele Minuten.
Für Autos hat man Tunnels geschaffen und für Radfahrende verboten. Damit der Autoverkehr schnell unterm Berg durchrollt, den der Radfahrer auf gewundenen Wegen hoch und wieder runter radelt. Für Radfahrende immer der Umweg.
Warum dürfen es Autofahrende eigentlich immer eilig haben? Warum müssen Radfahrende und Fußgänger/innen eigentlich immer lange auf die paar Sekunden warten, die man ihnen dem Autoverkehr gegenüber Grün gibt? Warum darf eine Baustelle ihren Weg vollständig blockieren? Ist der Wunsch derer, die im Auto sitzen, immer überall so schnell wie möglich hinzukommen, wirklich mehr wert als derselbe Wunsch bei Fußgänger/innen und Radfahrer/innen?
Und wie lange wird das noch so sein?
Dieser Unsinn wird erst aufhören, wenn private Autofahrten in den Innenstädten endlich verboten werden - mit Vernunft der Autofahrenden ist vorher leider nicht zu rechnen.
AntwortenLöschenDarauf gibt es eine leichte Antwort:
AntwortenLöschen#keinerechtekeinepflichten
Die Ausrede, die Politik könne nichts machen wirkt ebenso hilflos, wie deren Panikmache vor vernunftgesteuerten Klimaaktivisten.
Am Ende werden wir Leistungsträger uns holen müssen, was uns zusteht.
Doch die Antwort ist eigentlich einfach: An dieser autozentrieten Gegebenheit muss sich was ändern. Das ist kein Naturgesetz.
AntwortenLöschenDas wird aber nur funktionieren wenn endlich genau diese Ungleichbehandlung aufhört.
Die Polizei muss wieder ihre Arbeit machen und auch die schwächeren Verkehrsteilnehmer effektiv und vor den Ursachen schützen. Belehrungen über Fahrradhelme helfen da nicht.
Ein schönes Beispiel wie sowas auch gehen kann gibts hier: https://www.west-midlands.police.uk/news/new-drive-improve-motorbike-safety
Die Fahrrad Stadt muss bei der Verkehrsplanung einfach mal umdenken, dann ist halt mal nur eine Kfz-Spur in der Baustelle da um noch den Radweg weiter zu führen.
Dann würden viele eben auch sehen, dass man mit dem Rad schon da wäre.
Das gilt Eigentlich für alle Verkehrsregelungen in der Stadt und auf dem Lande.
Ich hab mal irgendwo gelesen, das in den Niederlanden erst Rad und Fußwege geplant werden und dann gekuckt wird was für die Autos übrig bleibt.
Wenn man ein Gleichgewicht schaffen will muss man wohl erstmal die Gewichte anders verteilen.
Niemand will das Autofahren verbieten, es gibt sicher auch (zwar eher selten) gute Gründe für private Autofahrten.
Aber der Preis für den Ressourcenverbrauch muss eben auch entsprechend umgelegt werden.
Da es aber bei all den Dingen im Moment noch mangelt, denke ich die ganze „Verkehrswende“ ist nur vorgeschoben.
Das ist wie beim Umweltschutz, jeder ist dafür, aber aktiv was zu tun, ist halt eben eine andere Sache.
Und desto länger wir mit Alternativen warten umso härt wird dann der Einschlag.
Das frage ich mich auch öfter, wenn mich ein Kfz in einer 30er Zone mit 50+ trotz Gegenverkehr überholt, um dann über eine bereits rote Ampel zu schießen ;)
AntwortenLöschenIch denke der Ursprung der unterschiedlichen Wertigkeit liegt in der neoliberalen Ideologie: Der SUV-Fahrer ist halt wirtschaftlich gesehen wesentlich mehr wert als der Fußgänger. Dogmatitische Neoliberale wie Palmer in Tübingen leiten sogar daraus ab, dass der Fußgänger dem SUV-Fahrer seinen Wohlstand via Trickl Down zu verdanken hat: Da werden sogar die Buchten in den Parkhäusern eben mal breiter gemacht, damit der betuchte SUV-Fahrer schon in der Innenstadt Geld ausgeben kann.
AntwortenLöschenDer Rest ist vermutlich reine Korruption: Nachdem Daimler diese Woche zu fast einer Mrd. Bußgeld verurteilt wurde, kam prompt die Konzernmitteilung man würde in Rastatt weniger Investieren. Für mich ist klar: Die Daimler-Eliten hatten vorher damit unsere Entscheidungsträger erpresst zu erpressen versucht. Zum Glück ist unsere Justiz noch weitgehend souverän, die Politik und die Presse sind es leider nicht mehr.
Die Rechnung geht aber nicht auf: Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Also entweder pumpe ich 500€ im Monat in das Auto oder in den Einzelhandel, in meinen Garten, in die Kinder oder in Lebensmittel, die nicht zu Kampfpreisen erzeugt wurden.
LöschenEigentlich müssten ja die ÖPNV-Nutzer die höchste Prio im Verehr haben, denn das ist praktisch die Grundversorgung. Auf jeden Fall aber muss sichergestellt werden, dass die Auswirkungen von Staus allein die Autofahrer trifft. Busse, Bahnen und Radfahrende dürfen nicht durch Staus behindert werden. Dazu brauchen wir Busspuren, aber auch Radfahrstreifen o. ä.
AntwortenLöschenWas die Bilder betrifft:
Die komische Umleitung am Charlottenplatz entspricht nicht der StVO.
Baustellen sind in den Richtlinien für die Sicherheit ab Arbeitsstätten (RSA) geregelt. Diese widersprechen teilweise der StVO, daher hat die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW), nachgebessert. Obwohl Stuttgart AGFK-Mitglied ist, habe ich noch keine Baustellen gesehen, die diese Nachbesserung berücksichtigt. Meist werden nicht einmal die RSA-Regeln eingehalten.
Und an der Stelle komme ich auf Martha, deren Kommentar ich leider nicht mehr finde. Was die Polizei betrifft, die haben einen CDU-Innenminister. Aber warum in einer Grün geführten Stadt eine Verkehrsbehörde auch nach sechs Jahren immer noch unter Verstoß gegen geltendes Recht Rad fahrende und zu Fuß gehende ideologisch schikaniert, ist nur schwer zu schlucken.
Zu diesem Artikel fällt mir diese Baustelle an der Dieter-Roser-Brücke in Esslingen vor zwei Jahren ein:
AntwortenLöschenNeben der Fahrbahn verläuft der Fußweg mit Fahrradfreigabe über die Brücke. Die Freigabe wird gerne in Anspruch genommen: an einer ampelgeregelten mehrspurigen T-Kreuzung fährt man vorbei, an der nächsten ist die Ampelschaltung günstig, die mehrspurige Fahrbahn ist wenig einladend, Autofahrer "begrüßen" Fahrbahnradler mit Hupen und knappem Überholen.
50 m des Fußwegs auf der Brücke wurden gesperrt und zwar gründlichst: Schilder "Fußgänger verboten" und "Radfahrer verboten", mehrere Absperrschranken. Die Umleitung wurde mit 11 Umleitungsschildern ausgeschildert, derartigen "Service" kennt man als Fußgänger und Radfahrer in Esslingen ansonsten nicht.
Das Problem:
- normale Wegstrecke über die Brücke für Fußgänger (und Radfahrer): 150 m
- Wegstrecke der ausgeschilderten Umleitung: 2,1 km
Direkt neben dem Fußweg auf der Brücke verläuft eine zusätzliche Rechtsabbiegerspur. Jene für PKW und LKW sperren und als Umleitung für Fußgänger (und Radfahrer) nutzen? Was mag da in den Köpfen der Planer vorgegangen sein:
Nee, das haben wir in Esslingen noch nie gemacht... dadurch wird doch der Verkehr aufgehalten... Fußgänger haben doch Zeit, sonst würden sie Auto fahren... da stören auch 30 Minuten Umweg nicht ... die Umleitung führt schön durchs Grüne... wir stellen auch Verbots- und Umleitungsschilder für Radfahrer auf, damit keiner meckert, dass wir sie vergessen haben... was, die müssen gar nicht mehr auf dem Fußweg fahren?... die dürfen auch auf der Fahrbahn an der Baustelle vorbeifahren?... das ist aber gefährlich... dann stellen wir die Absperrbarken doch so auf, dass sie nicht auf die Fahrbahn kommen... dann fahren sie auch die Umleitung.
die Prioritäten werden bereits bei der Bereitschaft zu den Investitionen gesetzt. Utrecht gib 132€ pro Person und Jahr für Radinfrastruktur aus, Berlin 4,70€, Stuttgart 5,00€; München 2,30€...Zahlen zum Autoverkehr konnte ich nicht finden. Hier sprechen die Zahlen für sich....aber ich fürchte, dass diese Beiträge hier im Block doch von keinem Verantwortlichen für die Straßeninfrastruktur gelesen wird...es sind wohl eher die Radler unter sich...
AntwortenLöschenStuttgart wird, wenn der Haushalt so von einer Mehrheit der Parteien im Gemeinderat gebilligt wird, ab kommendem Jahr 20 Euro pro Einwohner/in und Jahr für den Radverkehr ausgeben. So steht es im Zielbeschluss und in der Haushaltsvorlage des Oberbürgermeisters.
Löschen...das wäre doch mal eine Ansage, die sich sehen lassen könnte,,,
LöschenLieber Überallhinradler,
Löschendein Beitrag ist zwar inhaltlich richtig, aber leider verstehe ich nicht den Zusammenhang mit dem Artikel.
Wenn die Polizei etwas als "Nötigung" einschätzt hat das nichts mit einem Budget zu tun.
Eine Baustellenbeschilderung, die Radfahrer schikaniert ist nicht billiger, als eine Beschilderung, die der StVO entspricht.
Wer am lautesten schreit, bekommt Recht. Das war schon immer so und wird es auch bleiben. Radfahrer und Fußgänger sind eher die stillen Wässerchen, denen man Radikalismus vorwirft, wenn sie ihren Unmut via Sticker kund tun. Autofahrer hingegen werden laut und aggressiv, wenn man es nur ansatzweise wagt, ihr Betätigungsfeld zu kritisieren. Deswegen: Seid auch laut, werdet radikaler, nervt Behörden und demonstriert für mehr Rechte, fahrt auf der Fahrbahn und lasst euch nicht zermürben. Ihr tut das Richtige!
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