25. Mai 2019

Wenns ums Auto geht, verlieren wir den Verstand

Niemand muss Fahrrad fahren, aber wer will, soll es bequem und vergnüngt können. Das könnte das Ziel einer Stadtplanung und Politk fürs Fahrrad sein. Ist es aber nicht.

Unsere Radinfrastruktur wurde bisher halbherzig geplant und gebaut. Viele fürchten sich auf ihr. Aus anderen Städten wissen wir aber, dass Menschen das Angebot einer guten Radinfrastruktur gerne nutzen. Sie steigen vom Auto aufs Fahrrad um. Das Potenzial ist riesig, auch bei uns in Stuttgart. Wir schöpfen es aber nicht ab. Unsere Politik ist da in höchstem Maß irrational und extrem unwirtschaftlich. Sie verschwendet Steuergelder für den Autoverkehr und das auch noch zu unser aller Nachteil. Der Autoverkehr kostet uns Milliarden, die von den Autofahrenden nicht übernommen werden, doch jeder in in den Radverkehr investierte Euro bringt einen Gewinn für uns alle von zwischen 2 und 38 Euro. Es wäre also vernünftig, in den Radverkehr zu investieren. Wer die Zahlen in allen Einzelheiten lesen will, der findet sie in diesem Artikel von David Binnig im Blog RennRad.

Was macht den Autoverkehr so unwirtschaftlich?
Autos produzieren Atemgifte, und die Gegenmaßnahmen sind teuer: Messstellen, Sonderasphalt, Straßenwaschungen, Feinstaubsauger, alles in Stuttgart zu besichtigen, alles von uns bezahlt. Sie machen Lärm, gegen die man Flüsterasphalt auflegt und Lärmschutzwände baut, die wir alle über unsere Steuern bezahlen. Der Lärm macht, ebenso wie die Atemgifte, Menschen krank. Die Kosten dafür tragen wir alle über unsere Krankenkassenbeiträge und die Finanzierung des Gesundheitssystems.
Autos verstopfen die Straßen, und der Straßenbau, mit dem man ihm immer neuen Raum schaffen will, ist teuer (Investitionen in Autotunnels sind irre teuer). Straßen brauchen außerdem Platz, sie drängen Fußgänger/innen an den Rand, sie begrenzen den Wohnungsbau und Aufenthaltsflächen. Auch der Unterhalt für Staßen ist teuer. Autos zerstören die Untergünde.
Parkhäuser und Parkplätze brauchen sehr viel Platz und kosten uns ebenfalls viel Geld fürs Anlegen und den Unterhalt. Da man für jede Wohnung Stellplätze mitbauen muss, macht das den Wohnraum und die Mieten teuer für uns alle.
Autos machen ihre Besitzer/innen krank. Wir leiden ohnehin an Bewegungsmangel und Verfettung. Wenn man sich jeden Weg fahren lässt, wird das nicht besser, sondern schlimmer. Kinder, die nicht mehr zu Fußg zur Schule gehen oder nicht zur Schule radeln, leiden unter Koordinationsmängeln und geistiger und sozialer Unterentwicklung. Die gesundheitlichen Folgen kosten uns ebenfalss viel Geld: Diabetes, Erkrankungen des Bewegungsapparats, psychische Probleme, schwache Leistungen in der Schule und so weiter.
Parklpätze in Innenstädten, dort wo eingekauft wird, blockieren den Handel. Wo viele Autos stehen oder Fahrer auf Parkplatzsuche herumkurven, bleiben andere Einkäufer/innen weg. Der Handel stagniert oder verödet sogar. 
Und nicht zu vergessen, die Schwerverletzten und Toten, für die der Autoverkehr verantwortlich ist. Jeden Tag stirbt ein Mensch auf einem Fahrrad in Deutschland. Er oder sie hinterlässt Familien, Verwandte, Angehörige, die trauern, die womöglich in finanzielle Schwierigkeiten kommen. 79.000 Radler werden verletzt und müssen in Krankenhäusern behandelt werden. Auch das kostet Geld. In Autos sterben jedes Jahr rund 3.000 Menschen. Auch sie hinterlassen geschockte und verzweifelte Angehörige. Rund 66.000 werden schwer verletzt und erzeugen Krankenhauskosten. Rund 30.00 Kinder unter 15 Jahren kommen jedes Jahr im Straßenverkehr zu Schaden, mit entsprechenden finanziellen und psycholgischen Folgen für die Beteiligten und uns alle. Knapp 32.000 Fußgänger/innen werden jedes Jahr im Autoverkehr verletzt, rund 500 getötet, die meisten übrigens innerorts. Und wenn wie in Stuttgart eine SUV-Fahrerin ein kleines Kind beim Ausparken überfährt, ist das nicht nur für die Familie des Opfers entsetzlich, sondern auch für die Fahrerin. Sie wird ihres Lebens nicht mehr froh. Die Gerichtskosten und die Kosten für nachfolgende Behandlungen (psychlogische und medizinische) tragen wir über unser Solidarsystem ebenfalls.

Den zweifelhaften Luxus, vor unserer Hautür in ein Auto zu steigen und zum Supermarkt, zur Schule, zu Freunden zu fahren, lassen wir uns sehr viel kosten. Er schadet uns als Individuen (wir bewegen und nicht mehr, wir werden krank) und unserer direkten Umgebung (überall parken Autos, die Luft ist schlecht, es ist laut, Menschen sterben oder werden verletzt).

All diese Faktoren fließen in die Berechnungen ein, die unsere Gesellschaft der Autoverkehr kostet. Berechnungen der Universtiät Lund zufolge erzeugen Autofahrende 20 Cent pro Kilometer an Kosten. Wenn ein Auto pro Jahr 20.000 km gefahren wird, dann sind das Kosten von 4.000 Euro. In Stuttgart sind das knapp 1 Milliarde Euro, die wir bezahlen müssen, auch die, die zu Fuß gehen oder Rad fahren und kein Auto besitzen.

Und wir werden noch viel mehr bezahlen müssen für eine verkehrte Verkehrspolitik. Der Dieselabgasbetrug der Autosindustrie hat uns gezeigt, dass durch den Autoverkehr höchstens die Konzerne gewinnen, nicht aber die Autobesitzer/innen. Viele kaufen sich derzeit neue Autos, weil die alten von den Autoherstellern nicht modernisiert werden. Die Politik reagiert auf die diversen Krisen der deutschen Autoindustrie regelmäßig mit Subventionen. Die Angst vor dem Untergang unserer Autoindustrie bestimmt ganz stark die Politik. Die Angst müsste nicht so groß sein, hätten wir beizeiten in Schiene, in Alternativen zum Verbrennungsmotor und in kleinere Autos, in Schifffahrtswege und den Radverkehr investiert. Und jetzt halten wir angstvoll an einer wirtschaftlich schädlichen Mobilitätstechnologie fest. Unsere Autoindustrie wird trotzdem untergehen, wenn sie es nicht schafft, in eine moderne Vorstellung von Mobilität zu investieren, in kleine und  emmissionsarme Fahrzeuge und in Konzeptionen für einen öffentlichen Verkehr (Busse). Und danach sieht es nicht aus. E-Autos (auch autonom fahrende) in der Größe von SUVs sind keine Lösung für unsere Städte. Das Beharren auf Benziner und Diesel schon gar nicht. Das E-Auto in derselben Größe und Menge ist auch keine Lösung für von Autos verstopfte Innenstädte.

Was macht den Radverkehr so wirtschaftlich?

Gemessen an den Milliarden, die wir für den traditionellen Autoverkehr ausgeben, sind Ausgaben für den Radverkehr in Höhe von 12 Millionen Euro pro Jahr, die der Zielbeschluss "fahrradfreundliches Stuttgart" vorsieht, ein Witz. Zumal jeder Euro wiederum einen Gewinn ausschüttet.

Radfahrende sind gesünder. Sie haben weniger Fehltage bei der Arbeit. Sie sind fitter und geistig wacher. Sie sind damit produktiver als Auto-Pendler, und das ist ein Vorteil für die Betriebe. Radfahrende leben länger und sind dabei gesünder, was die Krankenkosten reduziert. Das ist ein Vorteil für die Krankenkassen und unsere Krankenkassenbeiträge.
Radfahrende erzeugen lokale Gewinne. Sie kaufen einer Untersuchung der Universität Birmingham zufolge häufiger in lokalen Geschäften ein als Autofahrende oder solche, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Fahrradstellplätze liefern pro Quadratmeter das Fünfache an lokalen Konsumeinnahmen verglichen mit Autoparkplätzen. Ein Autoparplatz braucht übrigens nicht nur einen Quadratmeter, sondern zwölf. Auf einen Autostellplatz (ca. 6 Meter lang) passen ungefähr zehn bis zwölf Fahrräder. Wer ein trostloses Vorortzentrum beleben will, muss verkehrsberuhigen und Fahrradstellplätze einrichten. Dann kommen die Leute mit ihren Fahrrädern zum Einkaufen. (Und da kenne ich etliche in Stuttgart, die das dringend nötig hätten.)

Werden Waren mit Lastenfahrrädern angeliefert (auf kurzen Distanzen), dann liegt der Kostenvorteil gegenüber einem Transporter zwischen 40 und 60 Prozent.
Fahrräder prodzieren so gut wie keinen Lärm (es sei denn die Bremse quietscht mal). Ein reger Radverkehr macht Straßen leiser und die Anwohner/innen weniger krank.
Sie brauchen in unseren Wohn- und Nebenstraßen außerdem viel weniger Platz als ein fahrendes Auto. Werden sie abgestellt, verbrauchen sie nur ein Zwölftel des Platzes, den ein geparktes Auto braucht. Unsere Sträßenränder würden also deutlich lichter, wenn mehr Anwohner anstelle ihrer Autos Fahrräder abstellen würden. Das erhöht die Aufenthaltsqualität und den Lebensgenuss der Menschen, die vor allem im Sommer sehr gerne draußen sind. Das macht alle vergnügter und gesünder.
Radfahrerende produzieren so gut wie keine Atemgifte und ersparen uns gegenüber einer Autofahrt tonnenweise CO2. Menschliche Anstrengung erzeugt zwar auch CO2, aber das ist fast nichts im Vergleich zu dem, was Autofahrten erzeugen. Radfahrende produzieren keine Stickoxide. Auch bei einem Fahrradreifen und bei den Bremsen gibt es Abrieb (Feinstaub), aber der ist sehr viel geringer als bei unseren schweren Autos. Und wenn geölte Ketten durch Riemen ersetzt werden, fällt auch die geringe Öltröpfchenverschmutzung weg, die aber minimal ist im Vergleich, was Verbrennungsmotoren so unter sich lassen. Und wenn mehr Leute anstelle des Autos das Fahrrad nehmen, dann reduzieren sie damit auch den Autoverkehr, was sich kostengünstig auswirkt.
Radfahren ist sozial. Wer mit dem Fahrrad fährt, ist ohne Panzer um sich herum unterwegs, er isoliert sich nicht, sondern er begibt sich mitten unter die Leute, trifft Menschen, kommuniziert. Es gibt Untersuchungen, wonach Radfahrende mehr Kontakte in ihren Vierteln haben, sogar mehr Facebookkontakte. Auch das ist ein Gesundheitsfaktor. Und es nützt dem sozialen Gefüge einer Stadt.
Kinder, die mit dem Fahrrad zur Schule fahren dürfen (welch ein Luxus heutzutage!), sind oft besser in der Schule und besser in Mathe, denn Radfahren stärkt das räumliche Sehvermögen und die körperliche Koordination, das Verantwortungsgefühl und das Sozialverhalten. Kinder, die mit dem Fahrrad zur Schule oder zum Sport fahren, haben ein stärkeres Selbstbewusstsein und mehr soziale Kompetenzen, abgesehen davon, dass sie geistig wacher und körperlich fitter sind. Auch das erspart viele Kosten für Krankheiten des Herzkreislaufsystems, des Stoffwechsels und des Bewegunsapparats. Gesunde und wache Kinder sind überdies ein Gewinn für jede Familie.
Kinder lernen sich zurechtzufinden. Ein Kind, das selbst zur Schule gehen oder mit dem Fahrrad fahren darf, lernt auch seine Umgebung besser kennen. Kinder, die in Autos gebracht werden, sehen so gut wie nichts von den Straßen, Gebäude oder Bäumen auf dem Weg (das sieht man an Kinderzeichnungen), ganz anders die Kinder, die ohne Panzer um sich herum auf Straßen unterwegs sind. Die sind mit ihrer nächsten Umgebung vertraut, und sie können, je älter sie werden, mit dem Fahrrad ihren Aktionsradius erweitern. Das Fahrrad ist für Kinder und Jugendlich das einzige individuelle Verkehrsmittel, das sie, wann immer sie wollen, über weitere Strecken trägt und ihnen, fern von Erwachsenen, auch eigene altersgerechte Selbsterfahrungen erlaubt. Das hilft ihnen beim Erwachsenwerden und nützt der Gesellschaft, die Erwachsene braucht und nicht Menschen, die ewig Kinder bleiben.
Wo eine Stadt Radwege und Radschnellwege baut, kommen Radler. Pendler steigen um aufs Fahrrad, Touristen kommen, das Image steigt. Auch das ist ein positiver Kostenfaktor, der die Ausgaben für die Radinfrastruktur überwiegt.
Radfahren ist also nicht nur fürs Individuum gut, sondern trägt viel mehr zum Brutttoinlandsprodukt und Verrringerung allgemeiner Gesundheits- und Umweltkosten bei als das Autofahren, ganz abgesehen von Vorteilen für das soziale Leben einer Stadt.

Je nehr Radfahrer, desto weniger Unfälle

Was viele heute noch vom Radfahren abhält, ist die Angst oder Sorge, auf unseren Radstreifen, Radwegen und Stadtstraßen nicht sicher unterwegs sein zu können. Sie haben Angst vor Unfällen, vor rücksichtslosen Autofahrern. Elf Prozent Radfahrende haben wir derzeit in Deutschland. In den Niederlanden sind es 31 Prozent. Gleichzeitig verunglückt dort nur ein Zehntel der Radler vergleichen mit uns. Man nennt es den Safety-in-Numbers-Effekt. Viele Radfahrer auf einer sinnvollen und sicheren Radinfrastruktur führen dazu, dass sich Autofahrer daran gewöhnen, immer mit Radfahrern zu rechnen, und dass sie lernen mit dem Radverkehr umzugehen. Dazu gehören solche Sachen wie, dass es keinen Sinn hat, einen Radler in einer Tempo-30-Zone zu überholen, weil man sich an der nächsten Kreuzung wiedertrifft und der Ralder wieder vor einem ist. Dasselbe gilt für die Abschnitte zwischen zwei Ampeln. Der Überhol- und Tempodruck im Autoverkehr nimmt ab. Man arrangiert sich, damit der Verkehr fließt.


Radverkehr produziert Radverkehr

Eine durchgängige, geschützte und bequeme Radinfrastruktur bringt viele Menschen aufs Fahrrad, die sich jetzt noch nicht trauen, weil sie Angst vor Unfällen haben, das wiederum verringert das Unfallrisiko. Und wenn immer mehr Menschen sich aufs Fahrrad schwingen, dann färbt das ab. Der Nachbar hat sich ein Pedelec gekauft und erzählt begeistert, wie toll das alles damit geht, da kauft man sich auch eines. Man will ja gern zu einer Mehrheit gehören, um so mehr, wenn sie vernünftig ist.

Das sieht man sogar in Stuttgart, wo sich der Radverkehr auch dank der Pedelecs in den letzten 13 Jahren (die ich jetzt mit Pedelecs unterwegs bin) gefühlt verzehnfacht hat. (Objektiv wohl nicht, weil sich auch der Autoverkehr vervielfacht hat, sodass wir geschätzt im Modalmix auf 8 bis 10 Prozent Radfahrende kommen). In diesen letzten, sagen wir mal 15 Jahren, hat sich in Stuttgart eine Radkultur entwickelt, die Critical Mass hat mit ihren Fahrten begonnen und radelt im Sommer mit 2.000 Teilnehmer/innen, der Zweirat ist entstanden, aus dem der Radentscheid hervorgeganen ist, der 35.000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt hat, das aus rechtlichen Grünen nicht durchgeführt werden kann, aber in einen sehr umfassenden und sehr weitgehenden Zielbeschluss des Gemeindrats mündete, für eine Radförderung in der Größenordnung von zwsichen 20 und 40 Euro pro Jahr und Einwohner/in. Im Bürgerhaushalt ist der Radentscheid mit seinen Zielen auf Platz 10 gewählt worden. Man sieht also, die Bürgerinnen und Bürger wollen endlich ihren Radverkehr. Ganz dringend. Die Gelder für den Zielbeschluss müssen aber im kommenden Haushalt im Herbst noch vom Gemeinderat bewilligt werden (für Personal, für Koordination, für Planungsbüros, für den Bau der Radinfrastruktur), und dann muss die Verwaltung auch massiv und willig planen, und dies muss der Gemeindrat über viele Jahre auch unterstützend begleiten. Es braucht also eine stabile Mehrheit für eine moderne Verkehrspolitik, die wegkommt von der irrationalen und schädlichen Autoverliebtheit und hinfindet zu einem vernünftigen und ökonomisch und ökologisch sinnvollen Verkehrskonzept.

Warum tun wir es dann nicht, warum wird der Radverkehr nur so unwillig gefördert?
Und obgleich die Stadt Stuttgart wie jede andere davon nur einen Gewinn haben kann, ist der politische Wille, den Radverkehr wirklich zu fördern, in Deutschland gering. Fianziell ist das gar kein Problem. Radwege sind vergleichsweise kostenfünstig, übrgens auch im Unterhalt, und Geld ist ohnehin genug vorhanden, wie man an den Ausgaben für den Autoverkehr samt Subventionierung von E-Autos, Umstauschrprämien und dem Abfangen der Kosten für den Dieselbetrug sieht. Derzeit geben Städte für den Radverkehr nur zwischen 2,30 (München) und 5 Euro (Stuttgart) aus. In Kopenhagen sind es 35 Euro, in Oslo 70. Ein Politiker, der rechnen kann, müsste vor allem angesichts der drohenden Wirtschaftskrise, sofort in den Radverkehr investieren. Das wäre vernünftig.
Aber beim Auto setzt in Deutschland die Vernunft aus. Da wird der Zusammenhang zwischen Raserei auf Autobahnen und Verkehrstoten geleugnet, da demonstriert man gegen gerichtlich angeordnete Dieselfahrverbote, da schafft man ein Gesetz, um EU-Grenzwerte zu umgehen, das vom Gericht wieder kassiert wird, da wehrt man sich gegen sinnvolle Maßnahmen zur Luftreinhaltung, die Fahrverbote verhindert hätten, aber mit Busspuren oder Fahreinschränkungen einher gegangen wären. Und dagegen wehren sich nicht nur CDU, FDP, Freie Wähler und die Ultrarechten, sondern auch in Teilen die SPD.
Es ist offensichtlich, dass es denen, die sich große Autos leisten können und viel unterwegs sind (Politiker/innen) schwer fällt, von der Gewohnheit Abschied zu nehmen, ins Auto zu steigen. Es fällt der berufstätigen Frau schwer, die Kinder nicht in den SUV zu setzen und zur Schule zu fahren. Das Auto ist ja da, also fährt man es auch. Wie bei allen nicht ganz rationalen Gewohnheiten mit Suchtcharakter, führen sie irrationale Gründe an, sie beizubehalten: Öffentlicher Nahverkehr ist zu teuer (müsste kostenlos sein), Radfahren ist zu gefährlich, Stuttgart lebt von der Autoindustrie, eine Sprudelkiste könne man nur im Auto transportieren, mein Kind könnte auf dem Weg zur Schule von einem Auto tot gefahren werden.

Der einzige Weg da heraus ist: Autoentzug.

Es dürften sogar viele dankbar sein, dass sie mal gezwungen wären, eine Stadtbahn für die Fahrt zum Samstags-Shoppen oder zur Arbeit zu besteigen (ist eigentlich viel stressfreier) oder mit dem Fahrrad zum Bäcker zu fahren (wie erfrischend!). Um das zu erreichen, muss man übrigens das Autofahren gar nicht verbieten, man muss nur in der Innenstadt die Straßenrandparkplätze alle wegnehmen (auch dazu gibt es einen fast zwei Jahre alten Zielbeschlus), das Falschparken auf Gehwegen und verbotenen Ecken konsequent ahnden (auch durch Abschleppen), eine gute Radinfrastruktur anlegen, auf der sich alle von 8 bis 80 sicher fühlen, und dem Fußverkehr wesentlich mehr Quereungen über Autostraßen anbieten als derzeit. Dann wird es unattraktiv, mit dem Auto drei bis fünf Kilometer in die Innenstadt zu rammeln. Und wenn man dann noch in Wohngebieten und an Bahnhöfen viele Radabstellplätze (auch sichere Radgaragen) anbietet, dann können viele, die es schon lange wollen, Pedelecs kaufen und endlich ihr Auto abschaffen.

Und dann hat Stuttgart als Stadt alles gewonnen, was sie braucht, um lebenswert und gesund zu sein. Lasst uns daran arbeiten!

Also auch: Am Sonntag wählen gehen. Es kommt schon darauf an, dass im Gemeinderat eine fahrradfreundliche Politik gemacht werden kann, also auch Mehrheiten dafür zustande kommen. Man kann bei der Kommunalwahl Einzelpersonen  jeweils 3 Stimmen geben, auch auf verschiedenen Listen, darf aber insgesamt nicht mehr als 60 Stimmen vergeben. Man kanmn zwei oder drei Leute aus anderen Listen auch unter die bevorzugten Liste schreiben (in die Zeilen unten). Man kann auch ganze Listen abgeben, auf denen immer 60 Kandidat/innen stehen.

Ich stehe auf der Liste der Grünen auf Platz 17. Falls ihr wollt, dass ich wieder im Gemeindrat bin, müsstet ihr mich hochwählen. Das geht so: Mir 3 Stimmen geben, aber niemandem über mir welche geben. Dass ich auf einem nicht sicheren Listenplatz stehe  (was schon einigen von euch sauer aufgestoßen ist) hat folgenden Grund: Die Listenkommission war nicht so glücklich beraten und musste dem Votum der Basis folgen, auf jedem dritten Platz Neulinge aufzustellen, und ich bin aus Respekt beim Listenparteitag nicht gegen die jungen Frauen, Newcomerinnen oder die erfahrenen Stadträtinen in einer Kampfkandidatur angetreten, um sie rauszukicken. Wer mich kennt, weiß, dass es mir nicht um mich geht, sondern nur um den Radverkehr, also ausschließlich um Sachfragen. Und ihr, die Wählerinnen und Wähler, entscheidet, und das ist auch gut so.

5 Kommentare:

  1. Ja. So ist das mit den Grünen.
    Hätte hätte Fahrradkette...

    Meine 3 Stimmen haben Sie - trotzdem.

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  2. Was für mich fast genauso schlimm ist, wie die nicht vorhandene Radinfrastruktur, daß ich seit 20 Jahren als Nichtwähler gezwungen werde zur Wahl zu gehen, um hier Fahrrad fahren zu können.

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  3. PS: Hoffentlich erlebe ich eine verbesserte Infrastruktur Umsetzung überhaupt noch.

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  4. Ralph Gutschmidt25. Mai 2019 um 17:31

    Gutes Beispiel ist jetzt wieder der Ärger um die Landesbauordnung. Überall wird kritisiert, dass Bauherren Platz für Fahrräder vorsehen müssen und das das Bauen verteuern würde.

    Dass Bauherren vor allem Platz für Autos vorsehen müssen und das nun wirklich ein Vielfaches dessen kostet, was Fahrradstellplätze kosten und natürlich auch viel mehr wertvollen Wohnraum verbraucht, stört offenbar niemanden (außer mir natürlich, aber das interessiert ja keinen)

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  5. Welche Kandidaten speziell für den Radverkehr kann man denn in Tübingen wählen?

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