7. Juni 2020

StVO-Novelle: Abhängig von Autofahrers Gnaden

Sagen wir es mal ganz klar: Die neuen Regelungen in der StVO für Radfahrende dienen nur der Zementierung der Verhältnisse. 

Ja, man darf jetzt auch mal nebeneinander radeln. Autofahrende müssen mit 1,5 Metern Abstand überholen. Man kann leichter Fahrradstraßen ausweisen und ganze Viertel zu Fahrradzonen erklären. Lkw-Fahrer dürfen nur in Schrittgewschwindigkeit (11 km/h) abbiegen. Man kann ein Verkehrzeichen aufstellen, das es verbietet, Zweiräder zu überholen. Es gibt den Grünpfeil am Ampeln für Radfahrende. Aber seien wir ehrlich: Was nützt es uns?

Der Überholabstand ist kaum überprüfbar. Radfahrende machen jeweils einzeln die Erfahrung, dass sie zu knapp überholt werden, und haben kaum Chance, mit einer Anzeige durchzukommen.  Denn wie beweisen? Die Polizei könnte mit Abstandsmessgeräten radeln, aber das sind sehr punktuelle Kontrollen. An der Überholhast von Autofahrenden  werden auch Überholverbots-Schilder nicht viel ändern. Verehrszeichen werden oft übersehen oder gar nicht verstanden.

Tübingen
Fahrradstraßen gibt es eigentlich gar nicht. Es gibt zwar das Verkehrzeichen, aber fast überall dürfen Autos fahren. Bei den jetzt erlaubten Fahrradzonen dürfte das ähnlich laufen. Und wozu sie überhaupt ausweisen? In Tempo-30-Zonen macht es keinen Unterschied, ob da noch Fahrradzonnschilder hängen. Am Verhalten der Autofahrenden ändern sie nichts. Egal ob Fahrradsstraßen nur für Anlieger noch frei oder ausnahmsweise mal ganz für Autos verboten sind (wie in Stuttgart die Eberhardstraße), sie werden mit Autos durchfahren. Und Radfahrende werden nur dann dort nicht überholt, wenn so viele unterwegs sind, dass Autofahrende keine Lücke sehen, ansonsten aber herrscht derselbe Überholdruck.

Obgleich Lkw mit Schrittgeschwindigkeit abbiegen müssen, kommt es weiterhin zu tödlichen Abbiegeunfällen. Ob der Lkw-Fahrer Schrittgeschwindigkeit gefahren ist, als er eine Radfahrerin tötete, lässt sich im Nachhinein wahrscheinlich feststellen, nur, welche Konsequenzen hat es für den Fahrer? Und wer überprüft die Abbiegegeschwindigkeiten eigentlich im Alltag? Den Abbiegeassistenten hat der Bundesverkehrsministerium nicht eingeführt.

Die polizeiliche Überwachung dieser Regeln ist mühsam und personalintensiv. Die Ordnungspolizei hat viel zu tun, weil überall Autos ineinander krachen und sie zur Unfallaufnahme erscheinen muss. Regelwidriges Verhalten von Autofahrenden bleibt meist unsanktioniert. Darauf können sich Autofahrende verlassen. Und sie tun es. Denn würden sich sich nicht darauf verlassen können, dass sie nur ganz selten erwischt und bestraft werden, würden sie nicht so exzessiv auf Gehwegen parken, Durchfahrtsverbote ignorieren und Radfahrende in Bedrängnis bringen.

Wir Radfahrende haben mit der Novelle nur eine weitere Möglichkeit bekommen, uns über Regelversstöße durch Autofahrende aufzuregen. Wir können in individuellen Wortgefechten mit Autofahrenden darauf hinweisen, dass diese eine Verkehrsregel verletzt und uns in Gefahr gebracht haben. Es gibt noch mehr Geschrei. Wer holt schon die Polizei bei einem knappen Überholabstand (wenn es nicht auch noch die Polizei selbst ist, die den Regelverstoß begeht)? Welche Polizei kommt dann auch? Sie kommt ja auch nicht zügig, wenn wir sie rufen, weil Autos reihenweise auf Radwegen oder Radsreifen parken. Die Ämter auch in Stuttgart werden noch mehr Beschwerdebriefe kriegen und beantworten müssen. Ich vermute, auch die Ordnungsämter hätten statt schwer durchsetzbarer Regeln lieber eine Infrastruktur, die Konflikte zwischen Autofahrenden und Radfahrenden minimieren würde.

Das Bundesverkehrsministerium hat einen hübschen Coup gelandet. Es sieht so aus, als würde man was für unsere Sicherheit tun. Aber was nützt es, wenn Verstöße nur schwer justiziabel zu machen sind? Wirkliche Verbesserungen für uns Radfahrende sehe ich nicht. Denn  eine Verbesserung unserer Sicherheit hängt nur davon ab, ob Autofahrende sich rücksichtsvoller verhalten und die Regeln auch einhalten oder eben nicht. Diese Abhängigkeit vom Verhalten der Autofahrenden uns gegenüber wäre nur dann endlich aufgehoben, wenn wir eine eigene Infrastruktur hätten, die Konflikte gar nicht erst entstehen lässt.

Höhere Strafen haben einen gewissen Effekt. Seit auch das Halten auf Schutzstreifen (auf Radfahrsteifen sowieso) verboten ist und die Bußgelder dafür höher sind, sehe ich Postfahrzeuge in der Wilhelmsstraße zur Ogastraße hin  immerhin jetzt öfter auf der Autofahrbahn halten, nicht mehr auf dem Schutzstreifen. Da hat wohl eine betriebsinterne Information stattgefunden. Pkw-Lenker:innen oder Fahrer:innen von Firmenfahrzeugen sind entweder noch nicht informiert oder gewohnt, Strafandrohungen nicht ernst zu nehmen. Sie stellen ihre Fahrzeuge weiterhin auf Radfahrstreifen ab, etwa hier vor dem Kiosk in Kaltental. Drakonisch sind die Strafen allerdings bei uns noch nicht. Und der Protest gegen die Strafen bei Raserei zeigt, dass wir es in Deutschland nicht gewöhnt sind, zu akzeptieren, dass Regeln gelten, weil sie sinnvoll sind.

Den effinzientesten Schutz vor übergriffigen Autofahrenden ist übrigens der baulich getrennte Radweg, auf den kein Auto hinauffahren kann. Dann fallen Konflikte zwischen Autofahrenden und Radfahrenden aus. Kommt eine sichere Kreuzung dazu, fällt die Angst vor tödlichen Abbiegeunfällen auch weg.

Angst-Raum Fahrradweiche
Statt Sonderregelungen für den Radvekehr, braucht es mehr Platz fürs Fahrrad. Wir brauchen keine Regeln, die nur von der Polizei durchgesetzt werden können, sondern eine Radinfrastruktur, die durchgängig, sicher und bequem ist, und auf der alle von 8 bis 80 konfliktfrei radeln können. Statt Überholverbotsschildern also Parkplätze weg und Radweg hin. Mit dem Platz-Schaffen für den Radverkehr beschäftigt sich aber kein Regelwerk (auch die ERA nicht). Radstreifen werden hingeklemmt, wo es geht, und wo nicht, hören sie auf. Nur Berlin hat bisher ein Fahrradgesetz. Aber der Bund hat keines.

Wir brauchen ein Fahrradgesetz,  in dem festgeschrieben ist,
  • dass Städte ein durchgängiges Radverkehrsnetz schaffen müssen, auf dem auch Kinder sicher unterwegs sind.
  • dass Städte und Gemeinden nicht nur breite Radwege entlang aller Haptsstraßen bauen dürfen, sondern auch müssen.
  • wie eine sichere Kreuzung aussieht, wo Radfahrende nicht mehr unter die Räder abbiegender Lkw kommen
  • wie sichere Kreisverkehre aussehen
  • dass die Flüssigkeit des Autovekehrs nicht mehr oberste Priorität vor dem Rad- und Fußverkehr hat. 
  • alle Radrouten (auch parallel zu Fußgängerquerungen) mit Radampeln ausgestattet sein müssen (also Lichtzeichen mit Rot-Gelb-Grün an der Haltelinie).
Die Realität: In Stuttgart sind Pop-up-Radstreifen (die in Berlin Kreuzberg angelgt wurden, weil Berlin ein Fahrradgesetz hat und weil in Kreuzberg ein Mann besonders engagiert ist) auf der Weinsteige und Cannstatter Straße, also zwei Bundesstraßen, auch deshalb gescheitert, weil die Verkehrsbehörde verpflichtet ist, zu prüfen, ob der Autoverkehr dann noch flüssig abgewickelt werden kann, und weil das Regierungspräsidium dann auch noch ein Wort mitzureden hat. Die Hürden für das schnelle Ausbreiten einer (auch zunächst probeweisen) Radinfrastruktur ins Staßennetz einer Stadt liegen hoch. Der Konflikt Parkplatz gegen Radweg muss Meter für Meter ausgefochten werden. Fahrspuren für einen Radweg wegzunehmen, erscheint nahezu unmöglich, wenn zu den Haupverkehrszeiten dort Stau herrscht. Und Kreuzungen für Radfahrende bequem und sicher zu gestalten (also kein Hopping über Fußängerampeln mehr), scheitert an dem Aufwand für Ampelschaltungen mit Räumzeiten für Radfahrende und der Angst, damit Autostau zu produzieren. In unseren Städten ist die gesamte Verkehrsinfrastruktur ja nur darauf ausgerichtet, den Autovekrehr zu Haupverkehrszeiten  (also vier bis fünf Stunden am Tag), flüssig zu halten.

Ein Fahrradgesetz würde dem Radverkehr (und auch dem Fußverkehr) eine Chance verschaffen, in der Verkehrsplanung gleichberechtigt mit dem Auto vorzukommen, was Flüssigkeit, Bequemlichkeit und Sicherheit betrifft. Nicht mehr der Anspruch der Autofahrenden, so schnell wie möglich zu fahren und überall zu parken, wo es eben geht, wäre die Norm der Planung, sondern die Geschwindigkeit und Sicherheit von Radfahrenden  und zu Fuß Gehenden wäre die Norm für Planung und Regelung des Autoverkehrs. Doch davon sind wir weit entfernt. 

26 Kommentare:

  1. Vor kurzem hast Du die Novelle noch gefeiert und warst mega euphorisch. Bringen wir die Sache auf den Punkt: 9 Jahre Kretschmann-Hermann-Kuhn-Regierung (GRÜNE) und die Radverkehrspolitik hat sich zu einem Desaster in BW 'entwickelt'. Totalausfall-alles Schönreden bringt nix.

    Schaut man sich den neuen Fahrradstädte-Index genauer an, dann fällt auf, das sogar Baden wesentlich weiter ist, als Württemberg. Stuttgart auf Platz 47! https://www.coya.com/bike/fahrrad-index-2019

    Es wird Zeit, das dieser analoge, rückwärtsgewandte Auto-Kretschmann geht. Wenn die GRÜNEN klug sind, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt für den Putsch. Bei der Gelegenheit auch gleich Hermann 'politisch entsorgen'. Es muss einfach eine jüngere Generation ran...

    Auch wenn ich Boris Palmer nicht mag und mir sein Pseudo-Nazi-AfD-Dauerdummgeschwätz tierisch auf den Zeiger geht, bin ich mir doch sicher, das er die Radverkehrspolitik als Minister in BW vorangebracht hätte. Leider ist er jetzt politisch völlig verbrannt.

    CDU und Radverkehrpolitik, heißt Stillstand
    GRÜNE und Radverkehrpolitik, heißt Stillstand
    SPD und Radverkehrpolitik, heißt Stillstand
    FDP und Radverkehrpolitik, heißt Stillstand
    AfD und Radverkehrpolitik, heißt Stillstand

    Bleibt für mich als Bürger nur noch die Option, das ich bei der nächsten LTW nicht mehr wählen gehe...das geringste 'Übel' zu wählen ist für mich keine Option mehr. Selbst da kommt nix dabei raus... Lg Claudia Riegert



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    1. Herrmann ist ein sympatischer Zeitgenosse, der unter Kretschmann klein gehalten wird- dem wahren Problem. Palmer hat in Tübingen geschafft, was Stuttgarter in Stuttgart schaffen (Schutzstreifen in der Gosse u.a.)- ansonsten bin ich bei dir.

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    2. Ralph Gutschmidt7. Juni 2020 um 12:56

      Hallo zusammen,

      Minister Hermann kann man an der Stelle keinen Vorwurf machen. Er macht Grüne Politik, so weit es möglich ist.

      Die Stuttgarter Verwaltung unter dem Leiter Kuhn verstößt nach wie vor zugunsten des Autoverkehrs gegen das Gesetz.

      Insofern stimmt es: eine neue StVO nützt nichts, wenn die zuständige Verkehrsbehörde entscheidet, die Vorschriften nicht anzuwenden.

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    3. Claudia, so viel Hass und Verachtung. Bist du eigentlic ein glücklicher und netter Mensch?

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  2. Hallo Claudia, was soll das das Politik-Bashing? Was stellst Du Dir denn vor was es konstruktiv zur Änderung der angeklagten Zustände beiträgt? Nix!
    Scheinbar hast Du einfach nicht verstanden,
    a) wie Politik funktioniert
    b) wie Ämter und Stadtverwaltungen funktionieren

    Was hast *DU* denn schon mal für eine bessere Rad-Infrastruktur getan außer rumgemotzt?

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  3. Bashing? Ich als Radfahrer fühle mich von keiner Partei mehr vertreten. So einfach ist es!

    100%ige Zustimmung. An der GRÜNEN-Basis rumort es gewaltig. BW fällt bei allem insgesamt zurück. Viele die ich kenne, wollen keine weitere Amtszeit von MP Kretschmann. Sein Corona-Krisenmanagement war blaß und die Bauchlandung bei Autoprämie, waren einfach politisch zuviel. Die GRÜNEN laufen gerade Gefahr, bei der nächsten LTW in BW von der CDU abgelöst zu werden, wenn sie weiterhin auf MP Kretschmann setzen.... Alex Schubert

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    1. In Stuttgart kämpfen die Grünen im Gemeinderat für mehr Radinfrastruktur, sind aber kürzlich erst bei weiteren Pop.Up-Bike-Lanes an der Nicht-Zustimmung der SPD gescheitert und haben keine Mehrheit zusammenbekommen. Im Grunde sind Pareien und der Parteienproporz in den Gremien ein Spiegel derr Gesellschaft. Die Mehrheit muss Parteien wählen, die gegen den Klimawandel und für eine Mobilitätswende arbeitetn und die müssen dann eine absolute Mehrheit haben. DAs is Demokratie. Eien Diktatur der Guten darf es auch nicht geben.

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  4. Christine, du forderst ein Radgesetz, weil die handelden staatlichen Stellen, Polizeipräsidium Stuttgart und Amt für öffentliche Ordnung, die geltenden Gesetze nicht durchsetzen? Was gibt dir die Zuversicht, dass sie willens sind ein Fahrradgesetz zu achten? Überholabstände kann man kontrollieren, es gibt die technischen Möglichkeiten, Bsp "Operation close pass" der Midland Polizei in England. Kreuzungen kann man auch heute schon sicher machen, kein Gesetz verbietet das. Das Fahrverbot für Autos in Fahrradstraßen gibt es, man muß es nur durchsetzen wollen. Ich bin kein Jurist, aber härtere Strafen für LKW Fahrer die Radfahrer oder Fußgänger beim Rechtsabbiegen töten sind sicherlich möglich. Die polizeiliche Überwachung muss nicht aufwändig und personalintensiv sein. Wenn Vergehen konsequent geahndet werden und der Strafrahmen ausgeschöpft wird, hat das durchaus erzieherischen Erfolg. Fehlverhalten welches nicht sanktioniert wird wiederholt sich. Klar, wenn das AfÖ sich beklagt, man hat nicht das notwendige Personal alle Radwegsperrungen oder Radumleitungen bei Baustellen zu kontrollieren, liegt das vielleicht auch an der Verweigerungshaltung Baufirmen zu sanktionieren. Warum sollten diese sich die Mühe machen die Anweisungen der Stadt zu befolgen, passiert ja eh nichts wenn man es ignoriert. Ich glaube es wäre schon viel erreicht, wenn Polizei und AfÖ nicht die bereits bestehenden Regeln unterlaufen würden und sie dadurch ad absurdum führen würden. Ein Polizeipräsident der eben nicht verallgemeinert und (ich glaube es war in einem der früheren jährlichen Unfallberichte des Polizeipräsidiums Stuttgart)unwidersprochen behaupten darf, Radfahrer halten sich mehr oder weniger an keine Regeln. Eine Amtsleiterin die Bürger, welche Anzeige gegen Falschparker stellen, im Morgenmazin des Fersehens nicht in die Naziecke steckt (Blockwart Vorwurf) sondern einfach ihre Arbeit macht. Ich möchte da den Gemeinderat gerne miteinschließen. Was ist denn aus dem Zielbeschluß der im Februar letzten Jahres beim Verbot des Radentscheids geworden? Hat der GR nachgefragt was mit dem Stuttgart-Standard ist? Gibt es schon den jährlich beschlossenen Monitoringbericht der Verwaltung bezüglich der Maßnahmen (falls ja, freu mich über Link). Wurde die Unfallkreuzung im Osten analysiert, Maßnahmen getroffen? Wenn man Beschlüße fasst, muss man auch kontrollieren ob sie umgesetzt werden. Macht ihr das?
    Ja, ein Radgesetz wie in Berlin könnte vieles vereinfachen. Aber das würde nur über ein Volksbegehren gehen. Baden Württemberg hat eines der schlechtesten Gesetze zur Bürgerbeteiligung in Deutschland (die CSU ist da weit fortschrittlicher). Ich habe meine Zweifel ob das überhaupt in BW rechtlich zulässig wäre. Es würde Auswirkungen auf den Haushalt haben und wir haben ja gerade bei der Initiative der Landes SPD zu den Kitas gelernt, so etwas wäre in BW illegal. Also müssten wir esrtmal die Verfassung und das Gesetz zu Bürgerbegehren ändern...puuuuh, ob da ein Leben reicht?

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    1. Lieber Rainer, ja, vielleicht brauchen wir kein Radgesetz, aber wir brauchen in Deutschland und in allen Städten einen deutlich breiteren Konsens für eine Radförderung, die den Namen auch verdient. In Stuttgart bricht die knappe Mehrheit schnell weg, wenn es konkret wird. Und ich stelle mir gerade vor, wie an allen Strecken in Stuttgart, wo es ein Durchfahrtverbot für Autos gibt, den ganzen Tag, mehrere Tage hintereinander Polizisten stehen. Dazu noch die Polizisten, die die Überhoabstände zu Radfahrenden überwachen. Man braucht schon ein große Menge Polizei, um die Regeln durchzusetzen. Eine geschützte RAdinfrastruktur, die mehr Sicherheit vermittel als die jetzige (gefühlt und real), brauchen wir aber sowieso, weil sonst die Besorgten nicht radeln. Sie würde Konflikte in der freien Wildbahn Fahrbahn vermindern. Natürlich gibt es keine absolute Sicheheit. Aber kleine Fehler sollen weniger schwerwiegend sein und höhere Strafen beim Abbiegen würden vermutlich nichts nützen, denn die Lkw-Fahrer machen diese kleinen Fehler mit tödlichen Folgen ja nicht absichtlich.

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    2. Ja Christine, wir brauchen einen größeren Konsens für eine Radförderung. Deshalb war das ja auch eines der wichtigsten Ziele des Radentscheids, nämlich eine Kampagne für das gegenseitige Miteinander im Straßenverkehr durchzuführen. Dankenswerter Weise würde das ja auch im Zielbeschluß des GR aufgenommen und ein Beschluß formuliert (kopiert aus deinem Blogbeitrag zum Zielbeschluß): "16. Für ein fahrradfreundliches Stuttgart werden öffentliche Kampagnen mit großer Reichweite durchgeführt, die alle Verkehrsteilnehmer*innen für einander sensibilisieren. Noch 2019 wird eine Kampagne gestartet, die den Überholabstand von Kfz zu Radfahrenden thematisiert. "
      Wir haben jetzt mitte 2020, die Kampagne hätte letztes Jahr starten sollen. Eine Kampagne für mehr Verkehrssicherheit und Verständnis füreinander im Straßenverkehr ist nichts kompliziertes. Da gibt es kein Gesetz oder sonst was, das so etwas verbieten würde. Was ich damit sagen will, wir haben ein Problem mit der Leitungsebene der Verwaltung welche Beschlüße des GR eben nicht umsetzt sondern ihre eigene Agenda fährt. Und wir haben einen GR der ihr das mehr oder weniger durchgehen lässt und zu wenig darauf achtet, dass seine Beschlüsse auch umgesetzt werden. "Die Behörden machen eigentlich in eienr Stadt, was der Gemeinderat bestimmt",schreibst du in einer Antwort. Ja, allerdings wenn es um Förderung des Rad- oder Fußverkehrs geht, mißachtet man die demokratische Legitimation des GR und hat seine eigenen Vorstellung wie Stuttgart sein soll. Dennoch, die Diskussion über ein BW Radweggesetz, warum nicht? Lass mich gerne überzeugen! Damit hast du die Diskussion losgetreten...;-)

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  5. Und mittlerweile sind wir im Jahr 2020. Und wir haben nur noch (allerhöchstens) 10 Jahre. Das ist wie mit dem Rassismus, im Grunde ändert sich nie etwas.

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    1. Und zwar aus den gleichen Gründen. Die überwiegende (autofahrende) Mehrheit ist gar nicht in der Lage, das Problem zu erkennen, geschweige denn zu erfassen.

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  6. ...ich verstehe wirklich nicht, wieso das Fahrradfahren, auch in Stuttgart so deutlich erschwert und mit so großer Ausdauer von allen Behörden verhindert wird?

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    1. Die Behörden machen eigentlich in eienr Stadt, was der Gemeinderat bestimmt. Und leider gibt es zwar oft knappe Mehrheiten ganz generell für den Ausbau des Radverkehrs, wenn es dann aber konkret wird, wie kürzlich in Stuttgart bei mehr neuen temporären Radwegen under Wegname einer Autospur, dann bricht eine Partei der Radkoalition weg und es gibt diese Mehrheit nicht. Hätten wir ein Radgesetz in Deutschland, wären viele Grundkonflikte (Parkplatz gegen Radstreifen etc.) schon geklärt.

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    2. ...danke für die Hinweise...viel Ärger entsteht ja immer wieder, wenn die Zusammenhänge nicht ausreichend kommuniziert werden, bzw. nicht nachvollziehbar sind...gut fände ich noch, wenn man, auch in diesem Block, statt des beklagen der Verhältnisse über Möglichkeiten zu informiern, wie der Einzelne zur Verbesserung der gesamten Situation beitragen kann. Aber auch vor allem über die aktuellen Prozesse sachlich zu informieren...

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    3. iele Grundkonflikte sind eigentlich schon geklärt in den Verwaltungsvorschriften zur StVO und in den technischen Regelwerken, die die genauen Details festlegen.

      Leider enthalten diese Widersprüche untereinander - teils, weil sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten publiziert wurden, teils weil sie in einer Detail-Hierarchie stehen, teils weil niemand in jedem einzelnen Absatz sämtliche relevanten Aspekte umfassend berücksichtigen kann. Und sie gehen in manchen Punkten nicht weit genug (z.B. die ERA 2010), sodass man als Radfahrer manche Schutzstreifen gar nicht benutzen darf, ohne Teilschuld bei einem Unfall zu bekommen, weil Gerichte und BAST z.B. unterschiedliche Überholabstände zwischen Radfahrern und Fußgängern ansetzen.

      Da Stuttgart aber noch meilenweit von den Mindestvorgaben aus RAST und ERA entfernt ist, würdest Du, Christine, schon extrem viel Verbesserungen erreichen, wenn Du die Verwaltung (Amt für öffentliche Ordnung als Verkehrsbehörde) auf das Einhalten ihrer Vorschriften verpflichtest. Wo das wegen der Widersprüche nicht geht, dann läuft es auf Kompromisse hinaus. Aber auch Du solltest immer mit der Fahrrad-orientierten *Maximal*forderung beginnen, die den einschlägigen Verwaltungsvorschriften genügt. Daher halte ich Dein generelles ERA-Bashing nicht für zielführend. Bei der Entscheidung über die Beleuchtung von Radwegen oder beim Winterdienst auf den gesamten Hauptrouten - warum darf und kann der GR bestimmen, dass sich die Verwaltung nicht an die Vorschriften hält? Hat da evtl. der OB als Mitglied im GR und als Chef der Verwaltung eine Pflicht, der er nicht nachkommt?

      Du hast es zwar schon mehrfach wiederholt, es will mir aber trotzdem nicht in den Kopf: Wenn der Gemeinderat bestimmt, dass sich die Verwaltung über ihre Vorschriften hinwegsetzen soll, dann tut sie das offensichtlich bedenkenlos. Nur manchmal - merkwürdigerweise immer dann, wenn eine Maßnahme *gegen* verbesserte Fahrrad-Infrastruktur gerichtet ist, dann wird eine Vorschrift als Gesetz dargestellt, das nicht übertreten werden dürfte. Leider machst Du das Spiel mit, zumindest gelegentlich. Oder die Gegenseite erfindet gleich ein Gesetz, z.B. das vermeintliche Recht auf öffentlichen KFZ-Parkplatz vor der Haustür, wegen dem ERA-Vorschriften angeblich nicht eingehalten werden könnten.

      Dazu habt ihr (Gemeinderat) einen Spielraum, den die Vorschriften hergeben:

      Bei den Vorgaben an die Verwaltung könnt ihr euch rückwärtsgewandt an den heutigen Verkehrszahlen/modal mix orientieren (also VIEEEL Autoverkehr) zukunftsorientiert oder an einem Zielzustand (z.B. Modal Mix 2030). Die MIV-Befürworter argumentieren natürlich immer mit dem heutigen KFZ-lastigen Verkehrsaufkommen und schlagen noch Wachstumszuschläge drauf. Um nicht noch mehr KFZ-Verkehr zu induzieren, sondern Radverkehr, solltest Du massiv dagegenhalten und nicht schon im Ansatz Kompromisse vorwegnehmen.

      Sehe ich das als Nicht-Politiker und Nicht-Verwaltungsbeamter naiv? Evtl. kannst Du auf die Aufgabenverteilung, Rechte und Pflichten von GR und Verwaltung bei Verkehrsthemen mal detailliert eingehen.

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  7. Ich fände es hilfreich, wenn die Polizei stichpunktartige Kontrollen des Abstands beim überholen von Radfahren durchführen würde. Eine Gesetzeslage, die es erlauben würde, Videos während der Fahrt mitlaufen zu lassen, und schwere Verstöße damit zu belegen, würde ebenfalls helfen.

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    1. Die Fahrradstaffel in Stuttgart patroulliert m.W. mit 8 Fahrrädern.
      @ Christine: Habt ihr vom GR der Verkehrsbehörde die Anschaffung von 8 Abstandsmessgeräten genehmigt? Dashcams für die Videos haben die Polizisten nach meiner Erinnerung.

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    2. Soweit ich weiß, ist das die Ordnungspolizei, die dem Land untersteht. Es müsste also auch das Land für die Ausrüstung sorgen.

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    3. Ich blicke bei den Behörden-Hierarchien und -Zuständigkeiten nicht komplett durch.

      In der StZ wird Franz Lutz als Präsident des Polizeipräsidiums Stuttgart genannt, der die Fahrradstaffel eingesetzt hat. Das klingt mir nicht nach Landespolizei. Du kannst das sicher besser einordnen.

      In einem Film von Dir (oder einem, in dem Du zumindest mit einem Statement über die HRR1 aufgetreten bist), hat OB Kuhn gesagt, dass er die Polizei bittet oder anweist, die Fahrradstaffel schwerpunktmäßig auf Fehlverhalten von Radfahrern achten zu lassen. Auch das klingt mir nach engen Beziehungen zum Rathaus.

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    4. Herr Lutz ist oberster Chef des Polizeipräsdiums, aber die Polizei, der er vorsteht, untersteht dem Land, also dem Innenminister. Zur Stadt gehört nur der städtische Vollzugsdienst (mit seinen speziellen Fahrzeugen) und die Parkscheinkontrolleur:innen, die ausschließlich alle nur für den ruhenden Verkehr zuständig sind.

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    5. Ok. Ich schaue gelegentlich, ob ich was erreiche. Nach meinen Fahrradunfällen "kenne" ich jetzt ja ein paar Verkehrspolizisten vom PP. Drei von denen haben richtig Ahnung von den Verkehrsregeln im Zusammenhang mit dem Verkehrsmittel Fahrrad (und keine besonders gute Meinung bzgl. Zusammenarbeit mit der Stadt Stuttgart, weil Meldungen der Polizei über Unfallschwerpunkte wiederholt ignoriert werden).

      Nebenbei: schade, dass die Fahrradstreife vom städtischen Vollzugsdienst laut Stuttgart.de nur durch die Parkanlagen fährt und den ruhenden Verkehr auf Radfahrstreifen nicht wahrnimmt und sanktioniert:

      https://www.stuttgart.de/Vollzugsdienst#headline5eeb740fa97c9

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  8. Strafen , Verbote . Alles Unsinn ! Die Verkehrsführung muss sich grundlegend ändern das alle Teilnehmer gut voran kommen. Un um so viel bauen zu können , schlage ich ein Nummernschild für Radfahrer vor und steuerliche Gleichstellung zu den anderen Verkehrsteilnehmern.
    Die Politik ist gefragt . Denn wenn ich den Autofahrern keinen Platz gebe müssen sie sich welchen machen . Hat der Radfahrer kein Platz oder Fußgänger machen sie sich Platz und das führt zu Konflikten. Ein Autofahrer ist beim überholen mit geringem Abstand ein Ärgernis wie ein Fahrradfahrer der ein Spiegel abfährt oder bei Rot fährt. Bleiben wir sachlich und fordern unsere über-bezahlten Politikern auf ihre verdammt Arbeit zu machen .

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    1. Hihihi, Nummernschild, der war gut.

      Die Schweizer hatten lange Nummernschilder an ihren Velos. Irgendwann haben sie es dann abgeschafft.

      Warum? Zu teuer, zu viel Aufwand, zu wenig Nutzen. Auf deutsch : unwirtschaftlich und ineffektiv.

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  9. Auf Deinem zweiten Bild oben: Als Radfahrer muss man sowieso 80cm Abstand vom rechten Fahrbahnrand halten und mindestens 1 Meter Abstand von parkenden Autos - sonst trägt man (Teil-)Schuld an einem dooring-Unfall.

    Schade übrigens, dass dieser Mindest-Abstand in der StVO-Novelle nicht festgelegt wurde - so gibt es jetzt widersprüchliche Gerichtsurteile, eines nennt z.B. nur 50cm Mindestabstand.

    Andererseits hat das Amt für öffentliche Ordnung diesen Schutzstreifen angeordnet bzw. genehmigt und zwingt uns Radfahrer in die Gefahrenzone, wenn wir keine Ordnungswidrigkeit begehen wollen. Warum tut es uns diesen Konflikt an? Unklar ist andererseits, ob nun tatsächlich eine Benutzungspflicht von Schutzstreifen besteht oder nicht. Laut Vorschrift sind Verkehrszeichen rechtswidrig aufgestellt, wenn sie unklar und widersprüchlich sind und erst recht, wenn sie den Bürger in Gefahr bringen.

    Meiner Meinung nach wären bei diesen beengten Verhältnissen sowieso Sharrows (Fahrradsymbole auf der Straße, aber ohne gestrichelte Linie) als die Angebotsstreifen, um anzuzeigen, dass ein Fahrstreifen von Radfahrern und MIV gemeinsam genutzt werden soll.
    (Wenn denn schon nicht auf die Parkplätze verzichtet werden soll zugunsten eines konfliktfreien fließenden Verkehrs, bei dem Radfahrer nicht mit Selbstjustiz ausgebremster Autofahrer rechnen müssen.)

    Auf diese Zitate/Gerichtsurteile beziehe ich mich:
    https://www.ps-verkehrsrecht.de/urteile/vorsicht-beim-tueroeffnen-autotuer-vs-fahrrad/

    Hält ein Radfahrer von dem unmittelbar neben der Fahrbahn verlaufenden Gehweg einen Abstand von 75 bis 80 cm, so hat er in aller Regel gegenüber den Benutzern des Gehweges seinen Pflichten aus § 1 StVO erfüllt (BGH, Az. VI ZR 66/56).

    Radfahrer müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand vom rechten Fahrbahnrand und insbesondere von parkenden Kraftfahrzeugen einhalten. Der Abstand muss so bemessen sein, dass den Radfahrer eine sich öffnende Autotür nicht in eine Gefahrensituation bringen kann (LG Berlin, Az. 24 O 466/95).

    Der bei dem Vorbeifahren an haltenden Fahrzeugen einzuhaltende ausreichende Sicherheitsabstand beträgt (...) zwar nicht stets mindestens 1 m, sondern lediglich im Grundsatz; er hängt im Zweifel von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere den Straßenverhältnissen ab (vgl. Senat, 12 U 480/94, VersR 1997, 73 = VRS 91, 465 ff; Heß in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, aaO, § 6, Rn. 6).

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  10. Ich bin der Meinung, das man den Schilderwald entrümpeln sollte, weniger ist mehr, die "Fahrradstraße" und "Fahrradzone" braucht man genauso wenig wie ein Zusatzschild für Lastenräder.
    Eine "Fahrradstraße" mit KFZ-frei ist wie bereits angemerkt keine Fahrradstraße, sondern die Regeln entsprechen weitgehend einer 30-Zone.

    Alles was in den letzten 20-30 Jahren hinzu gekommen ist oder geändert wurde muss mal grundlegend auf Sinn, Zweck und Gefährlichkeit überprüft werden. Auch linke benutzungspflichtige Radwege innerorts und Freigaben in Einbahnstraßen gehören für mich größtenteils abgeschafft, weil sie sich als verwirrend und gefährlich erweisen und zum Teil gemäß VwV-StVO gar nicht angelegt werden dürfen.

    Ich habe das Gefühl, das unsere Verkehrsminister zwar immer was machen wollen, aber die neuen Verordnungen am Bedarf vorbei gehen und die Verwaltungen und ausführenden Unternehmen die Verkehrszeichen gar nicht mehr korrekt aufstellen wollen oder können.
    Hier wurde neu eine "Fahrradstraße" eingerichtet und der Standort der Schilder bereits 5 mal geändert, bzw. Standorte vor einem einmündenden Radweg vergessen.
    Das VZ "vorgeschriebene Fahrtrichtung rechts/links" (weißer gebogender Pfeil ins Richtung rechts/links) wird hier über Fahrradampeln installiert, die für eine bestimmte Richtung gelten... jedoch geht der Radweg geradeaus weiter.
    Zum Jahreswechsel baute man hier Haufenweise neue Fahrradwegweiser auf, ein nicht unerheblicher Teil dieser Wegweiser zeigte in die falsche Richtung.
    An derartigen Fehlern erkennt man die besondere Kompetenz bei Verantwortlichen und ausführenden Unternehmen in Sachen Radverkehr hier.

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