1. Mai 2019

Es geht zu langsam

Überall in Deutschland verkündet die Politik, der Radverkehr müsse ausgebaut werden, doch dann entsteht pro Jahr höchstens ein kleiner Abschnitt. 

Das ist in Berlin so, wo es ein Mobilitätsgesetz gibt, es mit dem Radwegbau aber auch nicht vorangeht. In Stuttgart haben wir einen ebenso sensationellen Zielbeschluss für den raschen und umfassenden Ausbau des Radverkehrs gefasst. Binnen zehn Jahren soll unser Radhauptroutennetz, das es seit 2009 gibt, fertig sein. Derzeit fertig sind von den rund 60 Routen zwar viele kleine Abschnitte aber nur zwei komplette Hauptradrouten. Das muss schneller gehen.
Planung und Bau von Radrouten dauern für gewöhnlich bei uns mehr als zwei Jahre. Das reicht nicht einmal, um Haushaltseschlüsse umzusetzen. Was in einem Haushalt  beantragt wurde, ist bis zum nächsten, zwei Jahre später, noch nicht sichtbar. Ich kenne Planungen von simplen Schutz- und Radstreifen, die mir vor drei oder vier  Jahren präsentiert wurden und immer noch nicht auf der Straße zu sehen sind. Andererseits kann die Stadt binnen Monaten eine komplizierte Busspuranlage auf der Cannstatter Straße bauen, auf der der X1 fährt, für ein sinnvolles Experiment also. Oder binnen weniger Wochen den Asphalt am Neckartor durch einen ersetzen, der Stickoxide aufnimmt, um Fahrverbote zu vermeiden. Es kann also auch schnell gehen. Nur beim Radverkehr (und Fußverkehr) anscheinend nicht.

Warum geht es so langsam? 
Es fehlt nicht so sehr an Geld. Es fehlt am Willen, oder anders gesagt: der Radverkehr wird nicht vordringlich behandelt, sondern immer nur mitgebaut, wenn sowieso Straßenbeläge erneuert werden müssen. Es heißt, es fehle an Personal. Das ist für den Autostraßenverkehr alledings da. Und es fehlt ein Projektmanagement. Deshalb hat der Stuttgarter Oberbürgermeister in seiner Gemeinderatsvorlage zum Radentscheid auch einen Projektmanager vorgeschlagen (und wir haben es beschlossen), der die Zusammenarbeit der Ämter in Sachen Planung und Umsetzung koordinieren, und damit die Prozesse verkürzen soll. Das könnte helfen. 

In einem Interview mit der Berliner Zeitung bringt ADFC-Landesvorstand Frank Masurat es auf den Punkt: "Mehr Personal allein reicht nicht, so lange Prozesse ineffizient bleiben. Wir müssen mit anderen Methoden arbeiten, mit Projektmanagementmethoden: Es wird definiert, wann was fertig sein muss, und es wird kontrolliert, ob die Meilensteine eingehalten werden. Zweite Forderung: Wir müssen wegkommen vom jahrelangen Planen ... Jetzt ist es an der Zeit, einfach mal auszuprobieren. Einfach machen, experimentieren! Jedes Jahr sterben Radfahrer im Berliner Straßenverkehr. 2018 waren es elf. Wir schlagen Modellversuche vor, bei denen Knotenpunkte zu geschützten Kreuzungen ähnlich wie in den Niederlanden umgestaltet werden. Das Motto ist: Erfahrungen sammeln, verbessern, weitermachen!"

An einer Radverkehrsplanung sind viele Ämter beteiligt, das Stadtplanungsamt (die Fahrradbeauftragte), das Ordnungsamt und das Tiefbauamt, das sie in den Bau bringen muss, mit jeweils unterschiedlichen Bürgermeistern (Grüne, CDU und SPD) und, wenn es um Fahrradstraßen geht, auch das Regierungspräsidium. Für umfassende Planungen muss  man Büros beauftragen, die wie ich gehört habe an der Kapazitätsgrenze sind. Für die Bauarbeiten braucht es Firmen, die das machen, die ebenfalls an der Kapzitätsgrenze sind oder die man gar nicht findet, weil sie genug zu tun haben. Zugleich muss man Leute in den Ämtern einstellen (Stadtplanungsamt, Ordnungsamt und Tiefbauamt), und das dauert auch, denn so attraktiv sind städtische Arbeitsplätze nicht, dass die Bewerber/innen Schlange stehen. Die müssen dann auch noch eingearbeitet werden. Die letzten städtischen Haushalte haben wir jedes Mal eine Aufstockung des Radetats und des Personals beschlossen. Seitdem wird Personal gesucht, eingestellt und eingearbeitet, was jedes Mal fast zwei Jahre dauert. Da ist dann noch keine Planung auf die Straße gekommen. Und wenn dann der UTA des Gemeinderats wie bei der Hauptradroute 2 noch eine zweijährige Ehrenrunde dreht, weil Parkplätze wegfallen müssen und eine Mehrheit nicht zustandekommmt, dann ist auch das ein institutioneller Verzögerungsfaktor für Radanlagen.

Kochenhof: alles fürs Auto,
aber keines fährt
Beim Straßenbau für den Autoverkehr scheint alles gut eingespielt zu sein.
Beim Rad- und Fußverkehr ist das offenbar nicht so. Es scheint eine allgemeine Übereinkunft von Gemeinderat und Ämtern zu geben, dass im Autoverkehr alles schnell gehen muss und Priorität hat, damit es nur ja keine Staus gibt. Das war jetzt seit Jahrzehnten so. Beim Radverkehr haben wir erst vor rund fünf Jahren (in zwei Haushalten) angefangen, mit mehr Geld auch eine Aufstockung des Personals in den zuständigen Ämtern in Gang zu setzen. Da waren wir teils stolz auf eine halbe Stelle, die dem Fahrradbeauftragten zugeordnet wurde, oder auf fünf Stellen in drei Ämtern. Und beim kommenden Haushalt wird es noch mal und deutlich mehr geben müssen, samt dem Koordinator zu Beschleunigung der Prozesse in den Ämtern. Dass sich da noch nichts eingespielt hat, ist logisch. Wir befinden uns im Aufbruch, am Anfang, nicht schon in einer Entwicklung. Und obgleich es bei einzelnen Beamt/innen den Willen gibt, im Radverkehr tüchtig voranzukommen, so doch nicht bei allen. Und womöglich - falls die Gemeinderatswahl nicht fahrradfreundlich ausgeht - wird auch das infrage gestellt, weil es keine zuverlässigen Mehrheiten mehr gibt, weder für die prinzipielle, noch für die ganz konkrete Fahrradpolitik.
Und wenn es konkret wird - Autospur oder Parkplätze gegen Radweg oder Radstreifen - dann gibt es rasch mehr Gegner als Befürworter. Dann stimmen ganze Bezirksbeiräte unisono gegen eine Fahrradplanung. (Manche übrigens auch, weil sie ihnen nicht weit genug geht.) Bis heute haben CDU, Freie Wähler und FDP den Radfahrstreifen entlang der Waiblinger Straße nach Fellbach nicht akzeptiert (weil Autos nur noch eine Spur haben und angeblich deshalb im Stau stünden), und kündigen regelmäßig an, ihn wieder wegzunehmen. Das wird zwar nicht gehen, weil die Verkehrsberuhigung der Waiblinger Straße die Bedingung für den Fellacher Tunnel war und ist, aber es zeigt, dass unser Ringen für eine vernünftige, also fahrradfreundliche Verkehrspolitik noch lange nicht gewonnen ist.

Welche Radinfrastruktur soll es überhaupt sein?
Wir sind uns in dieser Stadt nicht einmal einig, welche Art von Radverkehrsanlagen wir wollen oder dulden. Das Spektrum der Möglichkeiten reicht vom so genannten Sicherheitsstreifen, über Radwege auf Gehwegen bis zur Protected Lane. Und wir sind noch nicht übereingekommen, auf welche Infrastruktur wir hauptsächlich setzen wollen: Radfahrstreifen auf der Fahrbahn (werden gern zugeparkt und überfahren), Radwege (nehmen Fußgängerraum weg oder Parkraum oder eine Fahrspur) oder doch nur so genannte Schutzstreifen als eine Art Leitlinien für Radfahernde, auf denen sich viele nicht sicher fühlen. Diese Diskussion müssen wir noch führen, auch ürigens mit Radfahrenden: die einen wollen markierungsloses Fahrahnradeln, die anderen komplett geschützte Radwege, am besten im Grünen. Der Zielbeschluss infolge des Radentscheids fordert allerdings eine bequeme und geschützte Radinfrastruktur, die nicht nur sicher ist, sondern sich auch sicher anfühlt, auf der sich also auch Kinder, Ungeübte und Besorgte wohlfühlen. Aber damit haben wir noch nicht angefangen. Derzeit sind noch etliche so genannte Schusztstreifen in der Pipe-Line, die längst geplant sind. (Ich habe beantragt, dass diese Pläne im nächsten Radforum besprochen werden.)

Wilhelmstraße, schwierige Radspurführung
Bisher gab es für den Radverkehr nur, was der Autoverkehr übrig lässt.
Bislang verfahren wir so, dass wir dort, wo eine zweispurige Straße verkehrsberuhigt werden soll, einen Radweg oder einen Radfahrstreifen oder eine Kombi aus beidem anlegen (HRR11 Neckartalstraße), und dort, wo Gehweg und Stadtbbahnsienen eine einst zweispurige Fahrbbahn bedrängen und der Platz nicht für eine regelrechten Radfahrstreifen oder Radweg reicht (weil man die Parkplätze lassen will), einen Sicherheitsstreifen anlegen, der sich mit Abschnitten eines Radfahrstreifens abewechelt (HRR 1 Kaltental). Und wo der Platz nicht mal für einen Sicherheitsstreifen reicht, malt man Radzeichen auf die Fahrbahn (Zuffenhausen, Ludwigsburger Str.). Oder wir legen eine Kombination aus Sicherheitsstreifen und roten Fahrradweichen an, die den Autoverkehr kreuzen, gerne auch mal auf der Kreuzung ganz ohne Markierungen (Wilhelmsstraße zum Wilhelmspaltz Stuttgart). Und dann stehen Radler minutenlang an einer Ampel, die so geschaltet ist, damit der Autoverkehr die Strecke nicht als Schleichweg wählt und lange warten muss.
Immer hat sich beisher die Radinfrastruktur kompromisshaft zwischen parkende und fahrende Autos geklemmt, immer haben wir nur das bekommen, was der Autoverkehr übrig lässt, und wenn man den Autoverkehr bremsen will, hat man uns gleich mit ausgebremst.

Die Angst vorm Radfahrer
Ein nicht zu unterschätzendes Hemmnis ist auch, dass wir (ich definiere mal nicht, wer  "wir" ist) dem Radverkehr im Grunde nicht recht trauen. Er scheint unkontrollierbar und gefährlich. Und er erscheint immer wieder genau dann gefährlich (für Radler selbst und für Fußgänger), wenn es um konkrete Dinge geht wie Fahrradstraßen, grüne Pfeile für Radfahrende an Ampeln, Fußgängerüberwege oder den Verzicht auf Ampelanlagen wie etwa bei der Baustellenumleitung des Autoverkehrs über die Fahrradstraße wegen der Sanierung des Österreichischen Platzes. Auch das Stoppschild für die Radler an der Schleuse Feinstraße (2015) war dieser Angst geschuldet, Radfahrende könnten von Autos reihenweise umgefahren werden. Erst als eine Verkehrszählung ergab, dass auf der Feinstraße wengier Lkw unterwegs sind als gedacht, dafür aber viele Radler auf der Tübinger Straße, wurde das Stoppschild umgedreht und ist seitdem für Autofahrer gültig.
Die Fahrradstraße Tübinger Straße war auch ein Jahr lang nur Versuchsphase mit der Drohung, sie werde abgeschafft, weil man einerseits fürchtete die Radler würden rasen und anderseits, dass die Autofahrenden die Vorfahrt-Achten-Schilder bei den Einmündungen ignorieren würden und es deshalb vermehrt zu Unfällen käme.
Selbst heute noch beschweren sich Fußgänger/innen lauter über die "rasenden Radler" als über die Autofahrer, die genauso schnell fahren (zwischen 20 und 30 km/h). Und auch der Plan, die Burgstallstraße zur Fahrradstraße zu machen, hat vor allem besorgte Bürger/innen auf den Plan gerufen, die sich vor den dort radfahrenden Menschen mehr fürchten als vor den Autos.

Der Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart erklärte "rücksichtslose" Radfahrende auf dem so genannten Mischverkehrsabschnitt der Tübinger Straße zur Gefahr. Er bemängelte auch die Autos, die da parken und durchfahren, aber deutlich mehr Worte machte er über die "rücksichtslosen Radfharer, die die Tübinger Straße für eine Radfahrerstraße halten" (sie ist Teil der Hauptradroute 1). Dass die Autofahrer sie für eine Autostraße (und Poserstrecke) mit Parkplätzen halten, erwähnt er nicht. Dieses Foto von den beiden Rollstuhlfahrenden und der Blinden habe ich an einem Abend gemacht, als sich Transporter und Autos durch die Tübingerstraße schoben und weder für Radler, noch Rollstuhlfahrer Platz ließen. (Radfahrende lassen nämlich Platz für Rollstuhlfahrende). Man sieht ganz links den Kühler eines Transporters.

Als man den Schulhof des Katharinenstifts verlegen und die Schüler/innen die Fläche vor dem Ferdinand-Leitner-Steg queren mussten (was sie immer noch müssen) regte sich die Zeitung über Todesgefahren für Schüler auf und an mich erging vom Ordungsamt die Bitte, einen warnenden Blog-Post zu schreiben: Hier werde das Radfahren verboten werden, wenn die Radler/innen die Schüler/innnen anfahren. Sie taten es nicht.

Auch die nach zwei Jahren endlich  an zwei Kreuzungen installierten Schilder mit dem Grünen Pfeil für Radler (sie dürfen bei roter Autoampel rechts abbiegen) rief sofort die Angst auf den Plan, Radler würden die Fußgänger (die bei Fußgängergrün queren) nicht sehen und anfahren oder zumindest missachten und behindern.

Das Besondere des Radverkehrs ist überhaupt noch nicht wohlwollend gedacht worden. 
Räder sind ein ganz eigenes Verkehrsmittel, dessen Bewegungsmuster man nicht mit Autos oder Fußgängern vergleichen kann. Sie gehören vor allem nicht in die Kategorie Fußverkehr, wo man sie gerne hinsteckt. Sie gehören aber eben auch nicht in die Kategorie Autoverkehr, der viel strenger geregelt werden muss als der Radverkehr.

Radfahrende sind wie Fußgänger wendig, brauchen wenig Platz und kommen fast überall durch. Sie können Autostraßen und Gehwege benutzen. Sie sind aber schneller als Fußgänger und haben damit einen rund fünf Mal größeren Aktionsradius. Wie Autos sind sie Fahrzeuge. Doch sie fahren nicht im Panzer, sondern ungeschützt. Und grundlegend anders als Autofahrer müssen Radfahrer ihre Muskelkraft einsetzen (auch bei Pedelecs nicht zu knapp). Die anstrengensten Momente sind stets der Start nach dem Stillstand an einer Ampel. Deshalb vermeiden Radler das komplette Anhalten. Deshalb umfahren sie Ampeln und meiden Strecken mit zahlreichen Ampeln. Und Radfahrende müssen sich anstrengen, wenn es bergauf geht. Radlerumleitungen über Steilstrecken (während Autos eben weiterfahren) werden gern angelegt, werden aber von Radlern gemieden.
In Stuttgart schickt man Radler überdies die steilsten Strecken nach Degerloch hinauf (Alte Weinsteige, Schimmelhüttenweg), während Autos die Neue Weinsteige hochrollen, die auch mit dem Normalrad von einem einigermaßen geübten Radler zu bewältigen wäre, mit dem Pedelec sowieso. Die Tatsache, dass man mit der Sanierung der Mauer einen Gehweg baut, der auch von Radlern befahren werden darf, hat mehrfach zu einer Skandalisierung geführt: Für einen Radweg (es ist aber kein Radweg) nehme man Parkplätze weg.

Um eine Radfahrt attraktiv und leicht zu machen, braucht man Regeln, die nicht identisch sind mit den Regeln für den Autoverkehr.
Doch sofort ist von Privilegien die Rede, wenn Fachleute (oder auch Politiker mit weniger Expertise) Überlegungen anstellen, wie der Radverkehr auch nur ein winziges bisschen erleichtert werden könnte. So als ob man dem Radler die Vorteile seiner Freiheit (von Stau und Notwendigkeiten des Stopps) nicht gönnen wollte. Als ob es darum ginge, ihm das Vorankommen so schwer wie möglich zu machen, damit er doch lieber wieder das Auto nimmt.

Deutliche
s Beispiel ist eine Fahrbahn, auf der sich Autos stauen, die aber nicht genügend Platz lässt für den Radler, rechts an den Autos entlang nach vorn zu fahren (weil es keinen Sicherheitsstreifen gibt). Kein Radler steht zehn Minuten im Stau und rückt fünf mal vor, bis er die Ampel überwunden hat. Radler, die dann auf Gehwege ausweichen, handeln zwar regelwidrig, aber verständlich (viele schieben aber auch, und das ist erlaubt). Hier zeigt sich, dass die Organisation des Radverkehrs anders sein muss als die des Autoverkehrs.

Eine radlergerechte Infrastruktur muss dafür sorgen, dass Radfahrende so selten wie möglich anhalten und neu starten müssen. Radler brauchen auch keine Ampeln, um Begegnungen zur organisieren. Das sieht man an der legendären Kreuzung von Groningen, wo alle Radler auf allen Seiten gemeinsam Grün kriegen. Sie durchqueren einander so wie sich auch Fußgänger kollisionsfrei durchqueren können. Auch der Fußverkehr und der Radverkehr kommt bei Quer- und Längsbegegnungen aglänzend zurecht. Noch skandalisieren wir allerdings jede Begegnung von Radfahrenden mit Fußgänger/innen, etwa in Fußgängerzonen oder mit Wartenden an Bushaltestellen. Wir tun so, als müsste es zwangsläufig zu Unfällen kommen, wenn Radler und Fußgänger sich in die Quere kommen. Keine Frage: Radler brauchen Radwege, auf denen sie ungestört fahren können, aber es ist nicht nötig, sie aus Fußgängerzonen herauszuhalten. Radfahrende sehnen sich nach Radschnellwegen, das ja, aber ihnen ist auch beizubringen, dass in einer fußgänger- und radverkehrsreichen Innenstadt aufeinander geachtet werden muss.

Solche Forderungen wie eine grüne Welle für Radler oder der grüne Abiegepfeil gehören deshalb zu den Ideen, die man im Sinne eines leichten Radverkehrs sehr ernst nehmen sollte. Genauso wie die Erlaubnis, ein Stopp-Zeichen rollend zu passieren, wenn frei ist. Radwege und Radstreifen müssen so oft es irgend geht, rechts an Ampelanlagen vorbeigeführt werden (Foto S-Münster), die ja vor allem dazu dienen, den Autoverkehr zu verlangsamen oder Fußgängern Querungsmöglichekeiten zu geben.

Derzeit konzentrieren wir uns medial und mit unserem Aufregungspotenzial jedoch vor allem auf Radler,  die an Zebrastreifen nicht wie Autofahrer zum Stillstand anhalten oder durch eine verotene Fußgängerzone fahren (meist nennt man es dann rasen) oder auf Gehwegen unterwegs sind und alte Menschen erschrecken. (Und natürlich auf die, die bei Rot weiterfahren.) Die Unmengen Autos und Lieferfahrzeuge, die sich auch nach 11 Uhr noch durch unsere Fußgängerzonen schieben und in ihnen parken, lösen keine aufgeregten Zeitungsartikel aus. Auch das notorische und massenhafte Gehwegparken führt zu keiner Autofahrerschelte, obgleich das wirklich Kinder, Alte, Rolatorengänger/innen und Rollstuhlfahrende in Gefahr, zumindest aber in schwierige Situationen bringt.

Der genervte Radler ist ein Produkt einer Organsiation des Radverkehrs mit allen Nachteilen des Autoverkehrs (ständige Ampelhalte und Stauungen) und den Nachrteilen des Fußverkehrs (ständiges Stehen an Fußgängerampeln und Hindernisse auf den Wegen). Der Radfahrer erfährt, dass er wie ein Fußgänger behandelt wird, wo man dem Autoverkehr keinen Platz wegenehmen will, und dann wieder wie ein Autofahrer, dessen Tempo und Massendruck man mit Ampeln bremsen muss. Und in der Zwischenwelt zwischen Gehwegen und Fahrbahnen sind die Übergänge meist nicht geregelt, und der Radfahrer erlebt sich als Pfadfinder.

Derzeit sind viele Radfahrende unzufrieden. Und zwar mit Autos, die auf Radstreifen und Radwegen parken und von der Polizei nicht beseitigt werden, mit Ampeln, die alle hundert Meter vor ihnen rot werden (während Autofahrer ihre grüne Welle nutzen), mit winkligen Streckenführungen über Fußgängerampeln, die man nicht in einem Zug überqueren kann, mit plötzlich endenden Radstreifen und Unklarheiten, wie es weitergeht, mit undurchsichtigen Umleitungen, mit plötzlichen Streckensperrungen auf Hauptrouten, mit auf Tuchfühlung überholenden Autofahrern und mit einem insgesamt aggressiven auf Tempo getrimmten Klima auf unsern von Autos überfüllten Straßen. Zwei Mal zu Tode erschreckt, einmal ein geparktes Fahrzeug auf dem Radweg umfahren, zwei Mal angehupt, einmal geschnitten ... da summiert sich der Stress, der sich dann in Trotz entlädt, an einer roten Ampel, die man missachtet weil eh alles frei ist, an einem Zebrastreifen, den man vor dem Fußgänger überquert, statt hinter ihm, in einer Gehwegfahrt um drei Autos herum, die eine Straße blockieren. Nicht gut, aber verständlich.

Was viele Radfahrende zusätzlich erbittert, ist die polizeiliche Duldung teils gefährlicher Regelverstöße durch Autofahrende, etwa, wenn sie trotz Verbots die schmale Alte Weinsteige runter fahren und uns zum Absteigen zwingen, weil man nicht aneinander vorbeikommt, oder des Parkens auf Radstreifen und Radwegen. Und wenn ich auf einem Rad-Fußgängerüberweg Grün bekommen habe, aber noch zwei Autos vor mir verbeifahren, weiß ich, dass ihre Fahrer ihr Rotlicht missachtet haben, was sehr oft an der Einbiegung Badstraße zur Wilhelmsbrücke passiert. Und nichts passiert, wenn hemmungslos geparkt wird, wo es verboten ist. Und wenn ein Autofahrer drängelt und dann äußerst knapp überholt, aber nicht er, sondern der Radler eine Anzeige bekommt, ist das besonders bitter. Es ist offensichtlich, dass die Ordnungskräfte als Spiegel einer manisch aufs Auto fixierten Gesellschaft, die Regelverstöße der Autofahrenden eher als kleine Sünden behandelt, obgleich sie lebensgefährlich sein können, die der Radfahrenden aber als strafwürdig.

Den gelassenen Radfahrer und die entspannte Radfahrerin kriegen wir erst, wenn beide auf ihren Wegen stressfrei unterwegs sind und nicht mehr meistens höchst wachsam und um ihre Gesundheit besorgt. Zufriedene Radler haben wir erst, wenn stets klar ist, wo sie fahren können, wenn also die Radwege durchgängig sind, wenn an jeder Kreuzung klar ersichtlich ist, wie es weitergeht. Wer die Vorteile des Radfahrens genießen kann, ist auch dort entspannt, wo sich alle Verkehrsarten mal begegnen und man aufeinander extrem Rücksicht nehmen muss.

Weitere Links:
Lesenswert in diesem Zusammenhang ist auch das Inverview das der Berliner Radexperten, Heinrich Strößenreuther, den wir alle kennen, dem Focus gegeben hat. Etwas Neues erfahren wir da nicht (Das Auto muss etwas mehr Platz hergeben, weil der Radverkehr allen nützt, und wir brauchen wirklich sichere Radwege, damit sich alle trauen), aber es ist bemerkenswert, dass die Medien aus allen Rohren für den Radverkehr plädieren lassen und Argumenten der Verkunft Raum geben.
Lesenwert auch dieses Interview mit dem Verkehrsexperten Heiner Monheim über eine Reduzierung des Autoverkehrs und eine Pkw-Maut und das Gespräch mit Hermann Knoflacher unter anderem darüber, warum der Öffentliche Nahverkehr nicht gratis sein darf.


23 Kommentare:

  1. Hallo Christine, der Ausbau ist nur in Städten über 100000 Einwohner wichtig. Bei mir, Stadt mit 63000 Einwohnern, ist es viel wichtiger, die vorhandenen Radwege in Stand zu halten und nach 9 Jahren (so lange fahre ich schon mit dem Ped zur Arbeit) mal endlich die Bedarfsknöpfe zu entfernen. Ich habe schon mit Kollegen verglichen, die Fahrzeit für mich ist nur 4 Minuten länger. Das ist nicht viel und ich schone die Umwelt. Auch die Politik in NRW fordert immer auf, andere Verkehrsmittel zu nutzen, doch für den Pendlerverkehr mit dem Rad wird zu wenig getan. Der Ausbau von Radwegnetzen für den Tourismus ist leider viel größer. Ich bin von der Politik enttäuscht.

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  2. Sehr geehrte Frau Christiene Lehmann
    Sie haben sehr gut erkannt das in Stuttgart.Wie auch in andere Städte mit dem Radverkehrswege und Planung einige Probleme gibt.Für mich ist es völlig unverständlich das mitten in Stuttgart Straßen gibt die für den Radverkehr gesperrt sind.Warum kann man dieses Fahrverbote die für den Radverkehr gelten nicht aufheben.Obwohl sie richtg erkannt haben das Fahrrad ein Fahrzeug ist.Nach der STVO müssen Fahrzeuge auf der Straße fahren.Ich erinnnere das innerhalb eines Jahr die Dieslfahrverbote umgesetz wurde.Eigentlich müßte die Freigabe dieser Straßen für den umweltfeundlichste Verkehrsmittel(das Fahrrad) genauso schnell gehen!Das man diese Aussetzung der STVO für den Radverkehr rückgängig macht. Das die Radfahrer`inn nach der gelten STVO fahren können.Es gibt sehr gute Verkehrsinfrastruktur die überwiegend nur dem Kraftverkehr zugestanden wird!Ich könnte mir vorstellen das wenn man diese Straßen (Kraftfahrstraßen und Autobahnen) für den Radverkehr freigeben werden ein Beitrag ist um weitere `Diesel`Fahrverbote zuvermeiden!
    Mit freundlichen Gruß
    Der Straßenradler

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    1. Lieber Straßenradler, so ist es. Um Verkehrszeichen zu entfernen (z.B das Radverbotsschild), braucht man das Ordnungsamt, das dem zustimmen und das dann anordnen muss. Selbst wenn es eine Mehrheit im Gemeinderat dafür gäbe, am Charlottenplatz und am Neckartor (und anderen Orten) diese Schilder wegzunehmen, könnte der Ordnungsbürgermeister immer noch mit Sicherheitsaspekten argumentieren, und wir könnten dies nicht überstimmen. Das ist durchaus ein Manko. Natürlich muss die Verkehrsbehörde auf Sicherheit achten, abe sie muss eben auch dem Fahrrad mehr zutrauen und die Autos ein bisschen bremsen. Leider sind große Veränderungen nicht leicht, und man muss an jeder Ecke kämpfen.

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    2. Sehr gehrte Frau Christine Lehmann
      Ich fahre in der Regel auf der Straße wenn es nicht aus drücklich verboten ist!Bevorzugt Bundes-Landstraßen!Auch bin ich schon durch Unachtsamkeit auf der Autobahn gefahren!Ich bin noch nie so sicher Rad gefahren wie auf der Autobahn!Ich bin ganz rechts auf dem Standstreifen gefahren bis zur der nächste Abfahrt und habe dann diese verlassen!Ich habe Niemand behindert und gefähtdert. Bundes- und Landstraßen sind schmäler auf denen werden auch hohe Geschwinigkeiten gefahren mit Gegenverkehr die bietet mehr Gefahren und manchmal werden diese Straßen zur Kraftfahrstraße.Diese bieten mehr Sicherheiten auf denen ist das Radfahren verboten!Durch diese Anordnungen zeigen das die zuständige Politiker und Beamte die Sicherheit des Radverkehr keine Priorität hat!Wenn dann diese für das targen eines Fahrradhelm werben,dann wird es lächerlch!
      Hochachtungsvoll
      Der Straßenradler

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    3. Das Aufstellen eines Rad-Verbotsschildes ist von vornherein Illegal- Das Ordnungsamt stützt sozusagen das Unrecht. Leider trägt auch in ADFC nicht wirklich dazu bei, dieser Unsitte einen Riegel vorzuschieben und gegen diese Anordnungen zu klagen. Der Club könnte sowas mit Leichtigkeit- tut es aber nicht. Für mich ist an solchen Stellen der zivile Ungehorsam Pflicht: Ein Radfahrverbot in der Stadt ist falsch und gehört boykottiert. Von allen Radfahrern.

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  3. Ralph Gutschmidt1. Mai 2019 um 11:24

    Hallo Christine,

    Tatsächlich? Sind in Stuttgart schon zwei Hauptradrouten fertig? Dann müsste es doch möglich sein, Stuttgart per Rad zu durchqueren. Wo sind denn diese fertigen Hauptradrouten?

    Grüße
    Ralph

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  4. Ralph Gutschmidt1. Mai 2019 um 11:35

    Hallo,

    es geht ja nicht nur um Planung neuer Wege.

    Es wäre ja schon schön, wenn wenigstens die StVO eingehalten würde.

    In Stuttgart gibt es eine Besonderheit, die es sonst nirgendwo gibt: das Schild "Verbot für Radfahrer". Es steht in der Innenstadt an verschiedenen Stellen einfach so, ohne ersichtlichen Grund herum. Fast immer ist es wegen seiner offensichtlichen Rechtswidrigkeit unbeachtlich, aber es zeigt doch die Feindseligkeit der Verwaltung gegenüber Radfahrern.

    Und natürlich sind auch in ganzen Stadtteilen Einbahnstraßen nicht für Radfahrer freigegeben, obwohl die StVO dies zwingend vorschreibt.

    Vielleicht helfen Klagen vor dem Verwaltungsgericht hier mehr, als die Politik?

    Grüße
    Ralph

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    1. Nein, Ralph, die StVO schreibt nicht zwingen vor, dass alle Einbahnstraßen für Radler in Gegenrichtung freigegeben sein müssen. In Stuttgart sind es ungefähr 70 Prozen, in Feuerbach und Zuffenhausen gefühlt keine einzige. Das Ordnungsamt prüft und befindet dann, ob die Sicherheit der RAdler gegeben ist. Das ist das gleiche bei den Radverbots-Schilder etwa am Charlottenplatz für Linksabbieger oder am Neckartor, so was kann man schwer mit einer Gemeindratsmehrheit (wenn wir sie denn hätten) fordern. Wenn die Verkehrsbehörde, das Ordnungamt, Sicherheitsbedenken hat (die Räumzeiten bei Radlern auf dem Charlottenplatz etwa), dann kommt man das mit dem "politischen Willen" schlecht weiter. Und wenn du fragst, welche zwei Hauptradrouten fertig sind (die 1 und die 11), dann muss man natürlich dazu sagen, dass sie Stellen haben, die alles andere als fertig wirken (Gehwege, Entstellen etc.), also nicht wirklich fertig sind. Und es ist möglich, Stuttgart mit dem Rad zu durchqueren, nur eben nicht auf einer durchgängigen Radinfrastruktur, sondern nur auf eine bruchstückhaften, auch wenn die Bruchstücke imemr zahlreicher werden.

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    2. Ralph Gutschmidt1. Mai 2019 um 23:14

      Liebe Christine,

      Die Rechtsprechung sieht das anders. Danach sind Einbahnstraßen grundsätzlich für Radfahrer freizugeben. Laut § 45 Abs. 9 StVO darf sie nur dann nicht freigegeben werden, "wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt".

      Das ist also eine besondere Ausnahmesituation, die die Behörde beweisen muss.

      Gerichtlich längst bestätigt.

      Am Charlottenplatz ist das Verkehrsschild sogar nichtig. Denn als Radfahrer sieht man es erst, wenn man schon auf der Abbiegespur steht. Es gibt dann keine legale Möglichkeit mehr, irgendwie anders zu fahren. Das Schild kann also getrost ignoriert werden. Zumal das Argument der Räumungszeit für die kurze Strecke absurd ist.

      Grüße
      Ralph

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    3. Lieber Ralph, hilf mir mal weiter mit einem belastbaren Link zu den Einbahnstraßen. Unter dem,den du hier gesetzt hast, finde ich das, was du meinst nicht. Aber du weißt sicher, wo die Information steckt. (Dass die Länder Einbahnstraßen grundsätzlich freigeben wollen, habe ich als Beleg betrachtet, dass sie derzeit nicht grundsätzlich freigegeben sind.) Das mit dem Radverboten-Schild auf dem Charlottenplatz für Linksabbieger, ist interessant. Ich habe es natürlich immer schon vorher gesehen, aber tatsächlich steht es an einer Stelle, wo man nicht mehr umkehren kann. Hast du auch zu dieser Frage (gelten Schilder, wenn man nicht mehr umkehren kann, nicht) irgendeinen Link, damit ich das Thema mal weiterverfolgen kann?

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    4. Lieber Ralph, inzwischen habe ich die Auffassung von Sluka dafür gefunden. http://bernd.sluka.de/Radfahren/Einbahn.html . Jetzt weiß ich, was du mit deinem Verweis auf Paragraph 45 meinst. Sluka schreibt dazu: "Die Verwaltungsvorschrift zu Zeichen 220 nennt zwar eine "Kann-Regelung", stellt also die Freigabe in das Ermessen. Dieses Ermessen findet aber seine Beschränkung in § 45 Abs. 9 StVO, der Verbote des fließenden Verkehrs nur dort erlaubt, wo "auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt".
      Den fließenden Radverkehr in einer Richtung zu verbieten ist damit zwingend nur bei Vorliegen einer besonderen, das allgemeine Verkehrsrisiko übersteigenden Gefahrenlage zulässig. Da Radverkehr in beiden Richtungen regelmäßig die Unfallzahlen nicht erhöht, sondern sogar senkt, wäre für eine Einbahnstraße unter Einbeziehung des Radverkehrs im Einzelfall nachzuweisen, dass hier wirklich eine atypische, besondere Situation gegeben ist. Ansonsten ist das Verbot des Radverkehrs in einer Fahrtrichtung rechtlich unzulässig."

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    5. Ralph Gutschmidt2. Mai 2019 um 16:29

      Ja richtig.

      § 45 Abs. 9 Satz 2 besagt, dass die Freigabe für Radfahrer die Regel ist und eine Nichtfreigabe besonders begründet werden muss.

      Die Verwaltungsvorschrift sehr das in der Formulierung um, aber selbst das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen freigegeben werden muss.

      Richter sind nicht weisungsgebunden, interessieren sich daher nicht für die Verwaltungsvorschrift. Daher konnte ein Gericht auch bei einer Tempo 50-Straße die Freigabe für Radfahrer anordnen, wenn die Behörde nicht die atypische besondere Gefährlichkeit darlegen kann.

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    6. Ralph Gutschmidt2. Mai 2019 um 16:58

      Zum Charlottenplatz: je nach Verkehrslage ist das Schild von anderen Fahrzeugen verdeckt. Jedenfalls von der Paulinenstraße aus. Niemand lange auf die Idee, ein Verbot für Autos ohne rechtzeitige Ankündigung auszustellen.

      Zu der Zeit, wo ich das Schild erstmals gesehen habe, war es für einen Spurwechsel auf die Geradeausspur zu spät.

      Ich könnte nur das Schild ignorieren oder über die durchgezogene Linie fahren, was extrem gefährlich wäre.

      Schilder sind unbeachtlich nach den Kriterien von § 44 Verwaltungsverfahrensgesetz -VwVfG. Hier käme in Betracht:
      - Offensichtlich rechtswidrig
      - die Befolgung, also Spurwechsel, wäre eine Ordnungswidrigkeit.

      Weiterhin ist es auch unklar. Ich dachte erst, das Verfahren der Pläne solle verboten werden, aber das steht im Widerspruch zur dort vorhandenen Fahrradspur. Ich musste lange überlegen, bis ich darauf kam, dass man nach dem Willen der Behörde wohl indirekt abbiegen soll. Dies müsste dann aber lange vor der Kreuzung ausgeschildert sein, denn ich ordne mich ja spätestens bei der Esslinger Straße ein, wo die Pfeile aufgemalt sind.

      Was das Gericht dazu sagen würde, ist aber kaum vorhersehbar, den dir Rechtsprechung zu buchen Verwaltungsakten ist immer auf seltene Einzelfälle bezogen. In Heidelberg hielt die Staatsanwaltschaft ein Tempo 30 auf einer stark befahrenen Straße für nichtig, will "offensichtlich rechtswidrig" und weigerte sich, die geblitzten Autofahrer zu verfolgen.

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  5. Alexander Müller1. Mai 2019 um 20:33

    Zugeparkte Rad- und Gehwege?
    Ich habe im Bürgerhaushalt den Vorschlag gemacht, für jeden Stadtbezirk zwei Abschleppfahrzeuge inklusive Personal zu finanzieren und rigoros alle Falschparker abzuschleppen.
    Leider hat es der Vorschlag nicht unter die Top 130 geschafft, wird also vom Gemeinderat nicht diskutiert werden.
    Wäre jedoch dringend nötig!

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    1. Ich habe den Vorschlag gesehen. Schöne Idee. Realistischerweise schwierig, denn für die zwei Abschleppwagen braucht man auch Stellplätze in jedem Bezirk. Eigentlich gibt es Firmen, die so was machen, und ich denke nicht, dass es bei uns an Abschleppfirmen fehlt, sondern an der Anordnung des Abschleppens durch die Polizei oder (jetzt ja auch) die städtischen Ordungskräfte. Es herrscht immer noch zu viel Verständnis für die Parkplatznot des Autobesitzers.

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    2. Abschleppfirmen autark auf Provisionsbasis arbeiten lassen- Die Stadt hätte ohne Zutun eine Einnahmequelle und Ordnung, das Abschleppunternehmen hätten Arbeit. Aber da ist ja noch die CDU und ein Herr Kotz, der die Meinung vertritt, dass auch ein (falschgeparktes) Auto ein Gewinn für die Stadt sei. #niewiederCDU

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    3. Ralph Gutschmidt2. Mai 2019 um 17:01

      Meiner Ansicht nach ist es nicht Aufgabe des Bezirks, abzuschleppen. Würden genügend Falschparker angezeigt und abgeschleppt, dann sorgen sie Abschlepper selbst für ausreichende Kapazitäten.

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  6. Berlin hat neben Schatten mittlerweile auch Licht. Wichtig ist, dass Menschen in den Verwaltungen arbeiten, die gut ausgebildet sind und das Radfahren nicht nur voran bringen wollen, sondern es auch können!

    https://warumichradfahre.blog/2019/04/29/hammer-veloberlin-wochenende/

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  7. Der Radverkehr wird in den Medien oft als die Lösung aller Verkehrsprobleme dargestellt.
    Wenn das (ohnehin durch Steuern und Tempolimits bis an die Schmerzgrenze belastete) Autofahrer hören, rasten manche direkt aus wenn die nur einen Radler, am besten noch im "Renndress", sehen.
    Die meisten Autofahrer denken: Radfahrer gehören auf den Gehsteig, das wird leider auch oft durch billig "Radinfrastruktur" suggeriert.
    Es ist gefährlich für Radler auf der Straße, weil Autofahrer z.B. keinen Überholabstand einhalten. Zack ein Radwegsbenutzungsschild zum Gehweg gepackt.
    Das sollte heutzutage ja so nicht mehr möglich sein, aber es wurde eben Jahrzehnte lang so gehandhabt und die Schilder stehen heute noch,
    obwohl viele dieser "Radwege" nicht mehr zulässig und eben oft auch defacto nicht Benutzungspflichtig sind.
    Hier könnte man viel an Aufklärungsarbeit leisten, aber eben auch Rechtssicherheit schaffen in dem man die Benutzungsplicht endlich aufhebt.
    In anderen Ländern gibt es Aufklärungsspots für den Überholabstand und dort wird auch von der Polizei kontrolliert.
    Bei uns gibt es Werbung für Helme.
    Es wird nicht (schnell genug) ein Radinfrastruktur wie in den Niederlande geben. Zuallererst müsste dafür gesorgt werden das Radfahrer auch auf Straßen sicher sind.
    Straßen führen jetzt schon überall hin und sind breit, durchgängig und meist mit gutem Belag. Gefährlich sind nicht die Straßen, sondern eine immer größer werdende Menge Autofahrer den Radfahrer egal sind.
    Es muss in erster Line im Kopf was passieren. Scheissradfahrer stehen Morgens nur auf um Autofahrer zu behindern, halten sich nie an Verkehrsregeln und sollen jetzt auch noch gefördert werden wo die nicht mal Steuern bezahlen.
    Wie konnte das einer großen Radsportnation passieren? Wie lässt sich das wieder umkehren? Wie lässt sich vermitteln das wenn man Radfahrer hilft jedem geholfen ist?
    Und im Sinne der Klimaschutzes ist es doch ein "easy win" Radfahrer zu unterstützen, die fahren freiwillig, da hat man noch nicht mal eine co2 Steuer eingeführt.

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  8. Als ich noch mit dem PKW durch Stuttgart fuhr, hatte ich die unbefriedigte Sichtweise eines Autofahrers. Als Fahrradfahrer kann man nun wirklich nicht zufrieden sein, mit den Wegen die oftmals für sportliche sehr dünne Menschen und Räder gedacht sind. Für die zu Fuss gehenden hat sich die Situation auch nicht wirklich verbessert sondern ist zum Teil als gefählich zu bezeichnen. Mittlerweile denke ich dass der Strukturwandel im Verkehr kommen muss. Zudem glaube ich dass die Verkehrssituation sich leicht entspannen würde (als Sofortmaßnahme), wenn das innerstädtische Tempolimit mit 30 km/h eingeführt würde. Für alle Autofahrer die weitrhin rasen müssen, kann man ja die Durchgangsrennstrecken mit 50 km/h in Stuttgart offenhalten. Wenn der Verkehr lansamer fließt würde sicher das Radverkehrsvolumen ansteigen. Das ist zumindest meine aktuelle persönliche Meinung, die sich natürlich weiterentwickelt. mfg r.k.

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  9. Ich fahre täglich die RadNETZ Alltags Route von Weilimdorf bis zur Hauptradroute 1 am Rosensteinpark über Fellbach, weiter nach WN.
    Muss aber sagen, wenn so was eine Alltags Route, bzw. Hauptroute sein soll,
    dann kann das nur ein schlechter Scherz sein. Ein flüssiges fahren ist nur im Rosensteinpark möglich. Ansonsten schlechte Radwege, Bettelampeln und zugestellte Radwege. Wenn man aber die bekannten Bauvorhaben hier so anschaut, dann weis man das es nix geben wird. Schade eigentlich, denn das Radfahren macht Spaß

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  10. Hallo liebe Christine, vielen Dank für den tollen Artikel. Ich finde die Bestandsaufnahme perfekt, habe nichts hinzuzufügen und stimme dir voll und ganz zu. Ich hoffe, Stuttgart geht bald in höherem Tempo voran beim Umbau von Autostadt zu Stadt für Menschen. Gruß, Carsten

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  11. Schöner Artikel, vielen Dank.

    Mich verwundert allerdings der verengte Blick im Hinblick auf die 'Infrastruktur'.

    Entspannte RadfahrerInnen, sobald erst statt allgemeiner Infrastruktur des fahrenden Verkehrs (welche dann ja zur reinen Auto-Infrastruktur wird) genügend taugliche separate Radwege vorhanden sind?

    Ich will die Vorteile separater Infrastruktur ja nicht gänzlich negieren, aber m.E. ist DER eigentliche Vorteil die Abwesenheit des Autoverkehrs, welche dann an Kreuzungen/Einmündungen regelmässig scheitert …).
    Der Preis in der Realität: mangelnde Breite geringe Kapazitäten, Umwegigkeiten mehr Steigungen und oftmals verschlechterte Reisezeiten, sowie fehlende Allwettertauglichkeit.

    Bei der Fixierung auf Separations-'Infra' werden m.E. mehrere Schlüsselprobleme aus dem Diskurs verdrängt:

    - ökologische Dimension. Wird der Radverkehr als add-on zum bestehenden Autoverkehr auf separaten Wegen organisiert, wird die Fahrleistung des MIV nicht sinken, sondern u.U. sogar zusätzlich (induzierter Verkehr) ansteigen.
    - Verschränktheit des Unmweltverbundes. Erst wenn der Umweltverbund auf allen drei Säulen (Fuss, ÖV, Rad) so organisiert wird, dass annähernd 100% des Alltagsbedarfs wetterunabhängig in guter Qualität abgewickelt werden kann entfällt die Vorhaltenotwendigkeit für den PKW. 95% reichen da nicht aus, was bedeutet, dass für den Erfolgsfall einer "Verkehrswende" Kapazitäten und Reisezeiten im Hinblick auf 100% Abdeckung des Alltagsverkehrs projektiert werden müssen. Mit der trendigen freiwilligen Übereignung des qualitativ guten Fahrbahnnetzes an den Autoverkehr (Separationskonzept) sind weder die nötigen Kapazitäten noch die nötigen Reisezeiten für den Umweltverbund erreichbar, was dann im 'Erfolgsfall' zum üblichen "mehr Radverkehr PLUS mehr Autoverkehrsleistung" führt.
    - Konzepte wie die Fahrradstrasse, die die Übereignung der Fahrbahnen an den reinen Autoverkehr ggf. eindämmen können, kommen im Artikel leider nicht vor?

    - und zuletzt als Hauptkritikpunkt: die Forderung nach echter ökologischer Verkehrswende wird neu geframt, indem der Aufbau eines separaten 'Radwegenetzes' nebst Steigerung des Einwohner-Wege-Anteils-Radverkehr (modal-split) als "Ziel" und Benchmarking gesetzt wird und so implizit das objektive Gegensatzpaar "Autoverkehr vs. Umweltverbund/Ökologie" transformiert wird in ein ökologisch unsinniges Nebeneinander von viel Auto mit 'gutem' separatem Kurzstreckenradverkehr.

    Die (Wieder-) Nutzbarmachung des allgemeinen Verkehrsnetzes mittels ökologisch ohnehin notwendiger starker Reduzierung des Autoverkehrs geriet in den letzten Jahren ZU UNRECHT aus dem Blick, wodurch der potentielle Beitrag des Radverkehrs zur Lösung von Schlüsselproblemen deutlich geschmälert worden ist.

    viele Grüße aus der Autopendler-Hauptstadt Münster
    Alfons Krückmann

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