7. August 2022

Alle Argumente für Parkplätze sind falsch

Der VCD räumt mit beliebten Parkplatz-Mythen auf. Denn sobald in einer Stadt Parkplätze zugunsten einer Busspur, eines Radstreifens oder von Aufenthaltsflächen von Menschen wegfallen sollen, tobt der Widerstand. Die Argumente, die wir dann hören, sind alle falsch. 

Richtig ist nur, dass Menschen in Panik geraten, wenn sie bislang ihr Auto in ihrer Straße geparkt haben. Wohin mit der Karre so schnell? Ich habe schon mehrmals darüber geschrieben, dass viele Autos allerdings ganz schnell einfach verschwinden, wenn die Parkplätze verschwinden, nämlich in Garagen und auf Stellplätze auf dem Grundstück, in Hinterhöfen und ganz woandershin. Dann haben die, die keine andere Möglichkeit haben, als ihr Auto an den Straßenrand zu stellen, genauso viel Platz dafür wie vorher. Diese Kenntnis ist allerdings nicht weit verbreitet, deshalb lohnt es, immer wieder darüber zu reden. 

Weniger Parkplätze bedeuten auch nicht, dass man noch länger nach einem Parkplatz sucht.

Denn wenn alle wissen, dass es nur wenige Parkplätze gibt, dann benutzen sie andere Verkehrsmittel, fahren Bahn oder fahren Rad. Wer mit dem Auto kommt, steuert vor allem sofort die Parkhäuser an, statt erst einmal noch durch die Sträßchen zu kreisen. Das zeigt Wien. Dort sank die durchschnittliche Zeit für die Parkplatzsuche von neun auf drei Minuten. Parkplatzsuche ist teuer und zeitraubend und produziert viel Verkehr und viel Luftgifte. 

Außer Autos nix los hier
Ohne Parkplätze gehen die Geschäfte auch nicht pleite. Händler:innen überschätzen die Zahl der Kund:innen, die mit dem Auto kommen oft grandios. Es sind nicht mehr als 20 Prozent. Aber jedes Auto verdrängt rund 30 Menschen zu Fuß oder mit dem Rad, die dem Handel dann fehlen. Mehr Fußgänger:innen und viele Radfahrende bringen aber mehr Umsatz als Autofahrende das jemals schaffen. Radfahrende müssen ja nie Parkplatz suchen, sie können jedes Geschäft ansteuern, absteigen und reingehen. Und sie sehen auch die Läden in Nebenstraßen. Viele Leute kaufen gern lokal ein, und das geht nur mit dem Fahrrad, das einen größeren Aktionsradius hat als ein Fußgänger (oder gar eine Autofahrerin). Auch das zeigt Wien, wo der Handel erst gegen autofreie Straßen war, jetzt aber darum bettelt. 

Es stimmt auch nicht, dass man ohne Auto seine Einkäufe viel zu weit tragen muss. Mal ehrlich, wer bekommt schon immer einen Parkplatz vor der Haustür oder vor dem Laden. Den neuen Laserdrucker muss man im Zweifelsfall 100 Meter zum Parkplatz schleppen, und nach einem fünfminütigen Kreisen der heimischen Wohngegend wieder eine Strecke und vielleicht auch noch bergauf tragen. Es ist auch eine Illusion, dass man mit der gehbehinderten Oma direkt vor das Arzthaus fahren und dort parken kann. Klappt fast nie. Wenn man Pech hat und die Stadtbahnhaltestelle 500 Meter entfernt liegt (fünf Minuten Gehen), dann muss man die Einkaufstasche so weit tragen, stimmt. Andererseits trägt man von einem Einkauf im Durchschnitt selten mehr als eine Tasche nach Hause, und auch mit dem Auto fährt man selten mehr als eine oder anderthalb Einkaufsbeutel. Und das kann man aber auch gut auf einem Fahrrad unterbringen, im Korb, in Seitentaschen. Und das steht direkt vor dem Laden und mit dem fahre ich direkt vor meine Haustür. Und für den Laserdrucker leiht man sich entweder ein Lastenrad (bequem) oder man nimmt fluchend das Auto, was unbequem ist, weil selten zielnah und hausnah zu parken. Mit dem Fahrrad kann man außerdem viel mehr transportieren als man so denkt. 

Gleich wieder kaputt gemacht, Falschparker
Parkgebühren sind auch keine Abzocke. Solange die S-Bahn- oder Straßenbahnfahrt für eine vierköpfige Familie in die City mehr kostet als Parkplatz sowieso nicht. Jedes Auto (wenn es kein SUV, Transporter oder Luxusschlitten ist) braucht 12 Quadratmeter, wenn es steht (etwa so viel wie ein durchschnittliches Kinderzimmer). Der durchschnittliche Mietpreis in Stuttgart beträgt 16,55 Euro pro Quadratmeter im Monat. Entsprechend müsste ein Parkplatz am Straßenrand 6,50 Euro pro Tag kosten, also 195,8 Euro im Monat. In der City sind die Mieten deutlich höher. Außerdem kosten Bau (ca. 2000 -10 000 Euro), Pflege (ca.220 Euro) und Kontrolle von Parkplätzen Geld, das die Allgemeinheit zahlt, hier für Berlin nachzulesen

2 von 3 Parkplätzen: Arbeit und Konsum
Das Tückische aber, beinahe jeder Autobesitzer braucht drei Parkplätze, einen zuhause, einen auf der Arbeit und einen zum Einkaufen. Dafür bauen Wohngesellschaften, Supermärkte und Arbeitgeber für teures Geld Tiefgaragen oder große Parkflächen. Das macht natürlich auch die Wohnungsmieten und die Lebensmittelpreise teurer. Diese Summen begleichen Autofahrende weder mit ihren Parkplatzgebühren, noch mit ihren KfZ-Steuern oder Energiesteuern, die zudem an den Staat fließen, nicht aber an die Städte. Die teuren Mieten zahlen auch die, die kein Auto haben, die teuren Lebensmittel ebenfalls. 

Höhere Parkgebühren sind auch nicht sozial ungerecht. Erstens kann man eine Parkraumbewirtschaftung sozial ausgleichend gestalten (kleine Autos wenig Parkgebühren, große Autos viel) und zweitens hat die Hälfte der Haushalte mit geringem Einkommen gar kein Auto. Die fahren Bahn und Rad. Und während die Preise für Nahverkehrstickets in den letzten zwanzig Jahren um ungefähr 80 Prozent gestiegen sind (und weiter steigen), gibt es in den Ständen immer noch kostenlose Parkplätze und das Anwohnerparken kostet seit Jahren nur 30 Euro. Das ist wirklich ungerecht und gar nicht sozial. 

Und dass mich niemand mehr besuchen kommt, wenn der Parkplatz was kostet, kann auch nicht stimmen. Parkplätze kostet vor allem dort was, wo viele Leute auf engem Stadtraum wohnen. Und da fahren fast immer Stadtbahnen hin. Auch das Fahrrad wäre eine Option der Anreise, zudem stressfrei. Wo es eine Parkraumbewirtschaftung gibt, gibt es vor allem tagsüber viel mehr freie Parkplätze, der Besuch muss also nicht so lange verzweifelt suchen. Menschen, die in verkehrsberuhigten Straßen wohnen, also dort, wo sich nicht die Autos durchschieben, haben außerdem mehr soziale Kontakte. Je weniger Autos fahren und parken, desto eher kennt man die Nachbarschaft, und wenn es Platz gibt, trifft man sich beim spontanen Straßenfest mit Tischen und Stühlen. Denn, wenn die Autos weg sind, kommen die Menschen auf die Straße. Wenn sie aber vor lauter zugeparkten Gehwegen nicht einmal nebeneinander spazieren gehen können, wenn man mit dem Kinderwagen nicht durchkommt und wenn Rollstuhlfahrernde überhaupt keine Chance haben, dann sind eben nicht viele auf der Straße, die man treffen könnte. Das ist auch ziemlich unsozial. 

12 Kommentare:

  1. "Entsprechend müsste ein Parkplatz am Straßenrand 6,50 Euro pro Tag kosten, also 195,8 Euro im Monat."
    Meiner Ansicht nach ist das zwar mathematisch richtig, aber noch lange nicht "bürgergerecht". Denn die Parkplätze sind dann ja immer noch exklusiv für PKWs bereitgestellt und nicht für die Allgemeinheit. Selbst wenn ich ein Ticket ziehe, darf ich dann noch lange nicht einen Tisch und Stühle drauf stellen, absperren und Kinder spielen lassen oder meinen Strandkorb hinstellen. Ich kann also mein Grundstück nicht für diese oder andere Zwecke auf öffentlichem Grund erweitern - es sei denn ich stell ein Auto drauf. Diese "nur für Autos"-Exklusivität muss noch viel höher bepreist werden!

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    1. Auch mathematisch ist es nicht korrekt - denn Häuser haben oft mehrere Geschosse, das heißt, die Miete pro Quadratmeter (16,55 Euro) fällt mit der Anzahl der Geschossflächen an. Die effektive Miete pro Quadratmeter Grundstücksfläche kann durchaus das vierfache betragen.

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    2. Es gibt auch Parkhäuser mit mehreren Etagen. Das passt dann zu Mehrfamilienhäusern.

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  2. Zuerst hat man den Leuten gesagt, dass es ohne Auto nicht geht. Dann hat man das Lebensumfeld danach ausgerichtet (Supermarkt am Stadtrand, wo man meist nur mit dem Auto gescheit hinkommt, ÖPNV reduziert, Verbidungen nach was weißich für Kriterien eingerichtet) und jetzt ist es Teufelszeug und soll möglichst sofort verschwinden. Ich bin damit einverstanden, dass Autos vom Fahrbahnrand verschwinden, aber doch nicht einfach durch Reduktion der Stellplätze. Es müssen gleichzeitig Alternativen her. Quartiersgaragen z.B. oder Parkhäuser. Einfach gebaut, in fußläufiger Entfernung, tagsüber auch für Besucher nutzbar, kostenpflichtig. Dachgeschoss als Urban Garden. Wenn man sie nicht mehr braucht, einfach rückbaubar Es gibt so viele ungenutzte Flächen, die man für so etwas nutzen könnte. Die aber z.B. für Wohnbebauung eher nicht so geeignet sind. Und man könnte wirklich mal die ganzen Garagen aktivieren, die, aus welchen Gründen auch immer, leerstehen.
    BItte nicht das Argument, dass alle ohne Auto leben könnten. Auch zu früheren Zeiten (autofreie Zeiten) wurden Menschen ganz individuell transportiert, mit eigenen Gefährten und nicht nur zu Fuß oder mit dem ÖPNV. Und Transporte gab es auch immer schon, dann halt mit Pferdekutsche oder Ochsenkarren, aber auch individuell. Heute sind wir halt mehr, es sind mehr unterwegs und es wird mehr gebraucht. Es muss einen gescheiten Mobilitätsmix geben und ein Umdenken in der Gesellschaft. Und das Umdenken ist schon im Gange, aber es dauert halt bis es es in den letzten Winkel geschafft hat.
    Karin

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    1. also meine kinder sind langsam aus dem haus und ich weiss schon mein leben lang, dass autofahren keine zukunft hat.
      und genauso lang werde ich dafür diskriminiert. so zahle ich etwa ungefähr das doppete für einen selten für mietwägen benötigten parkplatz, als der o.g. richtwert von 6,50.

      ich habe mit menschen, die den schuß immernoch nicht gehört haben, kein mitleid.

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    2. @Karin
      Das ist ein Henne/Ei Problem:
      Wenn es Strassenrandparkplätze für 30€/a gibt, lohnt es sich nicht ein Parkhaus zu betreiben und wenn kein Parkhaus bereit steht, kann man die Strassenrandparkplätze nicht abschaffen.
      Eine mögliche Migration wäre, die Strassenrandparkplätze zunächst so teuer zu machen, wie die Kosten für einen Parkhausstellplatz.

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    3. Und es ist, wie ich in diesem und einigen anderen Artikeln nicht müde werde, zu wiederholen, durchaus so, dass Autos komplett verschwinden, wenn die Parkplätze verschwinden. Die Leute nutzen ihre Garagen und Stellplätze wieder. In Darmstadt hat man herausgefunden, dass die Hälfte aller Straßenrandparkplätze reine Bequemlichkeitsparkplätze sind. Sie könnten wegfallen, ohne das Anwohner:innen in die Krise kommen. Sie müssten nur ihre Garagen ausräumen und sich gegebenenfalls Autos kaufen, die in ihre Garagen passen. Wenn man geklärt hat, wie viele Parkplätze am Bordstein wirklich notwendig sind, dann kann man über Quartiersgaragen nachdenken. Ich behaupte nie, dass es gar keine Autos mehr geben soll, es stehen und fahren aber in der Stadt zu viele herum, und sogar auf dem Land muss man nicht jede Stecke bis 5 km mit dem Auto fahren, und die meisten Strecken sind nicht länger, die die Leute so fahren. Es geht nie um alles oder nichts, sondern darum, mal nachdzudenken, wozu man das Auto wirklich braucht und was die genutzten Autos wirklich brauchen, statt wahllos Platz bereitzustellen, der dann einen immensen Auto-, Parkplatzsuch- und ruhenden Verkehr produziert.

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    4. @Karin hat recht: Jahrzehntelang wurde den Menschen von "der Politik" eingetrichtert, dass es "wünschenswert und gut" ist, ein möglichst großes Auto zu haben. Auch jetzt ist mir kein politisches Statement bekannt, nachdem man doch bitte möglichst innovative, kleine und leichte Fahrzeuge kaufen solle?

      S. Schwager, Fürstenfeldbruck, Bayern

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    5. @Christine: Ich möchte mal ein Beispiel geben, dass das mit "wenn die Parkplätze verschwinden, dasnn verschwinden auch die Autos" nicht stimmt und auch nicht pauschal stimmen kann.
      Bekannte wohen in der Innenstadt, Mehrfamilienhaus, Bausjahr Anfang des letzten Jahrhunderts, Umfeld ähnlich. Garagen keine. Sie hatten einen Tiefgaragenstellplatz, den die Stadt nun gekündigt hat. Alternativangebot Parkhaus in 5km Entfernung. Sie haben sich um einen Stellplatz in der Nähe der Wohnung bemüht, keine Chance. Irgendwo muss die Kiste stehen. Sie können auch nicht drauf verzichten, weil sie sie für Ihr Lokal brauchen. Also was ist die Alternative? Strafzettel bezahlen? Oder umziehen? Lokal schließen? Übrigens, die Gewerbesteuer nimmt die Stadt gerne. Am Lokal haben sie einen Parkplatz. Da das Lokal aber auch 6km von der Wohnung entfernt ist, ist das auch keine Alternative. Und wolltest Du Dich als Frau nachts alleine 5-6 km durch die Stadt bewegen? Sicher nicht.
      Und das immer wieder anführte Argument, man solle doch dann dort wohnen, wo man ohne Auto zur Arbeit kommt, geht heutzutage auch nicht mehr. Da muss man froh sein, wenn man eine Bleibe bekommt, egal wo die ist.
      Karin

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    6. Wo ist der Widerspruch zu C.Lehmanns Ausführungen: "Die Leute nutzen ihre Garagen und Stellplätze wieder. In Darmstadt hat man herausgefunden, dass die Hälfte aller Straßenrandparkplätze reine Bequemlichkeitsparkplätze sind. Sie könnten wegfallen, ohne das Anwohner:innen in die Krise kommen. Sie müssten nur ihre Garagen ausräumen und sich gegebenenfalls Autos kaufen, die in ihre Garagen passen. Wenn man geklärt hat, wie viele Parkplätze am Bordstein wirklich notwendig sind, dann kann man über Quartiersgaragen nachdenken."

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    7. Tübingen hat die Anwohnerparkausweise preislich angehoben und den Preis abhängig vom Gewicht gemacht. Das wird eher kein Einzelfall bleiben. Preise für fossile Treibstoffe von 2 EUR oder 2,50 EUR pro Liter sind so teuer, daß der Staat derzeit einen Teil der Tankkosten übernimmt. Billiger wird es auf Dauer wohl nicht.

      Wenn das keine politischen Statements für kleine Autos sind: Was wäre denn eines?

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  3. @christo Straßenrandparkplätze müssten eigentlich sogar teurer sein wie das Parkhaus, da sie oft näher beim Ziel und damit bequemer sind.

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