30. April 2023

Schlechte und gute Tipps für Radfahrende

Sobald das Wetter schöner wird und in den Redaktionen nach Themen gesucht wird, die irgendwie mit Draußen zu tun haben, tauchen Artikel mit Tipps fürs Radfahren auf. 

Eigentlich geht es aber gar nicht um echte Tipps oder Warnungen vor Fehlern, sondern darum, irgendwie das Radfahren zu thematisieren und dafür eine Schlagzeile zu finden, die Klicks erzeugt und Leute verführt, den Artikel zu lesen. Der Artikel "5 Fahrrad-Fehler, die immer wieder gemacht werden" bestätigt eigentlich nur das gängige Nicht-Wissen von Nicht- oder Wenig-Radfahrenden, die dann eben meinen, dass Radler:innen sich mit grellgelbe Jacken oder Westen ausstaffieren und einen Helm tragen sollen, damit sie auf keinen Fall noch aussehen wie normale Menschen, sondern wie das Andere, das Fremde und Gefährliche und Gefährdete. Natürlich fahren in deren Augen Radfahrende nachts auch notorisch ohne Licht und verletzen ständig Verkehrsregeln. Das, was als "Fehler" daherkommt, ist entweder nicht nötig (Westen, Helme) oder aber sowieso verboten (ohne Licht radeln und Verkehrsregeln verletzen). Zum Schluss wird man noch ermahnt (Fehler!), dass man sein Fahrrad pflegen solle. 

28. April 2023

Fahrrad vom Pkw her gedacht

Decatlon meint, Autofahrende verstünden das Radfahren nicht und stellt ein E-Rad für diese Leute vor. 

Der französische Sportantikelanbieter versucht nach eigenen Angaben, das Fahrrad vom Pkw her neu zu denken. Hintergrund der Überlegungen sind die bekannten Fakten, dass auch in Frankreich die Meisten ins Auto steigen, auch wenn die Strecke kürzer ist als 5 km. E-Räder wären eine Möglichkeit, sehr bequem solche Strecken zurückzulegen, aber Autofahrende zögern. 

Vielleicht kennen sie das Fahrradfahren noch aus ihrer Kindheit und Jugend und erinnern sich an Ketten, platte Reifen, quietschende Felgenbremsen und Gefummel beim Abschließen. Für ihr Erwachsenenleben erscheint ihnen das Fahrrad zu - sagen wir mal - robust und körperlich herausfordernd. Decathlon hat nach eigenen Angaben ein Magic Bike gebaut, das den Gewohnheiten von Autofahrenden näher kommen will. Es gibt aber auch noch weitere Vorschläge. 

26. April 2023

Ohne Worte


Nicht nur Radfahrende fluchen über frech geparkte Autos. Dieser Baggerfahrer muss am Abend seinen Bagger hinter den grünen Verhau fahren, wo das Auto davor parkt. Seine Geste drückt das aus, was er - und wir mit ihm - denken, was man eigentlich tun müsste. Hat er natürlich nicht getan. Er sucht nach dem Autofahrer oder der Fahrerin. 

Ich danke ihm für das Bild, das er geschaffen hat.

Vier Minus für den Radverkehr in Stuttgart

Der Fahrradklimatest des ADFC ist da. Und Stuttgart schneidet nicht gut ab. Bei der 10. Ausgabe haben rund 245.000 Radfahrende mitgemacht, 1114 Städte und Gemeinden wurden bewertet. Ein Rekord. 

Die, die Umfrage ausgefüllt haben, sind zu 63 Prozent fast täglich mit dem Rad unterwegs, 91 Prozent radeln mindestens einmal die Woche. Mehr als 90 Prozent fahren auch Auto. Die Durchschnittsnote aller Städte lag 2022 bei 3,96. Das ist geringfügig schlechter als im Jahr davor. Siegerin wurde Bremen mit der note 3,6 bei den Großstädten über eine halbe Million Einwohner:innen, knapp gefolgt Frankfurt und Hannover. Bei den Städten über 200.000 Einwohner:innen rückt Münster (3,0) wieder an den ersten Platz, gefolgt von Karlsruhe und Freiburg. Die beste Note hat mit 2,0 hat wieder mal Wettringen im Münsterland als Kleinstadt bis 20.000 Einwohner:innen erhalten, hat sich damit allerdings verschlechtert. Stuttgart liegt mit der Gesamtnote von 4,2 auf Platz 11 der Großstädte und hat sich weder verbessert noch verschlechtert.

24. April 2023

Radverkehr in Stuttgart steigt auf 14 Prozent

Dr. Willerding, Dr. Nopper, Cornelius Gruner, Eva Adam
Als der ADFC Stuttgart am Mittwoch, dem 19.4.23 im Merlin sein 40-jähriges Bestehen feierte, hörten wir nicht nur jede Menge Geschichte aus vierzig Jahren Aktivität für die Verbesserung des Radverkehrs. 

Es hielt auch unser Oberbürgermeister Nopper, der mit einem Städtischen Pedelec gekommen war, eine Rede, in der er folgendes verkündete: "Der Modal Split (...) hat sich in Stuttgart in den vergangenen Jahren stark zugunsten des Fußgänger- und Radverkehrs und bis zur Corona-Pandemie auch zugunsten des ÖPNV verschoben. Das Auto hat in den Jahren 2000 bis 2022 bei den Wegeanteilen von 45 Prozent auf 31 Prozent verloren. Der Fußverkehr hat in diesem Zeitraum von 28 auf 36 und der Radverkehr von 5 Prozent auf 14 Prozent gewonnen.

22. April 2023

Was passiert jetzt mit den Daten?

Der SWR hat mit viel Aufwand Daten über den Zustand des Radverkehrsnetzes in Baden-Württemberg und auch in Stuttgart gesammelt. Und was passiert jetzt damit? 

Radfahrende werden an den Rand gedrängt, so das Ergebnis der Aktion, die bereits 2021 stattfand und über die ich damals auch kurz berichtet habe. Die Radfahrenden dokumentierten für den SWR und den Verkehrsökologen Prof. Jochen Eckart von der Hochschule Karlsruhe per Handy-app SimRa (Sicherheit im Radverkehr) ihre Fahrten. Die App misst plötzliche Bremsaktionen oder Ausweichmanöver und fragt hinterher nach dem Grund. Und sie maßen die Überholabstände von Fahrzeugen mit Sensoren. Es wurden über 10.000 Meldungen in Baden-Württemberg gesammelt, die man sich hier verschriftlicht in einer Excel-Datei runterladen kann. Außerdem gibt es auf der SWR-Seite eine Karte, auf der man die einzelnen Stellen und Meldungen anschauen kann (Foto unten). Da geht es um fehlende Radwege, zugeparkte Kreuzungen, fehlende Sicht, eine unfallträchtige Radverkehrsführung, Radstreifen, die plötzlich enden, oder eine Verkehrsführung, die den Radfahrenden beim Linksabbiegen auf die falsche Straßenseite schickt. 

Dem Bericht zufolge stresst die Radfahrenden am meisten im Stadtverkehr der zu enge Überholabstand, wenngleich Unfälle im Längsverkehr nach wie vor selten sind.

20. April 2023

Das Königsträßle - eine seltsame Geschichte

Eigentlich hätte alles so bleiben können, wie es ist: Auf einer neu asphaltierten Straße sind Autos und Fahrräder zwischen Degerloch und Birkach unterwegs. Höchstgeschwindigkeit ist 40 km/h.

Die wurde 2010 angeordnet, weil die Fahrbahn so schlecht war, dass man nicht mehr 60 fahren konnte. Nun ist sie wieder schön. Und flugs hatten die Freien Wähler und die CDU im Bezirksbeirat Birkach die Idee, jetzt könnte man doch wieder mit 60 da lang düsen, und beantragen eine Prüfung. Weil die SPD sich enthielt, ging der Antrag an die Stadtverwaltung. Die Verkehrsbehörde musste feststellen, dass der verkehrsrechtliche Grund - nämlich die schlechte Fahrbahn - weggefallen sei. Doch inzwischen fahren hier deutlich mehr Menschen mit dem Fahrrad. Deshalb prüft die Verkehrsbehörde jetzt eine Fahrradstraße. Dies unterstützt ein Antrag von Grünen, SPD, Linksbünndis und Puls im Gemeinderat: Eine für den Kfz-Verkehr freigegebene Fahrradstraße soll auf dem Königsträßle zwischen Jahnstraße und Schönberg eigerichtet werden. Und jetzt schlägt die Diskussion Purzelbäume. 

18. April 2023

Mit dem Fahrrad komme ich überall durch

Wieder mal blockieren sich Autofahrende mit ihren dicken Kisten gegenseitig. Diesmal auf der Hohenstaufenstraße. Nix geht. Gehupe.

Ein Lastwagen will runter, einer rauf, ein dritter zur Brauerei abbiegen. Ein Autofahrer wendet rabiat und fährt wieder runter. Oben reihen sich die Wartenden, darunter ein Bus. Zwischen den geparkten Autos stehen die Lkw so dicht, dass ich mich mit dem Fahrrad nicht durchschlängeln kann. Aber macht ja nichts. Anders als die Autofahrenden, die in ihren dicken Fahrzeugen gefesselt sind, kann ich mich von meinem Gefährt lösen, kann absteigen, es auf den Gehweg heben und über den Gehweg um die in einander verbissenen Autos herumschieben. 

16. April 2023

Wenn das Fahrrad selber lenkt

Ein E-Rad, mit dem man nicht umfällt? Gedacht ist es für ältere Menschen, die ein Fahrrad nicht mehr selbst so reaktionsschnell lenken können, aber lieber Fahrrad fahren wollen als wieder aufs Auto umzusteigen.  

Die TU Delft hat zusammen mit dem Fahrradhersteller Gazelle einen elektronischen Lenksassistenten für E-Räder entwickelt. Der Assistent greift ein, wenn wenn das Rad umzukippen droht bis runter zu einer Geschwindigkeit von 4 km/h. Ein Sensor erkennt, wenn das Fahrrad sich zu einer Seite neigt, ein Motor steuert das Vorderrad in die Richtung und das Rad richtet sich wieder auf. Es macht das, was wir automatisch mit unserem Körper und den kleinen Lenkbwegungen machen. Die TU Delft hat aus 25 Parametern der Radfahredymnamik ein Modell entwickelt. 

14. April 2023

Feiern oder Rad fahren an der Oper?

Das Staatstheater hat das verständliche Interesse, sich nach draußen zu öffnen. Man hat ja auch einen schönen Vorplatz zwischen Oper und Eckensee. Nur geht halt die Hauptradoute 1 genau dort durch. 

Wer den Artikel in der Stuttgarter Zeitung gelesen hat (S+Artikel) und oft die Hauptradroute 1 zwischen Charlottenplatz und Ferdinand-Leiter-Steg radelt, dürfte alarmiert sein. Eine Außengastro für 140 Leute und tausende Radler:innen jeden Tag (5000-6000), das passt nicht auf eine Fläche. Schon jetzt gibt es Konflikte, wenn das Opernpublikum abends draußen steht nicht versteht, dass damit die Hautradroute 1 unpassierbar wird. Schlecht war das Gekurve und Gehoppel über die teils schiefen Platten, Bordsteine und Eisengitter zwischen Landtagsparkplatz und Leitner-Steg sowieso schon immer, einer Hauptradroute nicht würdig. Und immer mal wieder stoppten Feste und Feiern uns an Wochenenden aus. Auch ein Ärgernis. Aber es gibt eine Lösung. 

12. April 2023

Ein Rechenmodell für Radinfrastruktur

Die Radelstrecke auf einer autoreichen Straße ohne Radweg kommt einem bis zu sieben Mal so lang vor wie sie ist. Deshalb nehmen Radfahrende kleine Umwege in Kauf, wenn es dort Radwege gibt. 

Dies mit bedacht, wie viel Radwegbau muss dann sein, damit Radfahrende in einer Stadt sicher und schnell vorankommen? Diese Frage stellten sich in an der TU Dresden theoretische Physiker um Malte Schröder. Sie entwickelten einen Algorithmus, der Aspekte wie echte und gefühlte Sicherheit, das Radverkehrsaufkommen und die einer Stadt zur Verfügung stehenden Finanzmittel berücksichtigt, um ein virtuelles Radwegnetz zu planen. Zu Beginn ihrer virtuellen Radnetzplanung gingen sie von der idealen Fahrradstadt aus, die überall gute Radwege hat. Dann wurden aus diesem Netz die Radwege Stück für Stück wieder entfernt. Bei jedem Schritt ermittelt das Rechenmodell, welche anderen Routen die Radfahrenden dann nehmen würden.

10. April 2023

Eine Mutprobenstrecke

Wenn man Am Kräherwald Richtung Botnang radelt, stößt man am Abzweig nach Botnang auf diesen Radstreifen, auf dem man Richtung Birkenkopf weiterradeln kann.  

Eine Strecke, die ich immer gemieden habe, so wenig vertrauenserweckend ist das, was ich da vor mir sehe: eine rote Fahrradweiche, über die ungebremst in schneller Folge Autofahrer:innen nach rechts Richtung Botnang ziehen, danach eine Ampel, an der der ohnehin schmale Streifen ganz aufhört und der Ausblick, dass er danach wieder beginnt, wenn auch schmal, außerdem das viereckige blaue Schild mit dem Auto drauf, das Kraftfahrstraße (und für Fahrrad verboten) heißt, darunter eine Zahl, die ich auf die Schnelle nicht lesen kann. Viele Autos brausen links an mir vorbei. Aber immerhin gilt hier Tempo 40. Ich habe dann mal Mut gefasst und bin ins Abenteuer gestartet.

8. April 2023

Radfahrende müssen viel zu lang und oft an Ampeln warten

Dieses Schild hat die UG Raumpflege am Charlottenplatz auf eine Verkehrsinsel neben den Radstreifen gepflanzt. 

Gefühlt zehn Minuten braucht man, bis man über die vielen Verkehrsinseln drüber gelaufen oder geradelt ist. Na ja, nicht ganz. 

Das Schild war aber Anlass, mir die Ampelschaltungen für Radfahrende (und Fußgänger:innen) genauer anzuschauen. Ich habe ziemlich freihändig mit der Stoppuhr gemessen, wie lange ich zu Fuß oder mit dem Fahrrad brauche, bis ich drüben bin. Während die abbiegewilligen Autofahrenden längstens 53 Sekunden warten, bis es wieder Grün wird, war die kürzeste von mir gemessene Übergangszeit 1:50 Min. und die längste 2:48 Min. Wir müssen zwei bis drei Mal so viel Zeit investieren wie Autofahrende, um über die Kreuzung zu kommen, und dabei zwischen ein und drei Mal anhalten und neu anfahren.  

6. April 2023

Der Beruf ist kein Grund, nicht Rad zu fahren

Regen und Schwitzen sind die beiden Ausreden, wenn mir mir jemand erklärt, sie oder er könne nicht zur Arbeit radeln. Man müsse schließlich trocken und anständig angezogen ankommen. 

Das kann man trotzdem, sagt Blogleserin Christine, die Professorin an der Hochschule für Technik in Stuttgart ist. Sie fährt immer mit dem E-Fahrrad, nachdem sie ihren kostenpflichtigen Hochschulparkplatz abgegeben hat. Das sei bequemer und gehe schneller. Außerdem könne sie auf den Wegen noch schnell etwas besorgen, ohne Parkplatz suchen zu müssen. Niemanden befremde das heute noch. Früher hätten Studierende sich durchaus gewundert, wenn sie mit ihrem alten Fahrrad ankam, manchmal sei sie fotografiert worden. Aber das Statussymbol Auto brauche sie nicht. Den Status trage man/frau in sich. Inzwischen fährt sie ein neues Pedelec (per Jobrad), das durchaus ein Statement ist. Sie ist als Architektin für Bauorganisation und Internationales Projektmanagement zuständig. Die Stadtplanung müsse doch in Richtung weniger Autos gehen. 

4. April 2023

Die stehen wirklich überall herum!

Lassen wir das Bild kurz auf uns wirken. Beschweren kann man sich ja immer. Aber worüber wollen wir uns hier am meisten aufregen? 

"Scheiß E-Scooter!", sagt die Autofahrerin.

"Immer diese E-Scooter", sagt die Fußgängerin und: "Motorräder gehören auch nicht auf den Gehweg."

"Ich sehe drei E-Scooter, ein Motorrad und MINDESTENS ZEHN AUTOS", sagt die Radfahrerin. 


2. April 2023

Darum fährt der auf der falschen Radwegseite

Entlang der Theodor-Heuss-Straße ist ein Teilstück des geplanten Radwegs fertig geworden. 

Die Fahrspuren für die Autos wurden und werden schmaler gemacht, damit der durch einen Bordstein abgetrennte Radweg hinpasst. Der Gehwegbereich wird saniert werden. 

Über das Projekt habe ich bereits ausführlich berichtet. Es ist eine Folge der gescheiterten Pop-up-Radwege 2020. Damals hatte sich gezeigt, dass die Autofahrenden hier gegenwärtig noch zwei Fahrspuren brauchen, bei nur einer staut sich zur Hauptverkehrszeit der Autoverkehr in die Kreuzung des Rotebühlplatzes hinein. Die immer wieder kolportierten Kosten von 12 Millionen Euro beziehen sich nicht auf den Radweg, sondern auf die gesamte Neuordnung des Geh- und Radfahrbereichs zwischen den Hauswänden und der Autofahrbahn. 

Als ich vorgestern zufällig an der Ecke mit dem neuen Radweg ankam und abstieg, um ein Foto zu machen, kam mir auch gleich vergnügt und ohne sichtbare Zweifel dieser Radfahrer entgegen. Ich vermute, er ist nicht der einzige, der so fährt, obwohl er es nicht darf.